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       # taz.de -- Berliner Kultur von Kürzungen bedroht: Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?
       
       > Der Berliner Senat will den Kulturetat drastisch kürzen. Wir haben an
       > sieben Tagen sieben Hotspots der Kulturmetropole besucht. Ein
       > Stimmungsbild.
       
   IMG Bild: Ohne den Humus der freien Szene können die Institutionen nicht leben. Das Foto zeigt eine Performance von Tracey Snelling
       
       ## Freitag, Kulturpalast Wedding
       
       Im letzten Haus vor dem Friedhof ist der offiziell als Kunstgalerie
       geführte Kulturpalast Wedding im Erdgeschoss untergebracht. Hier steht der
       Rauch in der Luft, und für einen Freitagabend ist es auffällig gut
       beleuchtet; man will die Kunst ja auch sehen, die großflächig die Wände
       bedeckt. „Bring your own art“ lautet das Motto, immer an einem Abend im
       Monat.
       
       So was kann leicht schiefgehen, peinlich werden oder auch bloß banal – geht
       es im Kulturpalast aber eigentlich nie. Zeichnungen hängen hier, Gemälde,
       Fotos, auch mal ein Gedicht. Manchmal ist der Andrang so groß, dass die
       Wände nach der Hälfte des Abends freigemacht werden müssen, um Platz zu
       schaffen für die zweite Runde an Mach- und Kunstwerken.
       
       Fan von Art Brut zu sein ist leicht, wenn man ihr im White Cube begegnet
       oder bereits ein Record Label den winzigen Teil Verwertbarkeit aus
       Outsider-Musiker:innen herausgekitzelt hat. Doch die Zahlenbilder eines
       George Widener, die kieksenden Stimmen von Gary Wilson oder Daniel
       Johnston, man kann sie sich eigentlich besser an Orten wie dem Kulturpalast
       vorstellen. Livemusik gibt es hier nämlich auch. Unvergessen bleibt die
       Darbietung zweier Musiker, die einmal kleine Steine auf einen
       Plattenspieler legten, und so live einen erstaunlich groovigen
       Breakbeat-Loop bastelten.
       
       Es ist nicht so viel los rund um den Kulturpalast Wedding, in dieser eher
       ruhigen Ecke unweit der Grenze zum einstigen Ostberlin. Kunst und Kultur
       sind allzu oft vom guten Willen eines Hauseigentümers abhängig, sagt auch
       Henrik Jacob, erster Vorstand des Kulturpalasts. „Steigende Gewerbemieten
       oder einfache Kündigungen haben im Wedding schon einige interessante
       Kunstorte, Bars und Kieztreffpunkte zerstört.“
       
       Auch ohne von den geplanten Kürzungen direkt betroffen zu sein –
       Bewerbungen für Projektraumförderung schlugen stets fehl –, ist die
       Situation im Palast prekär. „Bei uns hat sich die Gewerbemiete in den
       letzten Jahren verdoppelt“, sagt Jacob. Ob und wo es im nächsten Monat
       weitergeht, ob das Geld für die Miete reicht, war dabei immer unklar.
       Momentan ist der Fortbestand des Kulturpalasts gesichert, allerdings nur
       aufgrund von zahlenden Vereinsmitgliedern, die der Palast in einer Kampagne
       für sich gewinnen konnte. Julia Hubernagel
       
       ## Samstag, Morphineraum
       
       „Musik als Kunstform bringt Sprache zum Scheitern,“ hat der
       französisch-schweizerische Komponist Francois J. Bonnet einmal postuliert.
       Wer einem Konzert im Kreuzberger Morphineraum beiwohnt, bekommt eine Ahnung
       davon, wie erhebend Sprachlosigkeit sein kann. In dem in einem Hinterhaus
       an der Köpenicker Straße gelegenen Loft nehmen Freejazz- und
       Elektronik-Habitués aus aller Welt auf und spielen live. Hier wird dem Deep
       Listening gefrönt: Ertönt Musik, ist es still, die Anwesenden hören
       konzentriert zu und lassen das Gehörte auf sich wirken.
       
       An diesem Samstag spielen die australische Gitarrist:in Jules Reidy,
       David Grubbs aus New York und der Berliner Elektronikproduzent Jan St.
       Werner: Gitarren, Piano, Elektronik und Effekte werden bedient, bereits am
       Nachmittag hat das Trio aufgenommen. [1][Am Mischpult sitzt Rabih Beaini,
       dem auch der Morphineraum gehört.] Es ist Studio und Werkstatt des
       libanesischen Produzenten, der seit 2012 in Berlin lebt, neben seiner
       eigenen Musik ein Label betreibt und typisch Berlinerisch mit
       Mischkalkulation wirtschaftet. Ein Teil des benötigten Budgets kommt durch
       Förderung zustande, ein Teil durch Produktionstätigkeiten, und sehr viel
       durch Eigenengagement. Durch mehrmals wöchentlich stattfindende
       Loft-Konzerte entstehen neue Kontakte.
       
       Im Rahmen des CTM-Festivals finden hier Workshops statt. Es treten oft
       Gäste auf, die bereits für Stipendien und Kunstförderprogramme in der Stadt
       weilen oder in größerem Rahmen Konzerte und DJ-Sets gespielt haben. Der
       Morphineraum profitiert von den großzügigen Förderstrukturen und gibt viel
       zurück: als Versuchsfeld, das Künstler:Innen Auftrittsmöglichkeiten
       gewährt und zudem wichtige Vernetzungsarbeit leistet. Das Publikum kommt in
       der Mehrheit aus dem Bereich der Musikwirtschaft und der bildenden Kunst.
       
       Werden nun anderswo in Berlin Finanzmittel für Kultur gekürzt, schlägt sich
       das hier direkt nieder: Der künstlerische Austausch wird weniger werden,
       Konzerte fallen aus, das Studio wird womöglich nicht mehr gebucht – die
       Flurbereinigung einer wildwüchsigen Musiklandschaft. [2][Die Kürzungsorgien
       haben Kultursenator Joe Chialo und Co mit blumigen Metaphern vermittelt.]
       Francois J. Bonnet weiß es besser: „Sobald Sprache dirigierend in Musik
       eingreift, gibt es keine Musik mehr.“ Julian Weber
       
       ## Sonntag, Künstlerhaus Bethanien
       
       Es gibt Glühwein und Kuchen. Fünf Ausstellungen feiern Finissage und ein
       Dutzend Künstler*innen laden in ihre Studios. Business as usual, trotz
       allem. Das Künstlerhaus Bethanien ist Atelierhaus für Künstler*innen, die
       über Residenzprogramme nach Berlin kommen, und Ausstellungshaus in einem,
       seit 50 Jahren. Ein Ort für Entdeckungen und für Gespräche.
       
       Zum Beispiel mit Tracey Snelling. 2017 trat die Künstlerin aus den USA ihre
       Residency im Haus an. Mittlerweile hat sie sich selbst eingemietet. Das
       geht, ist aber eine Ausnahme. Snelling stellt Nachbauten ikonischer Gebäude
       her. Zu sehen sind diese aktuell im Haus am Lützowplatz. In ihrem Atelier
       lassen sich weitere aus der Nähe betrachten, auch vom Berliner KitKatClub,
       wo sie neulich eine Performance aufgeführt hat. Startrampe war das
       Künstlerhaus Bethanien schon oft: Sasha Waltz kam 1992 über eine
       Künstlerresidenz im Bethanien nach Berlin und blieb.
       
       Das Haus wird vom Senat gefördert, mit einem Betrag jedoch, der noch nie
       alle Kosten gedeckt hat. Jetzt soll die Förderung um fast 150.000 Euro
       gekürzt werden. Frustriert sei sie, sagt Antje Weitzel, die erst vor
       anderthalb Monaten die Leitung des Hauses übernommen hat. In der jüngsten
       Streichliste, die in der Szene kursiert, wurden einige der Kürzungsvorhaben
       zurückgenommen. Für die großen Bühnen. Für Ausstellungshäuser. Für Orte mit
       viel Sichtbarkeit. Für das Künstlerhaus Bethanien nicht. „Residencies haben
       keine Lobby“, sagt Weitzel. Aber: „Was wollen sie denn ausstellen, wenn die
       Künstler*innen nicht mehr da sind?“, fragt sie.
       
       Noch sind sie da. Im zweiten Stock stehen Noy & Tamir aus Tel Aviv zwischen
       Keramikreliefs, in denen sie die Geschichte der ehemaligen Lichtfabrik und
       deren Gründern, des jüdischen Brüderpaars Leo und Felix Israel, mit ihrer
       eigenen verschmelzen lassen. Ein Stockwerk drüber entlockt Tini Aliman aus
       Singapur ihren aus Sperrmüll zusammengebastelten Instrumenten und aus Ton
       und Sand gebrannten Schallplatten Töne.
       
       Ausstellungen sind wichtiger Bestandteil aller Residenzprogramme im Haus.
       Wenn es hart kommt, müsste sich das Künstlerhaus von den dafür vorgesehenen
       Räumen trennen. Das ist nicht einfach schade, sondern ein Problem.
       Ausstellungen sind mit den Partnern aus aller Welt vertraglich vereinbart.
       Als eine ihrer ersten Amtshandlungen hat Weitzel die Partnerschaft mit
       Taiwan für zehn Jahre verlängert. Auch als politisches Statement. Ideen hat
       sie noch viele, aber jetzt geht es erst ums Überleben. Beate Scheder
       
       ## Montag, Feld Theater
       
       „Warum kann ich nicht entscheiden, wann Badeschluss ist? Das Bad ist doch
       da“, fragt Tobias Dutschke den imaginären Bademeister und latscht mit
       seinen Schwimmflossen Richtung Umkleidekabine. Über die hintere Bühnenwand
       flirren angenehm entschleunigt Wellen, die auch in der Projektion die
       Haptik geklebter Collagen behalten. Ein leises entspanntes Plätschern
       erfüllt das Feld Theater. In fünfzig kurzweiligen Minuten deklinieren
       Dutschke und seine Mitspielerinnen Pauline Jacob und Luisa Rebstock die
       Essentials eines Freibadbesuchs durch – vom Eincremen über vom
       Drei-Meter-Brett-Springen bis zum Pommes-Essen ist alles dabei. Sie
       berühren federleicht existenzielle Fragen, die sich um Angst,
       Entscheidungsfindung und die Frage drehen, warum mensch nicht selbst
       bestimmen kann, wann er Veränderung will.
       
       Seit sechs Jahren existiert das kleine Theater, das sich dem inklusiven
       Kindertheater verschrieben hat, am Winterfeldtplatz. In der neuesten
       Eigenproduktion „Badeschluss“ gibt es drei zwei Meter hohe und fünfzig
       Zentimeter breite Boxen, in denen drei Türchen im Wechsel aufklappen und
       einem bestimmten Körperteil den Spot geben. Neben diesem schnellen und
       visuell extrem witzigen Slapstick ist die Bademodenschau das
       Ausstattungs-Highlight der Inszenierung. Aufgeblasene Badetiere jeglicher
       Couleur werden zu Kostüm-Bergen verknüpft, die sich die DarstellerInnen
       überstülpen und stolz dem Publikum präsentieren.
       
       Das Feld Theater ist noch im Oktober mit dem Bundestheaterpreis für freie
       Produktionsstätten ausgezeichnet worden. Momentan wird es vom Senat mit
       170.000 Euro gefördert. In „Badeschluss“ nimmt Pauline Jacob die kleinen
       Zettel von der Magnetschnur und liest vor, welche Wünsche das Publikum vor
       der Vorstellung an die eigene Zukunft formuliert hat. Die
       TheatermacherInnen haben nur einen Wunsch: [3][keine Kürzung um 10 Prozent!
       Das wäre das Ende für dieses Theater.] Die Stelle eines Technikers würde
       wegfallen, Vorstellungen könnten nicht mehr gespielt werden. Katja Kollmann
       
       ## Dienstag, Literarisches Colloquium Berlin
       
       Die Verlegerin Christiane Frohmann hält an diesem Dienstag im großen Saal
       des Literarischen Colloquiums Berlin einen Vortrag. Eingangs nutzt sie die
       Gelegenheit, um dafür zu werben, den digitalen Umgang mit Literatur – über
       Epubs, Streams und auch die Vorlesefunktion – als gleichberechtigt mit dem
       analogen Umgang zu werten.
       
       Dann kommt sie zu ihrem Punkt. Man müsse sich die Unterschiede bei den
       Begriffen „deutsche Literatur“, „deutschsprachige Literatur“ und „Literatur
       in Deutschland“ klarmachen, sagt sie. Sie setzt auf „Literatur in
       Deutschland“ und fügt gleich hinzu, dass das ein internationales Phänomen
       sei, das keineswegs an der Herkunft der Autor*innen und auch nicht an
       der Sprache hänge. In Zeiten, in denen die AfD Stimmenzuwächse einfährt,
       könne man aber nicht mehr voraussetzen, dass die Kultur selbstverständlich
       als Teil einer internationalen, globalisierten Welt gesehen werde. Die
       Kultur in Deutschland müsse aber die faktische Vielfalt der deutschen
       Bevölkerung repräsentieren.
       
       Da macht sich Christiane Frohmann aktuell Sorgen. So werde der zeitweise
       Erfolg von BIPoC-Autor*innen in den Verlagsprogrammen nur als Trend
       gewertet, und derzeit gingen die Türen wieder zu, was Christiane Frohmann
       nur als vorauseilenden Gehorsam gegenüber der AfD werten kann. Wie vernetzt
       Literatur in Deutschland tatsächlich ist, kann man an diesem Abend auch
       praktisch sehen. Der Vortrag ist Teil der Abschlussveranstaltung einer
       13-teiligen Reihe, in der die Moderatorin Maha El Hissy mit vielen
       Autor*innen über poetologische und diskursive Fragen diskutiert hat.
       
       Mitgetragen wurde die Reihe vom Goethe-Institut, das sich fragte, welche
       Literatur Aufmerksamkeit erhält und wie Kanonbildungen zustande kommen. Was
       wiederum Auswirkungen darauf hat, welche Bücher in andere Sprachen
       übersetzt werden.
       
       Dieser Abend im LCB ist ein Beispiel dafür, wie Kürzungen von
       Programmmitteln, selbst wenn sie wie im Fall des LCB nur im fünfstelligen
       Bereich ausfallen sollten, schnell übers Lokale hinausgreifen würden. Ohne
       die Infrastruktur der Berliner Literaturszene wäre das Nachdenken über
       Literatur in Deutschland um einiges provinzieller. Und die deutsche
       Hauptstadt auch. Dirk Knipphals
       
       ## Mittwoch, Philharmonie und After
       
       Vielleicht ist Hans Scharouns Architektur für die Philharmonie ein gutes
       Sinnbild für die jetzt zu sanierende Berliner Kulturszene. Sein Äußeres
       expressionistisch zerfleddert, die goldgelbe Fassade schmuddelig. Sein
       Inneres schon verwegen, wenn die Treppen wie riesige Trichter von oben ins
       Foyer brechen und sich überall spitze Nischen auftun. In diese hatten sich
       an diesem Mittwochmittag, während [4][des kostenlosen Lunchkonzerts], ein
       paar partyübernächtigte Teenager zurückgezogen, aber auch stillende Mütter
       und zögerliche Erstbesucher:innen. Nicht sicher, ob sowohl die
       architektonische als auch die soziale Konstruktion gleich einbricht, aber
       sie hält: Denn alles – und es sind Hunderte Menschen an diesem Tag –
       versammelt sich rund um etwas Schönes, geradezu Erhabenes.
       
       Es spielt das Saxofonquartett Synthèse. Filigran tänzeln die
       Musiker:innen über Antonio Vivaldis Varationen in D-Moll, für George
       Bizets populäre „Carmen“ holen sie gleich ein ganzes Orchester aus den
       Schallrohren. Das Publikum: erstaunlich gemischt. Einige scheinen sich das
       Essensangebot unter 10 Euro nicht leisten zu können, andere bestellen sich
       routiniert ein Glas Crémant dazu. Derweil lassen die vier
       Saxofonist:innen von Bariton bis Sopran, wie aus einer Lunge, ihren
       exakt abgestimmten Ton Scharouns kaskadenhafte Foyerwände abwandern.
       
       Dass bei einem perfekten Instrumentenspiel auch klangliche Überreste
       entstehen, sonische Abfallprodukte sozusagen, kann man am selben
       Mittwochabend in Ultrahigh-Definition in einem Kreuzberger Raum für
       Soundkunst namens After hören. Auch umsonst – für alle, die von dem Ort
       wissen. Gut dreißig Leute versammeln sich im Dunkeln um meterhohe
       Superlautsprecher, als seien sie ein Fetisch, und lauschen den schmerzhaft
       fein ausdefinierten Aufnahmen der Flötistin Susanne Fröhlich. Feuchte
       Lufthäuche, hochgezogene Spucke, klebende Tonklappen werden zu einem
       perkussiven Arrangement.
       
       Das von einem Privatmann initiierte After und die Philharmonie, sie sind
       womöglich nicht mehr von den Kürzungen des Berliner Kulturetats betroffen.
       Aber an diesem Mittwoch zeigt sich an beiden Orten, was wohl für die ganze
       Berliner Kulturszene gilt: wie wenig gute Kunst mit einer polierten
       Hochkultur zu tun hat, die Kultursenator Joe Chialo bei seinem Sparvorhaben
       begünstigt. Perfektion und Trash, Ton und Spucke, das gehört zusammen.
       Schwierig, davon den unteren Teil wegzukürzen. Sophie Jung
       
       ## Donnerstag, Mitte-Museum
       
       Eine Backsteinvilla im Norden Berlins: Das Mitte Museum liegt etwas
       uncharmant zwischen Möbelcenter und Dönerbuden an einer vielbefahrenen
       Straße. Umso behaglicher das Innere: Gelbe Schilder und Kugellampen machen
       freundliches Licht, der nette Herr am Empfang erklärt das Prinzip des
       Hauses: Einen Überblick über die Heimatgeschichte des Riesenbezirks mit
       381.000 Einwohnern geben, in dem 2001 die Stadtteile Mitte, Tiergarten und
       Wedding administrativ zusammen geführt wurden. Hübsch aufbereitet, erfährt
       man diverse fun facts: Wie viele Fischarten in der Panke leben (7, darunter
       das Moderlieschen), dass die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner 36
       Quadratmeter beträgt – und im Jahr 1,2 Tonnen Hundekot anfallen.
       
       Dazu kommen wechselnde Ausstellungen, aktuell zwei zum 35. Jahrestag des
       Mauerfalls: Im Untergeschoss hat die kalifornische Künstlerin Diane Meyer
       entlang der Mauer fotografiert und deren Spur mit Kreuzstichen in die
       Stadtansichten eingestickt: Wülste aus Garn machen den heute abwesenden
       Beton sichtbar, kleine Vierecke, die wie Pixel wirken, markieren ehemalige
       Orte des DDR-Überwachungsapparats im Stadtbild.
       
       Der Herr vom Empfang dreht die Bilder um, damit die vernähten Stiche auf
       der Rückseite sichtbar werden und verweist auf die Fotoausstellung „Mauer
       Metamorphosen“ des Berliner Fotografen Gottfried Schenk im zweiten
       Obergeschoss. Auf dem Weg unbedingt in die Dauerausstellung rein schauen,
       empfiehlt er. Dort gibt es seltene Einblicke ins Elend der Moabiter
       Mietskasernen in den 1920ern oder die glanzvolle Vergangenheit der (heute
       ärmlichen) Badstraße, die in der Kaiserzeit eine Vergnügungsmeile war.
       
       Das Mitte Museum wird vom Bezirksamt finanziert, ist also von den
       Sparplänen betroffen. Ob es weniger Geld für Ausstellungen gibt, für die
       Bibliothek oder die Arbeit mit Schulklassen? Alles unklar – ziemlich sicher
       werde wohl aber beim Personal gespart werden. „Wir sind nervös und bangen
       um unsere Jobs“, sagt der nette Herr vom Besucherservice, der nicht zu den
       wenigen Festangestellten des Hauses gehört. Nina Apin
       
       13 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /DJ-Rabih-Beaini-zu-Explosion-in-Beirut/!5703120
   DIR [2] /Sparliste-der-Berliner-Kulturverwaltung/!6055910
   DIR [3] /Kinder--und-Jugendtheater-FELD-in-Not/!6050272
   DIR [4] /berliner-szenen/!5994671
       
       ## AUTOREN
       
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