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       # taz.de -- Klimaschutzkonzept für Berlin: Fahrplan zum grünen Traum
       
       > Als erster Bezirk hat Friedrichshain-Kreuzberg ein Konzept zum
       > Klimaschutz und zur Klimaanpassung vorgelegt.
       
   IMG Bild: Noch nicht komplett entsiegelt, aber immerhin autofrei: der Lausitzer Platz in Kreuzberg
       
       Berlin taz | Die Titelseite zeigt einen grünen Traum von Kreuzberg: Am
       Schlesischen Tor gleitet die U-Bahn durch einen halboffenen Tunnel aus
       Solarpaneelen, von den neuen Dachterrassen der Wohngebäude drumherum
       strecken sich Bäumchen in den Himmel, auf der Straße sind nur noch
       Fahrräder und fahrerlose Kleinbusse unterwegs, und ein einladender neuer
       Stadtplatz wartet mit Spiellandschaften und einer Open-Air-Bücherei auf.
       
       Ganz so idyllisch wird es wohl nicht werden, aber die beiden
       mehrhundertseitigen Dokumente, die das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
       am Donnerstag vorgelegt hat, sollen zumindest den Weg in diese Richtung
       weisen, wie [1][Bürgermeisterin Clara Herrmann] (Grüne) bei der Vorstellung
       betont: ein Klimaschutz- und ein Klimaanpassungskonzept. Ermöglicht wurden
       die umfangreichen Studien durch Fördermittel aus den Bundesministerien für
       Wirtschaft und Umwelt.
       
       „Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit, es gilt,
       entschlossen und schnell zu handeln“, sagt Herrmann. „Dem Klima selbst ist
       es egal, wie viel Grad es heißer wird, aber für die Menschen ist es ein
       entscheidender Unterschied.“ Der Schutz des Klimas und die Anpassung der
       urbanen Lebenswelt an die jetzt schon unvermeidliche Veränderung seien
       Themen, „die und heute betreffen, nicht in zwei, drei oder 20 Jahren“. Die
       Konzepte – gleichzeitig Bestandsaufnahme, Potenzialanlayse und
       Maßnahmenpaket – böten dem kleinsten und zugleich dicht besiedelten
       Berliner Bezirk jetzt einen „klaren Rahmen und einen Fahrplan“.
       
       Für Herrmann, die in Bezug auf [2][die Klimapolitik des Senats] nicht mehr
       allzu optimistisch ist, macht das Herunterbrechen auf die Bezirksebene
       Sinn, weil die lokalen Herausforderungen auch innerhalb Berlins ganz
       unterschiedlich seien: In Friedrichshain-Kreuzberg sei es an heißen
       Sommertagen um bis zu 11 Grad wärmer als jenseits der Stadtgrenze,
       gleichzeitig sei die Versiegelung des Bodens trotz einiger bereits
       durchgeführter Maßnahmen – wie dieses Jahr am Görlitzer Ufer – noch
       außerordentlich hoch.
       
       ## Privathaushalte als Großverbraucher
       
       Wie Kartenmaterial verdeutlicht, ist das Potenzial einer energetischen
       Autarkie des Bezirks begrenzt: Mit [3][Dach-Photovoltaik] und Geothermie
       ließe sich maximal ein Fünftel des Endenergiebedarfs vor Ort decken. Am
       meisten verbrauchen dabei die privaten Haushalte, gefolgt vom Gewerbe und
       dem Verkehr. Die bezirkseigenen Gebäude dagegen sind nur zu 1,9 Prozent am
       Energiekonsum und zu 1,4 Prozent am CO₂-Ausstoß beteiligt, wie
       Klimaschutzmanagerin Zoe Hoffmann aus dem aktuell fünfköpfigen Klima-Team
       des Bezirks erläutert.
       
       Hier können die im Klimaschutzkonzept definierten „Schlüsselmaßnahmen“ wohl
       am leichtesten ansetzen, tatsächlich hat man sich auch längst auf diesen
       Weg begeben: Im vergangenen Jahr wurden „smarte“ Heizungssteuerungen in
       mehreren Schul- und Bibliotheksgebäuden installiert, die Kosten – knapp
       300.000 Euro allein für die Schulen – sollen zum Teil schon durch den
       gesunkenen Energieverbrauch hereingespielt worden sein.
       
       Zur Umsetzung vieler anderer Maßnahmen – von der Einrichtung sogenannter
       Micro Hubs, also Umschlagplätzen für lastenradgestütze Lieferketten, bis
       zur Entwicklung eines umwelt- und klimafreundlichen Tourismus – wird
       Friedrichshain-Kreuzberg auf Unterstützung angewiesen sein. Wenn nicht vom
       Land, dann von anderen Akteuren wie Wohnungsbaugesellschaften oder lokalen
       Unternehmen, mit denen der Bezirk laut Herrmann schon im Gespräch ist.
       
       Wobei man auf fachlicher Ebene sehr gute Kontakte in die Senatsverwaltung
       für Klimaschutz habe, wie Klimaanpassungsmanagerin Leonie Laug betont. Und
       auch mit vielen anderen Bezirken sei Friedrichshain-Kreuzberg bereits im
       Austausch: „Da muss man das Rad nicht immer neu erfinden.“
       
       In der ursprünglichen Fassung des Artikel hieß es, Friedrichshain-Kreuzberg
       habe als erster Berliner Bezirk Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepte
       vorgelegt. Das stimmt nur insofern, als es sich in diesem Fall um zwei
       eigenständige Konzepte handelt. Der Bezirk Mitte hat bereits im April ein
       Konzept in Kraft gesetzt, das beide Aspekte integriert.
       
       19 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
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