URI: 
       # taz.de -- Hochwasserkatastrophe in Spanien: Angehörige fordern Konsequenzen für Regionalpräsident
       
       > Valencias Regionalpräsident weist Vorwürfe wegen seines Krisenmanagements
       > beim Hochwasser im Herbst von sich – und präsentiert sich als
       > Wiederaufbauchef.
       
   IMG Bild: Angehörige der Überschwemmungsopfer protestieren gegen den valencianischen Regionalpräsidenten Carlos Mazón
       
       Madrid taz | Es war ein Abend in Valencia voller Wut und Trauer: Angehörige
       der Überschwemmungsopfer stellten sich während des Gedenkgottesdienstes dem
       valencianischen Regionalpräsidenten Carlos Mazón in den Weg. Dieser
       erinnerte am Montagabend der 222 Toten und vier Verschwundenen, die bei
       [1][dem Hochwasser Ende Oktober verunglückten.]
       
       Eine Frau, die ihren Vater bei der Tragödie verloren hatte, verließ gar die
       Kathedrale, als Mazón sie betrat. „Ich glaube, sie haben ihre Arbeit nicht
       gemacht“, beschwerte sie sich gegenüber der Presse und beschimpfte die
       Politiker als „Mörder“.
       
       Erzbischof Enrique Benavent, der die Messe gemeinsam mit den Pfarrern aus
       den betroffenen Gemeinden feierte, weiß von der angespannten Stimmung und
       mahnte dazu, dass „die Schwierigkeiten nicht dazu führen, dass wir in
       mangelnde Solidarität verfallen, dass Unterschiede nicht zu Spaltungen
       werden“.
       
       Doch niemand kann und will vergessen, dass Mazón an jenem 29. Oktober, als
       es im Landesinneren in wenigen Stunden so viel regnete wie sonst in einem
       Jahr, [2][zu spät zur Krisensitzung kam]. Er traf sich stattdessen in einem
       für Verschwiegenheit bekannten Restaurant mit einer Journalistin.
       
       ## Keine offizielle Einladung für Angehörige
       
       Es ist unklar, ob dies ein politisches Zusammenkommen war, wie Mazón später
       behauptete, oder ein privates, wie Teile der Presse vermuten. Sicher ist
       hingegen, dass die Hochwasserwarnung für die bedrohten Gebiete erst auf den
       Handys zu sehen war, als es bereits zu spät war. Die Flüsse weiter unten
       nahe der Küste waren längst meterhoch über die Ufer getreten. Viele, derer
       in der Messe gedacht wurde, waren da bereits in den Fluten ertrunken.
       
       Neben mehreren Ministern aus Madrid und dem spanischen Königspaar nahmen
       auch 400 Angehörige der Opfer an der Gedenkveranstaltung teil. Viele
       beschwerten sich, nicht offiziell eingeladen worden zu sein. Statt von den
       Behörden wurden sie von der Diözese über den geplanten Trauergottesdienst
       informiert. Nur König Felipe VI. und Frau Letizia betraten das Gotteshaus
       durch den Haupteingang.
       
       Die Politiker nutzten einen für sie reservierten Zugang. Oppositionsführer
       Alberto Nuñez Feijóo, dessen Partido Popular (PP) Mazón angehört, kam zu
       spät und Ministerpräsident Pedro Sánchez blieb der Trauerfeier gleich ganz
       fern. Er sieht sich von der PP Vorwürfen ausgesetzt, zu spät reagiert zu
       haben, und das, obwohl die Zuständigkeit für Katastrophenschutz eindeutig
       bei den Regionen liegt.
       
       Mazón, der an jenem tragischen Tag versagte, will sich jetzt als derjenige
       präsentieren, der entschlossen den Wiederaufbau der betroffenen Gemeinden
       vorantreibt. Er engagierte eigens dafür einen Ex-General und machte ihn zum
       Vizepräsidenten seiner Regionalregierung. Nicht ganz ohne Polemik: Denn
       während die Gelder für den Wiederaufbau hauptsächlich aus Madrid kommen,
       ließ Mazón die Obergrenze für Regierungsgehälter aufheben, um eben jenen
       General mit einem Jahresgehalt von weit über 130.000 Euro zu versehen.
       
       ## Mazón vergibt Aufträge an zwielichtige Firmen
       
       Der Regionalpräsident denkt in schweren Stunden auch an diejenigen, die in
       der Region Valencia seiner PP immer treu waren. So wurden in den
       vergangenen Wochen Aufträge in zweistelliger Millionenhöhe an Unternehmen
       vergeben, die in den größten Korruptionsskandal Spaniens verstrickt waren.
       
       Laut Recherchen der Tageszeitung El País soll die konservative Partei
       mindestens 20 Jahre lang von Bau- und anderen Unternehmern nicht gemeldete
       Spenden in bar erhalten haben. Diese sollen jetzt öffentliche Einrichtungen
       wie Nahverkehrsbahnlinien, Staudämme und Kläranlagen wieder herrichten.
       
       Mazón will außerdem den sogenannten „Territorialen Aktionsplan“
       reformieren. Er gibt an, damit weitere Baumaßnahmen vorantreiben zu wollen,
       um Gemeinden entlang der Flüsse zu sichern, die für die Überschwemmungen
       verantwortlich waren. Opposition und Umweltschutzverbände werfen Mazón vor,
       nur eines im Sinne zu haben: mehr Bauland zu schaffen. Der Plan war von der
       linksalternativen Vorgängerregierung zum Landschaftsschutz erlassen worden.
       
       10 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Flutkatastrophe-in-Spanien/!6047450
   DIR [2] /Flutkatastrophe-in-Valencia/!6049475
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Spanien
   DIR Hochwasserschutz
   DIR Hochwasser
   DIR Madrid
   DIR Gedenken
   DIR Spanien
   DIR Spanien
   DIR Galizien
   DIR Spanien
   DIR Spanien
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nach der Flutkatastrophe in Spanien: Auferstehen aus dem Schlamm
       
       Die Stadt Paiporta gilt als „Ground Zero“ der Überschwemmungen im Oktober
       2024 im Spanien. Drei Monate später sind die Aufräumarbeiten in vollem
       Gang.
       
   DIR „50 Jahre in Freiheit“ nach Francos Tod: Spaniens Konservative kritisieren Gedenkjahr
       
       In Spanien bricht Streit aus um das Gedenkjahr zu Francos Tod vor 50
       Jahren. Die rechte Opposition läuft Sturm gegen die Veranstaltungen.
       
   DIR Proteste im spanischen Galicien: Zellstoff-Gigant am Jakobsweg
       
       Der portugiesische Konzern Altri will im Nordwesten Spaniens eine große
       Fabrik bauen. Die Region sorgt sich um ihre Umwelt – und den
       Pilgertourismus.
       
   DIR Flutkatastrophe in Valencia: Schuld sind die anderen
       
       Nach dem Hochwasser Ende Oktober lehnt Valencias Regionalpräsident, Carlos
       Mazón, einen Rücktritt ab. Eigene Versäumnisse sieht er nicht.
       
   DIR Fake-Videos von Flut-Folgen in Spanien: Falschmeldungen zur Flutkatastrophe überfluten Medien
       
       In Spanien häufen sich Falschmeldungen zur Flutkatastrophe – oft lanciert
       von der extremen Rechten und mithilfe von Russland.
       
   DIR Flutkatastrophe in Spanien: Vor dem Nichts
       
       In Spanien wird nach der Flut das Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Zu Besuch
       bei Menschen, die fast alles verloren haben.