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       # taz.de -- Bundestagswahlkampf der Berliner Linken: Mission Parteirettung
       
       > Die Berliner Linke spricht sich gut gelaunt viel Mut zu und macht Gregor
       > Gysi zu ihrem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.
       
   IMG Bild: „Man muss immer auch dran glauben“: Gregor Gysi, nicht mehr ganz taufrischer Hoffnungsträger einer strauchelnden Partei Foto:
       
       Berlin taz | Als letzte der größeren Berliner Parteien hat nun auch die
       Linke ihre Landesliste für die Bundestagswahl festgezurrt. Eine
       Vertreter:innen-Versammlung wählte am Freitagabend Gregor Gysi mit 95
       Prozent [1][zum Spitzenkandidaten des Landesverbands]. Auf Platz 2 folgt
       die neue Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner, auf Platz 3 Vize-Landeschefin
       Katalin Gennburg.
       
       „Charismatisch, kämpferisch, authentisch und einfach Berlin, das ist unsere
       Liste für den kommenden Bundestag“, bewarb der Landesvorsitzende Maximilian
       Schirmer überschwänglich die Kandidat:innen. Die wurden von den 140
       Delegierten [2][auch in genau der Reihenfolge gewählt], wie vom
       Landesvorstand vorgesehen. „Ab Januar drehen wir dann richtig auf“,
       kündigte Schirmer an.
       
       Tatsächlich ist die Linke zwingend darauf angewiesen, durch Aufdrehen auf
       sich aufmerksam zu machen, will sie mit der Wahl am 23. Februar nicht in
       der Versenkung verschwinden. In bundesweiten Umfragen liegt die Partei bei
       desaströsen 3 Prozent und damit noch mal deutlicher unter der
       5-Prozent-Hürde als bei der Bundestagswahl 2021. Sofern sie nicht wie
       damals erneut drei Direktmandate gewinnt, ist sie bundespolitisch erledigt.
       
       ## Kalendersprüche und Pathos
       
       Umso wichtiger ist es offenkundig, sich selbst Mut zu machen. „Man muss
       immer auch dran glauben, wenn man etwas erreichen will. Wenn man schon so
       pessimistisch herangeht, hat man verloren“, gab Spitzenkandidat Gysi dem
       Landesverband einen seiner Kalendersprüche auf den Weg.
       
       Die Linke sei schon so häufig totgesagt worden, sagte der bald 77-jährige
       Hoffnungsträger der strauchelnden Partei. „Doch wir sind immer wieder
       aufgestanden. Und das wird auch jetzt so sein.“ Schon auf [3][dem
       Bundesparteitag im Oktober] sei ja „wieder Aufschwung entstanden“. Womit
       Gysi eine etwas eigenwillige Interpretation der innerparteilichen
       Entwicklungen lieferte.
       
       Schließlich ging die Selbstdemontage der Linken danach munter weiter,
       insbesondere im Berliner Landesverband. So traten Ex-Kultursenator Klaus
       Lederer und vier weitere Berliner Abgeordnetenhausmitglieder [4][im Zuge
       des Streits um den Umgang mit antisemitischen Positionen] aus der Partei
       aus.
       
       Auf dem Treffen am Freitag wurde das Thema tunlichst vermieden. Es ging
       gesittet und geordnet zu. Nach den Verwerfungen auf den vergangenen
       Parteitagen ist das nicht nichts. Im Vordergrund stand der Wille, ein
       Zeichen der Geschlossenheit auszusenden, auch um die Partei insgesamt zu
       retten. Das ging auch nicht ohne Pathos über die Bühne. Etwa bei Ines
       Schwerdtner, als sie erklärte: „Wir sind die Hoffnung.“
       
       ## Kühne Zielvorgaben
       
       In Berlin setzt die Linke vor allem darauf, die 2021 gewonnenen
       Direktmandate in Treptow-Köpenick und Lichtenberg zu verteidigen.
       „Angreifen“ will man zudem in den Wahlkreisen Pankow,
       Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost, Neukölln und Mitte, so
       Co-Landeschefin Franziska Brychcy: „Und natürlich kämpfen wir für ein
       starkes Zweitstimmenergebnis. Unser Ziel ist zweistellig“.
       
       Die Vorgabe ist kühn bis illusorisch. Nicht mal in Berlin, wo die Partei zu
       ihren besten Zeiten bei Bundestagswahlen über 20 Prozent holte, kommt die
       Linke aktuell über 5 Prozent hinaus. Kaum besser sieht es bei den
       angepeilten Direktmandaten aus. Größere Erststimmenchancen werden lediglich
       Gregor Gysi in Treptow-Köpenick eingeräumt.
       
       Doch schon in Lichtenberg, [5][wo die Linke mit Ines Schwerdtner ins Rennen
       geht], dürfte es extrem schwer werden. In der einstigen Hochburg geht es
       mit der Partei seit Jahren nur in eine Richtung: nämlich bergab. Mit der
       hier durchaus starken Wagenknecht-Partei BSW ist eine stimmenfressende
       Konkurrentin noch hinzugekommen. Aber auch das ließ man am Freitag besser
       unerwähnt.
       
       22 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krise-der-Linke/!6048777
   DIR [2] https://dielinke.berlin/presse/detail/berliner-linke-waehlt-landesliste-und-startet-in-den-wahlkampf/
   DIR [3] /Podcast-Bundestalk/!6044852
   DIR [4] /Berliner-Linke-in-der-Krise/!6047393
   DIR [5] /Linke-gegen-AfD-und-BSW/!6048179
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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