URI: 
       # taz.de -- Buch über Metal-Fans von Frank Schäfer: Wo alte Jungs sich in T-Shirts zwängen und über Musik reden
       
       > Mit „Nötes of a Dirty Old Fan“ füttert Frank Schäfer seine liebsten
       > Szenefreunde und Kollegen. Das funktioniert nicht nur bei Metalfans.
       
   IMG Bild: Metal-Fan mit fester musikalischer Orientierung, bei einem Metal-Festival
       
       Die KuFa ist eines von zwei alternativen Veranstaltungszentren in
       Braunschweig. Im angemessen schrabbeligen Bistro versammeln sich an einem
       Donnerstagabend Männer um die 50, die schwarze T-Shirts tragen, Bier
       trinken und fachsimpeln mögen. Metal-Stammtisch heißt das Stichwort.
       Außerdem liest Frank Schäfer aus seinem neuen Buch „Nötes of a Dirty Old
       Fan“. Premiere! „Der Frank“ ([1][der gelegentlich auch für die taz
       schreibt], aber das tut hier nix zur Sache) ist ein bisschen aufgeregt und
       70 Prozent der Gäste sind hier, weil er sie persönlich darum gebeten hat.
       Das klingt jetzt aber vielleicht kleiner, als es ist: Man kommt schon so
       auf 45 Mann und 4, 5 Frauen.
       
       Von den Männern kommen nicht wenige auch in dem Buch vor, meist unter den
       albernen Spitznamen, die ihnen seit den 80ern anhängen: Schicht, Knüppel,
       Klinge. Im wirklichen Leben heißen die fast alle Frank. Oder Rüdiger. Oder
       Axel.
       
       Dafür, dass sie ein Haufen alter weißer Männer sind, machen sie sich
       allerdings erstaunlich viel Gedanken um ihre Klamotten. Es gibt einen
       kleinen Wettbewerb darum, wer das originellste T-Shirt oder den raresten
       Merch-Hoodie trägt. Vorzugsweise von abseitigen Bands aus den frühen 90ern,
       die nur Bescheidwisser kennen. Die große Herausforderung besteht darin, da
       heute noch reinzupassen.
       
       Ansonsten ist das genauso, wie frau sich das vorstellt, am Metalstammtisch:
       Man redet über Trainerwechsel in der 2. Liga, darüber, wann diese oder jene
       Band eigentlich aufgehört hat, „richtigen“ Metal zu machen und auf
       Kommerzkacke umgeschwenkt ist, freut sich über die Ankündigung eines neuen
       Stromberg-Films und ganz generell über politisch unkorrekten Humor.
       
       ## Eine Band fürs Leben
       
       „Musste mit umkönnen“, würde meine Freundin Nina sagen. Aber die hat ja
       auch so einen Metalhead geheiratet und plant ihre Urlaube jetzt halt um
       Festivaltermine drum rum. Aber so ein Mann, der quasi auf Knopfdruck
       ausrasten kann und sich dann, friedlich und tapsig, betrunken nach Hause
       trollt, hat auch was für sich. Als mal wieder so eine Studie die Runde
       machte, die Metalfans zu den glücklichsten und ausgeglichensten
       Musikliebhabern überhaupt erklärte, haben wir die jedenfalls sofort
       geglaubt.
       
       Frank Schäfer kann sehr schön und sehr lustig davon erzählen, wie man da
       hinkommt. Vom Aufwachsen in der Ödnis der niedersächsischen Steppe, von
       Bandproben im Partykeller des Onkels, von geplatzten Plattenvertragsträumen
       und grandiosen Konzerterlebnissen. Und man kriegt sofort Flashbacks in
       diese Phase, die von außen nach Krawall aussieht, in der in Wirklichkeit
       aber das Herz scheunentorweit offen steht, und wenn dann da eine Band
       einzieht, wird die da bleiben, für den Rest dieses Lebens. Und bei diesen
       Jungs war es eben nicht nur eine Band, sondern gleich eine ganze
       Musikrichtung, dieser Krach, der umstandslos ein so wichtiger Bestandteil
       ihrer Identität wurde, dass sie auch mit Mitte 50 noch versuchen, für lau
       auf Festivals zu kommen.
       
       Schön schwärmen kann er auch, der Schäfer, zum Beispiel so: „Eine gute
       Stunde muss man keinen einzigen Gedanken mehr an irgendetwas verschwenden.
       Headshot heißen nicht grundlos so, sie ballern einem jede vernünftige Idee
       mit 144 BPM aus der Marmel, bis da nur noch diese reine buddhistische Leere
       ist, für die ein Zen-Mönch ganz lange üben muss.“
       
       In Wirklichkeit sind Metalheads nämlich genau das: hundstreue Seelen und
       große, nerdige Jungs, womit auch erklärt ist, warum diese Szene erstens so
       stabil ist und zweitens unablässig neue und immer komplexere Spielarten
       hervorbringt. Die Rezensentin muss allerdings irgendwann eingestehen, dass
       sie zur hier mit Hingabe verachteten Spezies der „Zweibiertrinker“ gehört,
       also jener Leute, die vor Mitternacht nach Hause gehen, weil sie am
       nächsten Tag fit sein müssen. Die großen, alten Jungs wenden sich derweil
       dem Trinken von „Mischen“ zu. Und überlegen, ob sie die Weihnachtsfeier von
       Siemens nebenan crashen sollen, um das Popgenudel durch Slayer zu ersetzen.
       Sie bleiben aber dann doch erst mal sitzen, ganz wild und gefährlich.
       
       27 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-Wahrheit/!6017900
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Kolumne Großraumdisco
   DIR Heavy Metal
   DIR Buch
   DIR Lesung
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Kolumne Großraumdisco
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Kolumne Großraumdisco
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Kolumne Großraumdisco
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Unterwegs mit viel Bier: Zum Ende hin noch letzte krakelige Notizen
       
       Auf der „Bierbutterfahrt“ reisen Hamburger Bierenthusiasten mit dem Bus
       durch Schleswig-Holstein. Ein durchaus alkoholhaltiger Reisebericht.
       
   DIR Mütter beim Tanzen: Pinke Glitzerherzen und einstimmiges „Wuuuhu“
       
       Die Berliner Party „Mamagehttanzen“ beginnt schon um 19 Uhr und dauert nur
       drei Stunden. Wie tanzt es sich so früh und ganz ohne Männer?
       
   DIR Mongolische Selbstvergewisserung: Die alte Klage der Pferdekopfgeige
       
       In der Mongolei sieht man die Zeit als Kriegsmacht als vorbei an und setzt
       nun auf Soft Power. In Berlin durfte man dabei von erfundener Tradition
       hören.
       
   DIR Skifahren in Berlin: Mal anders auf die Piste gehen in der Stadt
       
       Skilanglauf ist als winterliche Fortbewegung wie geschaffen für städtische
       Parks. Wenn denn mal Schnee in der Hauptstadt liegt.
       
   DIR Musiktheater mit Dada-Charme: Es könnte doch schade sein um diese schöne Welt
       
       Es war ein Schreien, Kreischen und Trommeln in der Nacht. Im Berliner
       Exploratorium wurde mit improvisatorischem Zugriff der Weltuntergang
       geprobt.
       
   DIR Fangesänge im Museum: Fußballhymnen mit dem Drang zur Kunst
       
       Legendär ist der Büchsenwurf, der fest zum Mythos vom Bökelberg zählt. Nun
       hat Borussia Mönchengladbach auch die erste atonale Fußballhymne der Welt.
       
   DIR Auf der Weihnachts-Tauschbörse: Weg mit den ungeliebten Geschenken
       
       Plätzchenteller gegen Chili-Öl? Auf einer Tauschbörse in in Berlin-Dahlem
       wechseln ungewollte Weihnachtsgeschenke ihre Besitzer:innen.
       
   DIR Im Berliner Karstadt am Hermannplatz: Mit Herrn Lehmann auf dem Weg zur Kasse
       
       Schon der von Sven Regener beschriebene Herr Lehmann hat seine Badehose im
       Karstadt am Herrmannplatz gekauft. Lohnt sich das immer noch? Ein
       Ortsbesuch.
       
   DIR 40 Jahre Goldene Zitronen: Wenn schon nicht ewig jung, dann halt in Würde alt
       
       Es ist die Band, die einfach immer weitermacht, mit immer neuen Strategien:
       Die Goldenen Zitronen feiern ihr 40-Jähriges auf Tour.
       
   DIR Probesitzen zum Welttoilettentag: Mal müssen müssen alle mal
       
       In der Berliner Heinrich-Böll-Bibliothek geht es derzeit nicht nur um
       Bücher, sondern auch ums Natürlichste der Welt: den Toilettengang.
       
   DIR Kritik an der taz: Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
       
       Auf einer Lesung in Hamburg über Medienkritik von links bekam die taz ihr
       Fett weg. Immerhin gab's Gummibärchen.