# taz.de -- Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen: Norwegen liberalisiert Abtreibungen
> Zukünftig können Schwangere in Norwegen bis zur 18. Woche abtreiben. Das
> neue Gesetz soll im Sommer in Kraft treten
IMG Bild: Ingvild Kjerkol, ehemalige Gesundheitsministerin aus der norwegischen „Arbeiderpartiet“, freut sich im Parlament über den Erfolg
Härnösand taz | Während in Deutschland noch diskutiert wird, ob Abtreibung
[1][außerhalb des Strafgesetzbuchs] geregelt werden könnte, hat Norwegen
seine Gesetzgebung weiter liberalisiert: Dort ist die Entscheidung, eine
Schwangerschaft abzubrechen, künftig bis zur 18. Woche allein der
Betroffenen überlassen. In dem bisherigen, fast 50 Jahre alten
Abtreibungsgesetz des Landes liegt die Grenze bei zwölf Wochen.
Das neue Gesetz, das im Sommer in Kraft treten soll, regelt zudem weitere
Fragen rund um [2][Schwangerschaftsabbrüche] – so wird medizinisches
Personal, das eine Mitwirkung an Abtreibungen aus Gewissensgründen ablehnt,
rechtlich abgesichert.
Das Parlament in Oslo stimmte dem Gesetzesvorschlag des sozialdemokratisch
geführten Gesundheitsministeriums vergangene Woche mit großer Mehrheit zu –
115 Ja-Stimmen vor allem aus dem linken Parteienspektrum standen 53
Ablehnungen gegenüber.
Der Koalitionspartner der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die
Zentrumspartei, wollte es bei den zwölf Wochen belassen, überließ es aber
ihren Abgeordneten, nach eigenem Gewissen abzustimmen. Das taten auch die
konservative Partei Høyre und die rechtspopulistische Fortschrittspartei.
Die Christliche Volkspartei als entschiedene Gegnerin stimmte als einzige
geschlossen gegen den Vorschlag.
## Recht auf Beratung gesetzlich festschreiben
Zu den Änderungen gehört, dass die medizinisch-ethischen Gremien, die einer
späteren Abtreibung – künftig also nach der 18. Woche – zustimmen müssen,
in der Mehrzahl von Frauen besetzt sein müssen. Das Parlament forderte nun,
auch für Schwangere, deren später Abbruchwunsch abgelehnt wird, das Recht
auf anschließende beratende Begleitung gesetzlich festzuschreiben. Ein
solches Recht nach einer Abtreibung ist bereits Teil des Gesetzentwurfs.
[3][Die Debatte wurde in Norwegen] ähnlich emotional geführt wie in
Deutschland: Die Ausweitung der Frist würde es Frauen zu leicht machen und
zu mehr Abtreibungen führen, meinen die Einen.
Niemand entscheide leichtfertig über eine Abtreibung, nur weil sie
liberaler geregelt sei, betont sinngemäß die andere Seite: Eine solche
Entscheidung bleibe persönlich belastend und schwierig.Laut einer Umfrage
des Norwegischen Rundfunks (NRK) war knapp die Hälfte aller Befragten für
die neue 18-Wochen-Grenze, unter den 18- bis 29-Jährigen war die Zahl höher
– bei 63 Prozent.
In Norwegen mit seinen knapp 5,6 Millionen Einwohnern werden pro Jahr rund
12.000 Abtreibungen durchgeführt, davon 80 Prozent vor der neunten Woche,
etwa 5 Prozent nach der zwölften Woche. Im Nachbarland Schweden gilt die
18-Wochen-Grenze für Abtreibungen bereits seit 1975.
12 Dec 2024
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## AUTOREN
DIR Anne Diekhoff
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