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       # taz.de -- Künftige US-Regierung: Donald Trumps Gruselkabinett
       
       > Immer klarer zeichnet sich ab, mit wem der nächste US-Präsident regieren
       > will. Das gemeinsame Ziel: den Staat um- und abbauen.
       
   IMG Bild: Hoffen auf ein „goldenes Zeitalter“: Eine Trump- Anhängerin auf einer Wahlkampf- veranstaltung im Oktober in New York
       
       Washington taz | Seit Donald Trumps Wahlsieg Anfang November gehört es fast
       zur Routine: Nahezu täglich verkündet der 78 Jahre alte Republikaner
       Personalentscheidungen für seine bevorstehende zweite Amtszeit. [1][Die
       Namen, die bisher gefallen sind], haben bei vielen Beobachtern für
       Kopfschütteln und Unbehagen gesorgt.
       
       „Ich halte sie für gefährlich. Ich glaube, dass viele dieser Leute den
       Präsidenten an die erste Stelle stellen und nicht die amerikanische
       Bevölkerung, wenn es um Politik, Wirtschaft und Strafverfolgung geht“,
       sagte Ben Olinsky vom Center for American Progress der taz.
       
       Auf nichts legt Donald Trump mehr Wert als auf [2][Loyalität]. Doch wer bei
       seinen bisherigen Nominierungen etwas genauer hinschaut, erkennt Menschen
       mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, Erfahrungen und Ideologien. Was sie
       alle verbindet: Washington als politisches System soll weg.
       
       Die am klarsten ausgearbeiteten Ideen, wie das gehen soll, stehen im
       [3][„Project 2025“]. Der von der rechtskonservativen Heritage Foundation
       veröffentlichte 900 Seiten starke Entwurf für Trumps zweite Amtszeit würde,
       wenn umgesetzt, die US-amerikanische Demokratie grundlegend verändern.
       
       ## Gewaltenteilung ade
       
       Das „Project 2025“ versammelt Punkte, die die Republikaner anders sehen als
       die Demokraten – etwa in Bezug auf Abtreibungsrechte und die Migrations-
       und Klimapolitik. Darüber hinaus will es die politischen Institutionen über
       viele Jahre hinweg umbauen und das System der sogenannten checks and
       balances zerstören, das sicherstellt, stets den Kompromiss suchen zu
       müssen. Gewaltenteilung, ade.
       
       Noch während des Wahlkampfs behauptete Donald Trump, er kenne das „Project
       2025“ gar nicht, habe es nicht gelesen, nichts damit zu tun und wisse auch
       nicht, welche Leute dahintersteckten. Nur: Einige der wichtigsten Autoren
       des Entwurfs hat er jetzt für seine Regierung nominiert.
       
       Russell Vought und Stephen Miller etwa. Beide waren bereits Teil des ersten
       Trump-Kabinetts. Diese Erfahrung könnte ihnen dabei helfen, ihre Pläne für
       verschiedene Politikfelder in den kommenden vier Jahren noch besser
       umzusetzen.
       
       Stephen Miller gilt als Hardliner. Er war maßgeblich für Trumps
       umstrittenen „Muslim Ban“ von 2017 verantwortlich, das Einreiseverbot für
       Bürger bestimmter muslimisch geprägter Staaten. In der nächsten Regierung
       soll Miller als stellvertretender Stabschef agieren. Er will die
       Einwanderung sowie das Asylrecht so weit wie möglich beschränken. Die
       Massenabschiebung von „illegalen Einwanderern“, wie sie von Trump während
       des Wahlkampfs oft genannt wurde, steht ganz oben auf Millers Agenda.
       
       ## Trump will eine Million Menschen abschieben
       
       Wirtschaftsexperten haben immer wieder vor Massenabschiebungen gewarnt,
       weil damit zum Beispiel die US-amerikanische Landwirtschaft und
       Servicebranche stark in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. In beiden
       Sektoren arbeiten besonders viele zugewanderte Menschen. Die neue
       Trump-Regierung will mehr als eine Million von ihnen im Jahr abschieben.
       
       Auch bei der Wahl eines neuen Grenzschutzbeauftragten setzt Trump auf einen
       Ultrakonservativen. [4][Tom Homan] ist der ehemalige Direktor der
       Sicherheitsbehörde für Einwanderungsvergehen (ICE). Auch er hat am „Project
       2025“ mitgearbeitet.
       
       „Ich habe eine Botschaft an die Millionen illegaler Einwanderer, die Joe
       Biden unter Verletzung des Bundesgesetzes in unser Land gelassen hat: Fangt
       jetzt besser an, eure Sachen zu packen“, sagte Homan im Juli beim
       Nominierungsparteitag der Republikaner.
       
       Einwanderung war eines der wichtigsten Themen im US-Wahlkampf. Laut
       offiziellen Regierungszahlen sollen 2022 knapp 11 Millionen Einwanderer
       ohne Papiere in den USA gelebt haben. Es ist wahrscheinlich, dass diese
       Zahl in den vergangenen Jahren weiter zugenommen hat.
       
       ## Die Mär vom „Deep State“
       
       Die vom „Project 2025“ beschriebene Umstrukturierung der US-Regierung zielt
       auf mehr als das Thema Migration. Nach Trumps Vorstellungen soll Russell
       Vought die Position des Direktors für Budget und Management (OMB)
       bekleiden. Schon am Ende von Trumps erster Amtszeit war Vought
       OMB-Direktor.
       
       Dieser weniger bekannte Regierungsposten ist vor allem dafür zuständig, den
       vom Präsidenten vorgeschlagenen Haushaltsplan zu erstellen und dafür zu
       sorgen, dass dessen Agenda in den verschiedenen Behörden auch wirklich
       umgesetzt wird.
       
       Vought hat vor, die Macht des Präsidenten und dadurch auch die Macht des
       OMB-Direktors in der nächsten Amtszeit deutlich auszuweiten. Unter anderem
       soll der Präsident das Recht haben, durch den US-Kongress verabschiedete
       Regierungsprogramme und -ausgaben zu kürzen oder ganz zu streichen. Aktuell
       kann das nur der Kongress. Um diese Pläne umzusetzen, bräuchte es laut
       Vought loyale Mitarbeiter innerhalb des gesamten Regierungsapparats, die
       den Anweisungen aus dem Weißen Haus ohne Widerstand Folge leisten.
       
       Unter Republikanern gibt es zudem den verschwörungstheoretischen Glauben,
       dass ein sogenannter „Deep State“, ein Staat hinter dem Staat, innerhalb
       der Regierungsorgane existiert. Dieser angebliche Zusammenschluss aus
       Bürokraten soll versuchen, die Umsetzung konservativer beziehungsweise
       rechter Politik zu vereiteln. Auch deshalb will Vought so viele
       Regierungsmitarbeiter wie möglich ersetzen. „Ohne kleine Konfrontationen
       werden wir unser Land nicht retten“, sagte er im Juni.
       
       ## Bloß keine Fachkompetenz
       
       Die Verschwörungstheorie eines „Deep State“ wird auch von Trump selbst
       geteilt. Seine Kandidaten für die Posten des [5][FBI-Direktor]s, des
       [6][Justiz]-, Außen- und Verteidigungsministers sowie der
       Geheimdienstdirektorin sind ebenfalls davon überzeugt. Sollten sie vom
       Senat in ihren Ämtern bestätigt werden, werden sie versuchen, den
       angeblichen „Deep State“ zu zerlegen. Im Gegensatz zu Vought, Homan und
       Miller hat keiner von ihnen direkt an „Project 2025“ mitgearbeitet.
       
       Der frühere Kongressabgeordnete [7][Matt Gaetz] war Trumps erste Wahl für
       den Posten des Justizministers. Gaetz, der bis vor Kurzem selbst von dem
       Ministerium beobachtet wurde, das er nun leiten soll, hatte noch nie eine
       leitende Führungsposition inne. Auch der Ethikausschuss des
       Repräsentantenhauses untersuchte Gaetz aufgrund von Vorwürfen, dass er für
       Sex mit einer Minderjährigen bezahlt hätte. Ein Bericht über das angebliche
       Vergehen wurde bislang noch nicht veröffentlicht. Nachdem klar wurde, dass
       seine Chancen auf eine Bestätigung durch den Senat verschwindend gering
       sind, zog Gaetz seine Nominierung zurück.
       
       Ähnlich liegt der Fall von Pete Hegseth. Der ehemalige Moderator des
       rechten Fernsehsenders Fox soll neuer Verteidigungsminister werden und
       damit das größte Ministerium innerhalb der US-Regierung leiten. Erfahrung
       hat er in diesem Bereich keine. Außerdem wurde Hegseth im Jahr 2017 der
       sexuellen Nötigung bezichtigt. Es kam nie zu einer Anklage, aber Hegseth
       gab später zu, dass er das mutmaßliche Opfer fürs Schweigen bezahlt hat.
       Jüngst machte der Verteidigungsminister in spe zudem Schlagzeilen, weil er
       schwule US-Soldaten als Teil einer „marxistischen“ Agenda bezeichnete.
       
       Auch die frühere Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard, die in der
       Vergangenheit russische und syrische Propaganda verbreitet hatte und nun
       die US-Geheimdienste leiten soll, verfügt auf den ersten Blick nicht über
       die nötigen Qualifikationen für das Amt. Gleiches gilt für [8][Robert
       Kennedy Jr]. Der ausgesprochene Impfgegner soll unter Trump das
       Gesundheitsministerium leiten.
       
       ## „Normalos“ und Superreiche
       
       Für Experten zeigen diese Nominierungen, dass Trumps Team nicht genug Zeit
       investiert hat, um die Kandidaten wirklich auf ihre Qualifikationen und
       mögliche Charakterschwächen zu untersuchen. „Ein Präsident wird immer Leute
       auswählen, die ähnliche Werte vertreten. Das ist hier jedoch anders. Es ist
       ein Streben nach absoluter Loyalität, gepaart mit dem, was ‚Project 2025‘
       und der designierte Präsident Trump darüber dargelegt haben, wie sie die
       Arbeitsweise der Regierung verändern wollen“, sagt Olinsky.
       
       Neben fragwürdigen Charakteren hat Trump aber auch vermeintlich „normale“
       Kandidaten für wichtige Regierungspositionen nominiert. Der als
       Finanzminister gehandelte Scott Bessent oder Lori Chavez-DeRemer, die als
       Arbeitsministerin fungieren soll, werden als vernünftig und solide
       beschrieben.
       
       „Diese Beispiele zeigen, dass Trump eine rationale Seite hat“, sagt zum
       Beispiel Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld. „Aber dann gibt es eben noch
       die andere, kapriziöse, emotionale, rachsüchtige, nachtragende Seite. Und
       mit dieser hat Trump einige der verheerendsten Kandidaten ausgewählt.“
       
       Die große Unbekannte bleibt derweil weiter [9][Elon Musk.] Der reichste
       Mann der Welt hat es in kurzer Zeit mit seiner finanziellen
       Wahlkampfunterstützung in Trumps engsten Kreis der Vertrauten geschafft.
       Musk und der Geschäftsmann Vivek Ramaswamy sollen in der Trump-Regierung
       eine neue Behörde „für effizientes Regieren“ leiten. Am vergangenen
       Donnerstag hat Musk Kongressabgeordnete getroffen, um über einen
       drastischen Personalabbau im Regierungsapparat zu sprechen.
       
       Diese erfolgreiche politische Einflussnahme scheint auch andere
       Tech-Milliardäre zu beeindrucken: Nachdem Meta-Chef Mark Zuckerberg an
       Donald Trump vor vier Jahren noch kaum Interesse zeigte, spendete er jetzt
       eine Million Dollar für dessen Amtseinführung.
       
       13 Dec 2024
       
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