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       # taz.de -- Proteste in Georgien: Tausende trotzen Drohungen von Regierungschef Kobachidse
       
       > In Georgien sind erneut tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie
       > protestieren gegen den Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen durch die
       > Regierung.
       
   IMG Bild: Demonstranten setzen während einer Kundgebung vor dem Parlament Laser auf die Polizei ein
       
       Tiflis afp | Trotz Strafandrohungen des georgischen Ministerpräsidenten
       Irakli Kobachidse sind in Georgien den [1][sechsten Abend in Folge]
       tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen den Aufschub der
       EU-Beitrittsverhandlungen durch die russlandfreundliche Regierung zu
       protestieren.
       
       Wie AFP-Reporter berichteten, versammelten sich die Demonstranten am
       Dienstagabend vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis und schwenkten die
       Flaggen Georgiens und der EU. Der georgische Ombudsmann für Menschenrechte,
       Levan Ioseliani, warf der Polizei die Folter von Demonstranten vor.
       
       Einige Demonstranten zündeten Feuerwerkskörper in Richtung des Gebäudes.
       Die Polizei rief die Protestierenden per Lautsprecher dazu auf, die
       Demonstration aufzulösen. Anschließend setzte sie erneut Wasserwerfer und
       Tränengas ein, unter anderem um Demonstranten davon abzuhalten, über die
       Mauern des Parlamentsgebäudes zu klettern. Unabhängige georgische
       Fernsehsender berichteten von Festnahmen.
       
       „Niemand bezahlt uns, wir kommen aus eigenem Antrieb hierher“, sagte der
       41-jährige Nugo Schigwinadse. Er wolle lediglich „eine bessere Zukunft für
       unsere Kinder“ und nehme deshalb an den Protesten teil.
       
       ## Seit Beginn der Protestwelle 293 Menschen festgenommen
       
       Die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili bezeichnete das
       Vorgehen der Polizei im Onlinedienst X als „unverhältnismäßig“. Sie
       kritisierte „massive Festnahmen und eine schlechte Behandlung“.
       
       Insgesamt sind seit [2][dem Beginn der jüngsten Protestwelle] laut
       Innenminsterium 293 Menschen festgenommen worden. 143 wurden demnach
       verletzt.
       
       Menschenrechtsombudsmann Ioseliani erklärte, dass sich die meisten von
       Protestteilnehmern erlittenen Verletzungen „auf das Gesicht, die Augen und
       den Kopf konzentrieren“. Die Lage, Art und Schwere der Verletzungen deute
       „stark darauf hin, dass die Polizei Gewalt gegen Bürger als Strafmaßnahme
       anwendet“, was „einen Akt der Folter darstellt“, fügte er hinzu.
       
       Der georgische Innenminister beschuldigte die Protestierenden,
       „verschiedene Arten von stumpfen Gegenständen, Feuerwerkskörper und
       brennbare Objekte“ auf die Ordnungskräfte geworfen zu haben.
       
       ## Ministerpräsident droht mit Bestrafung politischer Gegner
       
       Ministerpräsident Kobachidse hatte Oppositionsgruppen zuvor vorgeworfen,
       bei den massiven Protesten gegen die Regierung bewusst Gewalt eingesetzt zu
       haben. Er drohte am Dienstag zudem mit der Bestrafung politischer Gegner.
       Oppositionspolitiker hätten „die Gewalt in den vergangenen Tagen
       inszeniert“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Auch
       Nichtregierungsorganisationen könnten sich nicht der gesetzlich
       festgelegten Verantwortung entziehen.
       
       Die massiven Proteste in dem Kaukasusstaat hatten am Donnerstagabend
       begonnen. Sie richten sich insbesondere gegen den von Kobachidse
       angekündigten [3][Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen] des Landes bis
       2028.
       
       Georgien ist seit Dezember 2023 offiziell EU-Beitrittskandidat. Seitdem hat
       die moskaufreundliche Regierung aber mehrere Gesetze verabschiedet, die in
       Brüssel große Sorge hervorrufen, darunter ein Gesetz nach russischem
       Vorbild gegen „ausländische Einflussnahme“. Die EU fror deshalb Ende Juni
       den Beitrittsprozess mit Georgien ein. Die Opposition beschuldigt die
       Regierung, Georgien von der EU zu entfernen und die ehemalige
       Sowjetrepublik wieder an Russland annähern zu wollen.
       
       4 Dec 2024
       
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