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       # taz.de -- Volkswagen-Betriebsrat über Zukunft: „Die IG Metall diskutiert kaum Alternativen zum Auto“
       
       > Lars Hirsekorn arbeitet seit 30 Jahren bei VW und ist Teil der Initiative
       > „VW steht für Verkehrswende“. Er will den Konzern klimafreundlich machen.
       
   IMG Bild: Trillerpfeifen liegen zum Ende der Friedenspflicht vor einem VW Werk
       
       taz: Herr Hirsekorn, Sie sind Betriebsrat bei Volkswagen in Braunschweig
       und setzen sich dafür ein, dass Ihr Arbeitgeber klimafreundliche
       Verkehrsmittel statt Verbrenner baut. Wie kommt es, dass Sie bei
       Deutschlands größtem Autobauer arbeiten? 
       
       Lars Hirsekorn: Es gab Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre in
       Braunschweig eine auf die Einwohnerzahl bezogen große Antifa- und
       Hausbesetzerbewegung. Die bestand aber nicht wie in vielen anderen Städten
       rein aus Abiturienten. Ich habe dann bei Volkswagen angefangen, weil ich
       einen Hauptschulabschluss habe und mir gesagt habe, ich muss von irgendwas
       leben. Da habe ich mir gesagt, na gut, bei VW kriegst du wenigstens noch
       halbwegs Geld für die beschissene Arbeit.
       
       Damals hat Volkswagen wirklich noch die Tore weit aufgemacht. Wer
       vorbeigegangen ist und nicht schnell genug Nein gesagt hat, wurde
       reingesteckt ins Werk. Denn da wollte niemand arbeiten. Die
       Arbeitsbedingungen in den Fabriken an den Bändern sind teilweise nach wie
       vor schlecht. Das vergessen die Leute recht oft. Die vielen Nachtschichten,
       die Wochenendarbeit, der Lärm, der Dreck, die Hitze und Kälte.
       
       taz: Ist Ihre zweijährige Kampagne für eine [1][Verkehrswende] bei der
       Belegschaft angekommen? 
       
       Hirsekorn: Die Diskussion hat nicht so viel bewirkt, weil sich große Teile
       der IG Metall nach wie vor im Prinzip darüber ausschweigen und Alternativen
       zum Auto kaum diskutieren. Trotzdem bemerkt man in der Belegschaft immer
       wieder, dass die Idee, wir könnten was anderes bauen als Autos, hängen
       geblieben ist.
       
       taz: Woran machen Sie das fest? 
       
       Hirsekorn: Ich mache Seminare mit den Vertrauensleuten und auch mit
       „normalen“ Gewerkschaftsmitgliedern, auch zum Thema „Klima, Auto, Umwelt“.
       Da kommen immer wieder Leute, die sagen: Ja, wir können auch Straßenbahnen
       bauen.
       
       taz: VW macht zwar noch Milliardengewinne, [2][aber sie schrumpfen]. Es
       werden weniger Fahrzeuge verkauft, [3][Standorte sollen geschlossen, viele
       Kollegen entlassen werden]. Ist so eine Krise nicht eine gute Chance für
       die Forderungen nach etwas Neuem? 
       
       Hirsekorn: Eigentlich ist das eine Traumsituation und wir müssten genau so
       weitermachen mit der Kampagne für die Verkehrswende. Es gibt einen Kreis
       von 40 Kolleginnen und Kollegen, verteilt über drei Werke, die
       kontinuierlich diskutieren und versuchen, das Thema Verkehrswende
       voranzutreiben.
       
       taz: Arbeiten Sie mit Umweltgruppen zusammen? 
       
       Hirsekorn: Von den großen Umweltorganisationen höre ich im Moment
       eigentlich nichts. Greenpeace hat die Autoschlüssel auf die Zugspitze
       entführt und gefordert, dass noch mehr Elektroautos gebaut werden sollen.
       
       taz: Die Umweltschützer hatten aus Protest Hunderte Schlüssel von
       VW-Fahrzeugen aus dem Werk in Emden geklaut und sie säckeweise auf dem
       besonders vom Klimawandel betroffenen Schneefernergletscher auf der
       Zugspitze ausgestellt. 
       
       Hirsekorn: Das halte ich nicht für sinnvoll. Aber selbstverständlich würde
       ich mir von den NGOs jetzt eine Unterstützung der Belegschaft wünschen.
       Eine Auslastung der Werke bekommen wir hoffentlich nur mit anderen
       Produkten hin. Da wünschte ich mir die inhaltliche Unterstützung von ADFC,
       BUND, Nabu und allen anderen. Wirklich vor Ort sind bisher nur
       [4][Aktivistinnen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung, die schon die
       letzten zwei Jahre bei uns waren].
       
       3 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verkehrswende/!t5328047
   DIR [2] /Krise-bei-VW/!6046134
   DIR [3] /VW-Betriebsratschefin-schlaegt-Alarm/!6045205
   DIR [4] https://wald-statt-asphalt.net/vw-steht-fuer-verkehrswende-neue-broschuere/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Nowak
       
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