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       # taz.de -- Haushaltsdebatte in Berlin: Weiter Chaos bei den Klassenfahrten
       
       > Die Verwaltung weist den Schulen nun Budgets für Klassenfahrten zu. Doch
       > weil einige schon gebucht haben, sind die Kosten jetzt schon
       > überschritten.
       
   IMG Bild: Auf Klassenfahrt um die Ecke: Eine Klasse wandert bei Seelow im Oderbruch
       
       BERLIN taz | Schulen in Berlin können wieder Zuschüsse für Klassenfahrten
       beantragen. Das hat die Bildungsverwaltung den Schulleitungen mit einem
       Schreiben am Freitag mitgeteilt. Doch die Schulen unterliegen weiterhin
       Einschränkungen. Denn die Verwaltung begrenzt die Kosten nun pro Schule und
       außerdem pro Bezirk: Mittel werden nach Schulart und Schülerzahl verteilt.
       
       Wie hoch das Budget für die jeweiligen Schulen sein wird, das sollten die
       Schulaufsichten am Montag mitteilen. Doch konkret bedeutet das wohl
       weiterhin, dass Schulen Fahrten nicht wie geplant durchführen können. In
       einer gemeinsamen Presseerklärung befürchten die Berliner
       Schulleiterverbände, dass etwa die Hälfte aller Klassenfahrten in Berlin
       ausfallen wird.
       
       Die Verbände fordern den Senat auf, das „Chaos bei Klassenfahrten“ zu
       beenden. Entscheidend, ob eine Fahrt stattfinden könne, sei, ob die Schule
       vor dem 9. Oktober gebucht hat, kritisieren die Verbände. Nach
       Informationen des Tagesspiegels haben die Bezirke Steglitz-Zehlendorf und
       Lichtenberg ihre Budgets jetzt schon überschritten – und können damit keine
       weiteren Fahrten mehr buchen.
       
       Hintergrund sind auch hier die Haushaltskürzungen. Berlin wird im kommenden
       Jahr insgesamt [1][3 Milliarden Euro weniger ausgeben können] als geplant.
       Im Zuge der Debatte, wo das Geld eingespart werden soll, hatte das Land
       auch erst mal alle Ausgaben gestoppt. Im Oktober hatte die
       Bildungsverwaltung daher verkündet, dass die Schulen bis auf Weiteres
       [2][keine Reisekosten für begleitende Lehrer*innen] bekommen. Denn diese
       gelten als Dienstreisekosten, und Dienstreisen sollten in allen Bereichen
       überprüft werden. Reisen wären weiter möglich, wenn die Lehrer*innen die
       für sie anfallenden Reisekosten selbst übernähmen, hieß es.
       
       ## Fahrten nicht im Schulgesetz verankert
       
       „Ich habe jetzt schon von einer Kollegin von einem Gymnasium in Neukölln
       gehört, dass das Budget bei ihnen nicht reichen wird, und das befürchte ich
       für meine Schule auch“, sagt Beate Maedebach. Sie ist Schulleiterin an
       einer Integrierten Sekundarschule (ISS) in Steglitz und außerdem im
       Vorstand der Interessenvertretung Berliner Schulleitungen. Ihre Schule
       wolle im kommenden Jahr etwa eine Sprachreise mit dem Fahrrad durch
       Frankreich durchführen. Doch diese müssten mehr als die sonst üblichen zwei
       Kolleg*innen begleiten. Auch sportliche Schwerpunkte wie etwa Skifahren
       oder Surfen seien im Vergleich teurer.
       
       „Das Budget nimmt in dieser Form keine Rücksicht auf Schulprofile und
       langjährige Kooperationen“, sagt Maedebach. Im bundesweiten Vergleich habe
       ihr Verband außerdem festgestellt, dass Berlin eines der wenigen
       Bundesländer ist, das Fahrten für Schüler*innen nicht im Schulgesetz
       verankert hat. „Wir finden mehrtägige Schülerfahrten sehr wichtig und
       halten sie für eine dringend notwendige Ergänzung zum Unterricht“, sagt
       sie.
       
       Denn solche Fahrten würden das Gemeinschaftsgefühl stärken, sie dienten
       dazu, dass die Schüler*innen sich untereinander besser kennenlernen,
       stärkten auch die Beziehungen zu den Lehrer*innen und seien wichtig, um
       andere Gegenden und überhaupt Orte außerhalb der Schule kennenzulernen.
       „Zukünftig sollte eine verbindliche und eindeutige Verpflichtung für
       Schülerfahrten im Schulgesetz geregelt werden“, sagt Maedebach. Das würde
       die Eltern, die Schüler*innen und auch die Kolleg*innen noch mal
       anders in die Pflicht nehmen.
       
       „Aktuell hängt es auch sehr stark vom Engagement der Lehrkraft ab, ob eine
       Fahrt stattfindet“, sagt Maedebach. „Auch daraus entsteht
       Ungleichbehandlung.“ Gesetzlich verbindliche Schulfahrten dagegen müssten
       dann auch auskömmlich finanziert werden.
       
       ## Aufforderung zu „kostenfreien Stornierungen“
       
       Die Bildungsverwaltung wies in dem Schreiben vom Freitag darauf hin, dass
       das Budget für Klassenfahrten im Vergleich zu den Vorjahren nicht gekürzt
       werde. „Allerdings wird es künftig nicht mehr möglich sein, die
       Haushaltsmittel im laufenden Kalenderjahr zu erhöhen“, schrieb die
       Verwaltung. Einige Schulen hätten bereits Dienstreisen genehmigt und das
       Budget überschritten – das wiederum werde dann auch auf den Bezirk
       angerechnet.
       
       Die Verwaltung forderte die Schulen auf, möglicherweise auch „kostenfreie
       Stornierungen“ zu prüfen, um die Budgets einzuhalten. Außerdem wies sie
       darauf hin, dass Fahrten weiterhin grundsätzlich möglich seien, wenn keine
       Dienstreisekosten entstünden, wenn die Lehrer*innen ihre Reisekosten
       also selbst tragen würden. Schließlich sollten Schulen auch prüfen, ob sie
       Drittmittel – etwa von Fördervereinen –, für die Fahrten nutzen könnten.
       
       Die Schulleiterverbände fordern dagegen in ihrer gemeinsamen Erklärung,
       dass die Bildungsverwaltung den Schulen noch andere Wege eröffnen soll. Sie
       sollten Dienstreisekosten etwa aus Mitteln des Verfügungsfonds oder
       sogenannten PKB-Mitteln finanzieren können. Das sind Mittel, die den
       Schulen sonst zur Verfügung stehen, um eigene Schwerpunkte zu setzen oder
       um temporäre Vertretungslehrer*innen zu finanzieren.
       
       2 Dec 2024
       
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