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       # taz.de -- EU-Mercosur-Abkommen: „Das bevorzugt ganz klar die Interessen Europas“
       
       > Der neue Freihandelsvertrag zwischen EU und lateinamerikanischer
       > Wirtschaftsorganisation steht. Umweltschützer und Entwicklungsexperten
       > jubeln nicht.
       
   IMG Bild: Der Amazonas-Regenwald am brasilianischen Porto Velho: Bringt das neue Freihandelsabkommen mehr Abholzung?
       
       Buenos Aires taz | Am Ende ging alles ganz schnell. Auf einer kurzen
       Konferenz verkündeten Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou und
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag die [1][Einigung
       auf ein Freihandelsabkommen] zwischen der südamerikanischen
       Wirtschaftsgemeinschaft [2][Mercosur] und der Europäischen Union. Anwesend
       waren auch die Präsidenten aus Argentinien, Brasilien und Paraguay, von
       denen jedoch keiner das Wort ergriff.
       
       In seiner kurvenreichen und knappen Eröffnungsrede nannte der alles andere
       als zufrieden wirkende Gastgeberpräsident Lacalle Pou das Abkommen einen
       „Ausgangspunkt“. Nun gelte es, „hart zu arbeiten“, um es in die Praxis
       umzusetzen. Schließlich räumte er „unterschiedliche Ansichten“ auch unter
       den Mercosur-Staaten ein. „Es ist keine magische Lösung, aber eine Chance“,
       so Lacalle Pou.
       
       Ebenso nebulös blieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die
       von einem „historischen Meilenstein“ und einem Zeichen von Gemeinsamkeit an
       eine „zunehmend konfrontative Welt“ sprach.
       
       Was folgte, war ein kurzes Händeschütteln aller Beteiligten, bevor die
       EU-Kommissionspräsidentin zum bereitstehenden Auto ging und davonfuhr.
       Freude nach über 25 Jahren Verhandlungen sieht anders aus.
       
       ## „Kann zu verstärkter Abholzung führen“
       
       Lateinamerikanische Umweltschützer äußerten sich kritisch. „Dieses Abkommen
       fördert die Einfuhr hochgradig umweltschädlicher und
       gesundheitsgefährdender Produkte, die bald auf dem europäischen Markt
       verboten sein werden“, kommentierte etwa Carolina Pasquali, die Chefin von
       Greenpeace in Brasilien.
       
       „In der Praxis kann es zu einer verstärkten Abholzung der Wälder führen“,
       so die Umweltschützerin, „da wir Rohstoffe – die häufig aus abgeholzten
       Gebieten, einschließlich des Amazonas, stammen – gegen die Einfuhr von
       Pestiziden, Autos, Verbrennungsmotoren und Kunststoffen eintauschen.“
       Besorgniserregend sei auch, dass die Verhandlungen über das Abkommen als
       Verhandlungsmasse genutzt worden seien, [3][um das Entwaldungsgesetz der
       Europäischen Union zu verzögern und zukünftig flexibler zu gestalten].
       
       Auch Sven Hilbig vom evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt kritisiert
       das Abkommen: „Das Handelsabkommen bevorzugt ganz klar die ökonomischen
       Interessen Europas“, so der Experte für Handelspolitik. „Die
       südamerikanischen Mercosur-Staaten werden weiterhin auf die Rolle als
       Rohstofflieferanten reduziert.“
       
       Anstatt den politischen Spielraum der südamerikanischen Regierungen zu
       erweitern, um lebensbedrohliche Krisen wie dem Klimawandel und dem
       Artensterben zu begegnen und die Armut in der Region zu beseitigen,
       schränke der Vertrag eine sozial und ökologisch nachhaltige
       Wirtschaftspolitik im Mercosur ein, meint Hilbig. „Das Abkommen nimmt den
       Mercosur-Staaten wichtige industriepolitische Instrumente“, sagte er. „Sie
       können etwa keine Exportsteuern auf Lithium und andere Rohstoffe erheben.
       Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie im EU-Rat gegen das
       Handelsabkommen stimmt.“
       
       Was am Freitag in Montevideo vereinbart wurde, hat einen langen Weg bis zu
       seiner tatsächlichen Umsetzung. Zunächst wird der Wortlaut des Abkommens
       von beiden Seiten juristisch überprüft und dann in die jeweiligen
       Amtssprachen übersetzt werden. Im Falle des Mercosur in Spanisch und
       Portugiesisch und im Falle der EU in die 24 Amtssprachen. Erst dann kann
       das Abkommen unterzeichnet werden.
       
       Anschließend steht die Ratifizierung an. Innerhalb des Mercosur muss das
       Abkommen von den Parlamenten aller Mitgliedsländer gebilligt werden. In der
       EU muss es von Brüssel sowie von allen 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert
       werden.
       
       6 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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