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       # taz.de -- taz-adventskalender „24 stunden“ (15): 15 Uhr auf dem Sofa
       
       > Schwitzen wie Zidane und ordentlich Zeit fürs Rumanalogisieren:
       > Niedergestreckt von einem Virus schrumpft die eigene Welt schnell auf
       > Sofagröße.
       
   IMG Bild: Tee ist auch alle
       
       Stressig und chillig, hässlich und schön, herzerwärmend und abstoßend:
       Berlin hat viele Seiten, rund um die Uhr. In diesem Advent hangeln wir uns
       durch 24 Stunden Hauptstadtleben und verstecken jeden Tag aufs Neue 60
       Minuten Berlin hinter unserem [1][taz-berlin-Kalendertürchen]. Heute: ab 15
       Uhr in Sofas Welt, zur Abwechslung mal in Brandenburg. 
       
       Nur kurz Tee gekocht, auf Toilette gewesen und nun wieder zurück auf dem
       Sofa. Schwer vorzustellen, dass es mal eine andere Welt gab als Sofas Welt.
       Ein [2][fieser Virus] hat Besitz von mir ergriffen, lässt mich bellen wie
       ein Wachhund und schwitzen wie Zinedine Zidane. Normalerweise belle und
       schwitze ich nicht.
       
       Es ist 15 Uhr und Zeit für Sofagedanken. Ich tippe das alles ins Handy,
       Kraft zum Aufstehen habe ich nicht. Auch keine Kraft zu Lesen. Für
       [3][Sofagedanken] reicht es. Zum Beispiel für den, ob um 15 Uhr der
       Nachmittag beginnt?
       
       Er wird wohl irgendwo zwischen Mittag und frühem Abend beginnen. Googeln
       werde ich jetzt nicht, das würde mich von den Sofagedanken ablenken. 15.00,
       das ist fast wie 1500. In diesem Jahr, das sagen die Geschichtskundigen,
       begann die Frühe Neuzeit. War das der Nachmittag der Geschichte? Das hieße
       ja, dass wir es jetzt 20.24 Uhr hätten. Vorbei ist die „Tagesschau“, und
       wenn der „Tatort“ zu Ende ist, schreiben wir das Jahr 2145. Wie schnell die
       Zeit vergeht.
       
       ## Sofa, Schesslong, Couch: Hertha hat verloren
       
       Warum heißt das Sofa eigentlich Sofa? Meine Oma hat dazu [4][immer
       Schesslong gesagt], das ist Französisch und ein Beispiel dafür, dass die
       napoleonische Besatzung im Schwäbischen auch hübsche Spuren und Wörter
       hinterlassen kann. Mir gefällt das mit dem „Langen Stuhl“. Er entspricht
       meiner Liegeposition. Mit dem Wort Couch kann ich nichts anfangen.
       
       15.15 Uhr, Zeit für den Sport im Inforadio. Hertha hat wieder einmal
       verloren. Diesmal sogar gegen einen Abstiegskandidaten. Gegen Preußen
       Münster. Nicht mal ihre einstige Besitzung in Westfalen hat Preußens
       ehemalige Hauptstadt unter Kontrolle. Warum spielen die immer, als lägen
       sie in Gedanken auf dem Sofa?
       
       Wenn ich die Augen schließe, sehe ich durchs Fenster kein Brandenburger
       Dezemberwetter mehr. Nun kann ich meine Gedanken auf Reisen schicken. Wo
       wäre ich jetzt gerne? Irgendwo am Meer vielleicht, wo es im Dezember kein
       Dezemberwetter gibt. Im Januar war ich auf den Kapverdischen Inseln, da
       würde ich gerne wieder hin. Aber was, wenn da kein Sofa wäre?
       
       So langsam beginnt es draußen zu dämmern. Die [5][Niederschlagung des
       Bauernaufstands] 1525, als kurz vor halb vier. Der Augsburger
       Religionsfrieden, der die Glaubenskriege um 15.55 Uhr nur eingefroren hat,
       bevor sie um 16.18 Uhr wieder aufflammten. Ich glaube, ich lasse das mit
       dem Rumanalogisieren von Stunde und Jahr.
       
       Der Tee ist alle. Mein Nacken ist steif. Ich könnte weiterschreiben, würde
       ich das mit der Spracherkennung beherrschen. So aber muss ich aufhören.
       Boomer sein hat was Beruhigendes. Selbst beim Bellen auf dem Sofa.
       
       15 Dec 2024
       
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       ## AUTOREN
       
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