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       # taz.de -- Journalistin aus Italien in Iran in Haft: In der Zwickmühle
       
       > Cecilia Sala sitzt seit mehr als einer Woche in Teheran im Gefängnis. Das
       > iranische Regime wirft ihr illegale Aktivitäten vor. Worum geht es
       > wirklich?
       
   IMG Bild: Cecilia Sala auf dem Chora Media Festival in Mailand am 16. Februar 2024
       
       Cecilia Sala war in Gedanken schon bei ihrem Rückflug von Teheran, geplant
       für den 20. Dezember, doch einen Tag vorher schlugen die Behörden zu und
       [1][verhafteten die 29-jährige italienische Journalistin.]
       
       Seitdem sitzt sie in dem berüchtigten [2][Evin-Gefängnis] in der iranischen
       Hauptstadt ein, doch der Öffentlichkeit bekannt wurde ihre Verhaftung erst
       acht Tage später, und erst an diesem Tag konnte Paola Amadei, Italiens
       Botschafterin in Iran, Sala besuchen.
       
       Auf den ersten Blick scheint die Verhaftung unerklärlich. Die Italienerin
       war keineswegs in geheimer Mission im Land unterwegs, sie hatte ganz
       offiziell ein Journalistenvisum beantragt, mit dem sie am 12. Dezember
       eingereist war, sie hatte den Behörden alle Gesprächspartner*innen
       mitgeteilt, die sie treffen wollte, sie hatte sich ganz nach Vorschrift
       immer von offiziell akkreditierten iranischen Dolmetscher*innen
       begleiten lassen – und sie trug immer den Schleier.
       
       Denn so jung die Römerin ist, so erfahren ist sie doch auch in ihrem Job
       als Reporterin, die sich mit ihren Berichten aus Krisenherden rund um den
       Erdball einen Namen gemacht hat. Ihr Ökonomiestudium brach sie ab, weil sie
       schon seit 2015 parallel journalistisch tätig war, für Vice genauso wie für
       diverse italienische TV-Sendungen. Seit 2019 schreibt sie für die
       Tageszeitung [3][Il Foglio]. So klein die Auflage dieses Blatts ist, so
       groß wiederum ist die Reichweite von [4][Salas Podcast „Stories“]. Täglich
       platziert sie dort ein Stück über die zahlreichen Krisen, die die Welt
       erschüttern – und viele Krisenherde hat sie selbst immer wieder besucht.
       
       ## Alle Regeln eingehalten
       
       So war sie mehrfach in der Ukraine, in Lateinamerika, im Nahen Osten. Im
       September 2021, kurz nach der Machtübernahme der Taliban, reiste sie nach
       Kabul, um aus Afghanistan zu berichten. Und über ihren eigenen Podcast,
       [5][über ihren Instagram-Account] mit gut 400.000 Followern hinaus wurde
       sie auch zum bekannten TV-Gesicht, immer wieder eingeladen zu
       Gesprächsrunden, in denen es um die internationalen Krisenherde ging.
       
       Für ihre letzten Podcast-Folgen aus Teheran hatte sie einen der Gründer der
       [6][Pasdaran, der] Islamischen Revolutionsgarde, interviewt wie auch eine
       Komikerin, die vor zwei Jahren im Evin-Gefängnis eingekerkert war. Und am
       14. Dezember hatte sie sich zu einem Abendessen mit dem iranischen Kollegen
       [7][Saeed Azimi] getroffen, wie immer in Begleitung ihrer Dolmetscherin.
       Auch er bestätigt in einem [8][Interview mit der römischen Tageszeitung La
       Repubblica], dass die Italienerin die vorgeschriebene „Standardprozedur
       eingehalten hat“.
       
       Dass an ihrer Verhaftung etwas faul ist, zeigt schon die Tatsache, dass die
       iranische Justiz Sala bisher keinen konkreten Tatvorwurf macht; die Rede
       ist bloß von in keiner Weise spezifizierten „illegalen Aktivitäten“. In
       Italien wird deshalb laut der Verdacht geäußert, dass es sich hier wohl
       eher um eine Geiselnahme handelt. Am 16. Dezember nämlich war auf dem
       Mailänder Flughafen Malpensa der Iraner Mohammed Abedini Najafabadi
       festgenommen worden. Gegen ihn liegt ein von den USA ausgestellter
       internationaler Haftbefehl vor, [9][weil er in den USA illegal
       elektronische Komponenten für den Bau von Drohnen beschafft haben soll.]
       
       Damit wäre Italiens Regierung in der Zwickmühle. Eine Auslieferung des
       gesuchten Iraners an die USA würde den Iran verprellen und die Chancen für
       Salas Freilassung dramatisch mindern; doch wenn Italien Najafabadi laufen
       lässt, droht eine Krise mit den USA. Schon heißt es, die Anwälte des
       iranischen Gefangenen wollten jetzt in Mailand Hausarrest für ihn
       beantragen – es verlautet aber auch, dass Washington das italienische
       Justizministerium vor der Gewährung eines solchen Hausarrestes gewarnt
       habe.
       
       „Bei guter Gesundheit“ sei die Gefangene, erklärte Italiens Außenminister
       Antonio Tajani nach dem Besuch der Botschafterin im Evin-Gefängnis. Und er
       führte aus, die Regierung Meloni bemühe sich ebenso intensive wie diskret
       um ihre Freilassung.
       
       29 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://roma.corriere.it/notizie/politica/24_dicembre_29/cecilia-sala-l-operazione-italia-usa-sul-fermo-dell-iraniano-e-la-trattativa-per-il-rilascio-bddfa908-9703-4c2d-8b69-f03754d3fxlk.shtml?refresh_ce
   DIR [2] /Frauen-im-Iran/!6041438
   DIR [3] https://www.ilfoglio.it/
   DIR [4] https://choramedia.com/podcast/stories/
   DIR [5] https://www.instagram.com/ceciliasala/?hl=de
   DIR [6] /Deutschlands-Nahost-Strategie/!5993294
   DIR [7] https://x.com/SaeedAzimi1772
   DIR [8] https://www.repubblica.it/esteri/2024/12/29/news/arresto_cecilia_sala_intervista_giornalista_iraniano_saeed_azimi-423911085/
   DIR [9] https://www.justice.gov/d9/2024-12/usa_v._sadeghi_and_abedininajafabadi_-_indictment.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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