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       # taz.de -- Polizeiarbeit im Smart Home: Mehr Schaden als Nutzen
       
       > Die polizeiliche Auswertung von Smart-Home-Geräten ist ein gravierender
       > Eingriff in die Privatsphäre, der weder notwendig noch verhältnismäßig
       > ist.
       
   IMG Bild: Werden hier Spuren hinterlassen oder gelegt? Im Nachhinein schwer zu sagen
       
       Natürlich ist es aus Sicht der Polizei verlockend, [1][Daten aus
       Smart-Home-Geräten für Ermittlungen zu nutzen]. Aber das gemeinsame Projekt
       von Uni und Polizei ist gefährlich. Denn es ist ein Türöffner für eine
       schleichende [2][Erweiterung polizeilicher Befugnisse] bis in den intimsten
       Raum, das eigene Zuhause. Die Polizeiarbeit im Smart Home ist ein massiver
       Eingriff in die Privatsphäre und birgt die Gefahr einer umfassenden
       Überwachungsinfrastruktur. Im Extremfall kann das zum [3][„Chilling
       Effect“] führen: Wir ändern aus Angst vor Überwachung unser Verhalten.
       
       Dass der Datenschutz „eine wesentliche Rolle“ spielt, die Datenauswertung
       sich an vorhandenen Regeln orientiert und richterlich angeordnet werden
       muss, ist das Mindeste. Der Hinweis, Nutzer:innen hätten der Verwendung
       ihrer Daten bei der Installation längst „ex- oder implizit“ zugestimmt,
       trifft aber nicht. Denn die Smart-Home-Infrastruktur wird zweckentfremdet
       und vielen ist beim Kauf der Geräte gar nicht bewusst, welche Daten
       gesammelt werden und wie diese genutzt werden könnten. Die nachträgliche
       Nutzung für polizeiliche Zwecke war sicherlich nicht Teil der
       ursprünglichen Zustimmung.
       
       Außerdem lassen Daten wie Stromverbrauch oder Bewegungsmuster eindeutige
       Rückschlüsse auf kriminelle Aktivitäten gar nicht zu. Die Gefahr von
       falschen Verdächtigungen und ungerechtfertigten Ermittlungen steigt also.
       
       Zudem unterschätzt das Projekt die Möglichkeit von Datenmanipulation.
       Technisch versierte Kriminelle könnten Geräte nämlich auch gezielt nutzen,
       um falsche Spuren zu legen oder Alibis zu konstruieren. Ermittlungen würden
       dann in die Irre geführt und Unschuldige belastet werden.
       
       ## Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit
       
       Ganz grundsätzlich stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und
       Notwendigkeit solcher Überwachungsmethoden. Denn die Aufklärungsquote bei
       Kapitalverbrechen ist bereits hoch. Der potenzielle Nutzen der neuen
       Technologien wäre also gering, der gesellschaftliche Schaden aber umso
       höher. Denn wenn die neuen Methoden erst einmal etabliert sind, besteht die
       Gefahr, dass der Zugriff auf Smart-Home-Daten auch bei weniger
       schwerwiegenden Delikten gefordert wird.
       
       Dass ein Projekt mit solch weitreichenden Implikationen für die
       Privatsphäre mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, ohne dass darüber
       eine breite gesellschaftliche Diskussion stattgefunden hat, ist höchst
       bedenklich. Es steht für einen besorgniserregenden Trend zur Ausweitung
       staatlicher Überwachung unter dem Deckmantel der Verbrechensbekämpfung.
       
       28 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Strafverfolgung-im-Internet-der-Dinge/!6054696
   DIR [2] /Juristin-ueber-KI-in-der-Polizeiarbeit/!6053266
   DIR [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Chilling_effect
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Robert Matthies
       
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