# taz.de -- Niederlande verstärken Grenzkontrollen: Sichtbar symbolisch
> Die niederländische Polizei kontrolliert systematisch Grenzübergänge. Die
> Rechts-Regierung setzt auf einen symbolischen Effekt.
IMG Bild: Niederlande führen verschärfte Grenkontrollen ein
Amsterdam taz | Lange waren sie angekündigt, am gestrigen Montag haben sie
offiziell begonnen: die Kontrollen an der niederländischen Grenze zu
Belgien und Deutschland. Ab sofort können Einreisende an den rund 800
Grenzübergängen stichprobenartig herausgewunken werden, um ihre Identität
zu überprüfen.
Beschlossen hatte die Maßnahme die niederländische Asyl- und
Migrationsministerin Marjolein Faber, „um irreguläre Migration und
Migrant*innenschmuggel zu bekämpfen“. Laut Faber, die der
[1][rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (PVV) von Geert Wilders]
angehört, sollen die Kontrollen zunächst für sechs Monate andauern.
Wo genau sie stattfinden, wird im Voraus nicht bekanntgemacht. Laut dem
Regionalsender „RTV Noord“ aus Groningen, einer an Deutschland grenzenden
Provinz, wähle die zuständige Grenzpolizei Koninklijke Marechaussee die
Einsatzorte „basierend auf Risikoanalysen und Informationen“.
„Omroep Gelderland“, ein anderer Sender aus dem Grenzgebiet zu
Nordrhein-Westfalen, zitierte am Montag einen Sprecher der Grenzpolizei,
dass sich die Kontrolle vornehmlich auf gültige Reisedokumente bezieht.
Demnach sei ein Ausweis oder ein Reisepass notwendig. „Ein Führerschein ist
nicht ausreichend“, so der Sprecher. Kofferräume würden „nur unter
verdächtigen Umständen“ geöffnet, wohl aber könnten die Beamt*innen
fragen, „warum Leute in die Niederlande einreisen“.
## Mehr Kontrollen, gleich viel Personal
Trotz der verstärkten Grenzkontrollen werden die Niederlande kein
zusätzliches Personal einsetzen. Laut Faber sollen die stichprobenartigen
Kontrollen stattdessen „innerhalb der bestehenden Kapazitäten“ ausgeführt
werden. Denn: für mehr Personal fehlt den Marechaussee aufgrund von
Einsparungen schlichtweg das Geld. Ob dies künftig zu weniger
Grenzbeamt*innen am Flughafen Schiphol in Amsterdam führe, will Faber
„tage- oder wochenweise“ entscheiden, so die Ministerin gegenüber dem
öffentlich-rechtlichen Sender NOS.
Laut der Marechausee-Gewerkschaft Marver können so maximal 50
Beamt*innen eingesetzt werden. Nach Berechnungen des Algemeen Dagblad
ließen sich damit nicht mehr als fünf Grenzübergänge effektiv besetzen.
Damit steht ähnlich wie im Nachbarland Deutschland der Vorwurf im Raum, bei
der Maßnahme handele es sich um reine Symbolpolitik.
Für Faber geht es darum, Tatkraft und Handlungsfähigkeit zu beweisen und
endlich zu liefern. Ihre Rechts-Regierung hatte zuvor die „strengste
Asylpolitik aller Zeiten“ angekündigt. Der Wahlsieg der PVV vor einem Jahr
basierte zum Großteil auf der harten Anti-Migrations-Rhetorik der Partei.
Bislang bleibt Faber in der Realität jedoch die Versprechungen aus dem
Koalitionsvertrag schuldig. Den anvisierten Asyl-Notstand, mit dessen Hilfe
man eine Reihe Ad-hoc-Maßnahmen vorerst am Parlament vorbeilotsen wollte,
durfte sie wegen Uneinigkeit in der Vierparteienkoalition im Herbst doch
nicht verkünden.
## Praktische Symbolpolitik
Mit einem großen Effekt wird in den Niederlanden zwar auch jetzt nicht
gerechnet. Nicht nur, weil die Grenzpolizei, wie sie auf ihrer Website
erklärt, bereits bisher stichprobenartige Sicherheitskontrollen
durchführte, deren Zahl sie nun erhöhen könne. Bis Redaktionsschluss am
Montag war zudem von außergewöhnlichen Vorfällen bei den Kontrollen nichts
bekannt.
Dennoch sind die Grenzkontrollen, die in Zügen, Bussen oder [2][auf
Feldwegen] stattfinden können, auch in Unterbesetzung eine sichtbare
Maßnahme. Sie erlaubt es den Niederlanden sich als eines der
EU-Mitgliedsländer zu profilieren, das beim Thema Migrationsbekämpfung
Initiative ergreift – wie auch [3][Deutschland], Frankreich oder
Österreich.
In dieser Hinsicht freilich ist der Effekt der Kontrollen deutlich – je
mehr Mitgliedstaaten von diesen Ausnahmen im Schengen-Vertrag Gebrauch
machen, desto mehr können sich Grenzkontrollen wieder als obligatorisches
Mittel etablieren. PVV-Chef Geert Wilders antwortete bereits im September
auf die Frage, ob es sich nicht nur um Symbolpolitik handele: „Auch Symbole
können helfen.“
9 Dec 2024
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## AUTOREN
DIR Tobias Müller
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