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       # taz.de -- Neue Regierung in Brandenburg: Von Eierköniginnen, Fachfremden und Wagenknecht-Getreuen
       
       > Die neue Brandenburger Landesregierung aus SPD und BSW steht. Am Mittwoch
       > sollen die elf Minister:innen vereidigt werden. So jedenfalls der
       > Plan.
       
   IMG Bild: Niels-Olaf Lüders und Robert Crumbach fürs BSW und Dietmar Woidke und Daniel Keller für die SPD am Dienstag mit Koalitionsvertrag
       
       Berlin taz | Knapp drei Monate nach der [1][Landtagswahl in Brandenburg]
       haben SPD und BSW am Dienstag in Potsdam ihren Koalitionsvertrag
       unterzeichnet. Titel: „Brandenburg voranbringen – Bewährtes sichern. Neues
       schaffen.“ Es ist die Basis, auf der sich SPD-Ministerpräsident Dietmar
       Woidke am Mittwoch dann auch wiederwählen lassen will. Im Anschluss sollen
       seine elf Minister:innen vereidigt werden. So jedenfalls der Plan.
       
       Aufseiten der SPD, die sieben Ressorts erhält, hat eine Besetzung dabei
       schon vorab hohe Wellen geschlagen. Die designierte Landwirtschafts- und
       Umweltministerin Hanka Mittelstädt war bislang Chefin eines
       Agrarlobbyverbands. Zugleich ist sie Geschäftsführerin des
       Massentierhaltungsbetriebs Ucker-Ei.
       
       Auch diesen Posten müsste die 37-Jährige bis Mittwoch eigentlich abgeben.
       So ist es gesetzlich vorgeschrieben. Einem Bericht der B.Z. zufolge ist
       offen, ob es der „Eierkönigin“ Mittelstädt bis dahin gelingt, einen Termin
       beim Notar zu bekommen, um das Unternehmen an ihre Mutter zu überschreiben.
       
       ## Wirtschaftsminister ohne Expertise
       
       Beim neuen SPD-Wirtschaftsminister Daniel Keller drohen zwar, so weit
       bekannt, anders als bei Mittelstädt keine Interessenkonflikte. Allerdings
       ist er bislang auch nicht durch Expertise in Sachen Wirtschaft aufgefallen.
       Dafür gilt der bisherige SPD-Fraktionschef als Machtfaktor in der
       Landespartei.
       
       Der 38-Jährige beerbt seinen Parteifreund Jörg Steinbach, der maßgeblich
       mit dafür gesorgt hatte, dass die US-Autobaufirma Tesla nach Grünheide
       geholt wurde. In einer Koalition mit der Wagenknecht-Partei wollte
       Steinbach [2][nicht weiter als Minister zur Verfügung stehen].
       
       Weit weniger Berührungsängste mit dem BSW hat die neue Innenministerin
       Katrin Lange. Als bisherige Finanzministerin hatte die Genossin vom rechten
       SPD-Flügel [3][immer wieder die Russland-Sanktionen kritisiert]. Nun wird
       die 52-Jährige dafür zuständig sein, eine harte Linie in der Innenpolitik
       durchzudrücken. Das heißt laut Koalitionsvertrag vor allem eines: deutlich
       mehr Abschiebungen.
       
       Ansonsten setzt die SPD auch auf Kontinuität. So bleibt die Leitung der
       Staatskanzlei in der Hand von Kathrin Schneider, Steffen Freiberg wird
       weiterhin das große Problemressort Bildung beackern und die in der Partei
       beliebte [4][Manja Schüle als Wissenschaftsministerin] weitermachen. Neu im
       Minister-Boot ist Benjamin Grimm. Der bisherige Digitalisierungsbeauftragte
       des Landes Brandenburg und Chef des SPD-Kreises Oberhavel soll
       Justizminister werden.
       
       ## Finanzen, Infrastruktur und Gesundheit gehen an BSW
       
       Wie Grimm, aber eben auch Landwirtschaftsministerin Mittelstädt und
       Wirtschaftsminister Keller haben auch die drei designierten
       Ressortchef:innen des BSW keine Erfahrung in der Leitung großer Häuser.
       Zwei der drei gelten schon länger als gesetzt.
       
       So wird das bisher von der Sozialdemokratin Lange geführte Ressort Finanzen
       an den BSW-Landeschef und ehemaligen SPD-Genossen Robert Crumbach fallen.
       Im taz-Interview kündigte der 62-Jährige schon mal [5][einen knackigen
       Sparkurs] an.
       
       Das für Bau und Verkehr zuständige Infrastrukturministerium soll [6][der
       Wagenknecht-Getreue Detlef Tabbert] übernehmen. Der langjährige
       Linken-Bürgermeister von Templin hatte die Stadt zu einer Vorreiterin für
       einen kostengünstigen ÖPNV gemacht. Für gut vier Euro im Monat können die
       Templiner:innen [7][unbegrenzt den Nahverkehr nutzen]. Seinen Wechsel
       zum BSW begründete der 64-Jährige unter anderem mit seiner Unzufriedenheit
       über die Flüchtlingspolitik der Linken.
       
       Ursprünglich aus der SPD kommt wiederum die neue Gesundheitsministerin
       Britta Müller. Die inzwischen Parteilose ist die einzige Überraschung auf
       dem Ticket des BSW. Müller ist aktuell Chefin der Pflegekasse der AOK in
       Sachsen-Anhalt. Am Dienstag erklärte die 53-Jährige, sie werde die
       Krankenhausreform umsetzen. Das BSW hatte das Vorhaben – [8][wie zuletzt
       auch Woidke – bitter bekämpft].
       
       Ob der Regierungswechsel von SPD, CDU und den schon zuvor gefeuerten Grünen
       zu SPD und BSW letztlich so glatt über die Bühne geht, wie
       Ministerpräsident Woidke und seine Vize in spe Crumbach im Vorfeld
       suggeriert haben, wird sich zeigen. SPD und BSW haben im Landtag nur eine
       Stimme mehr als die notwendige Mehrheit.
       
       11 Dec 2024
       
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   DIR Rainer Rutz
       
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