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       # taz.de -- Angriffswelle bei Russlands Verbündeten: Syrien ist verloren, was ist nun mit Afrikas Sahelzone?
       
       > Die Militärregierungen in Mali, Niger und Burkina Faso nähern sich
       > Russland immer weiter an. Islamistische Kämpfer verstärken nun ihre
       > Angriffe.
       
   IMG Bild: Wladimir Putin empfängt Nigers neuen Botschafter Abdou Sidikou Issa im Kreml, 5. November
       
       Berlin taz | Ein Tag bevor Syriens Rebellen ihre Offensive gegen das
       Assad-Regime begannen, reiste eine hochrangige russische
       Regierungsdelegation nach Afrika. [1][Angeführt von Vizepremierminister
       Alexander Nowak] und mit dem für Russlands Auslandseinsätze zuständigen
       Vizeverteidigungsminister Junus-bek Jewkurow im Tross, flogen die Vertreter
       Moskaus zuerst am 26. November nach Libyen [2][zu General Haftar] und dann
       weiter in die drei Sahelstaaten, wo mit Russland verbündete
       Militärputschisten herrschen: Mali, Burkina Faso und Niger.
       
       Es ging bei dem „Freundschafts- und Arbeitsbesuch“ natürlich auch um
       militärische Zusammenarbeit. [3][Malis Militärregierung erklärte], ihr Land
       wolle mit Russland „die historischen Beziehungen auf ein noch höheres
       strategisches Niveau anheben“. Niger bekam eine „große Lieferung
       Militärmaterial“, gab das dortige Verteidigungsministerium bekannt.
       
       Glaubt man den offiziellen Verlautbarungen, wird die afrikanische Sahelzone
       als neues Projektionsfeld für Russlands globalen Machtanspruch immer
       wichtiger. Aber die zentrale Erwartung der afrikanischen Generäle – mit
       Russland endlich einen Partner zu finden, der mit ihnen ebenso
       rücksichtslos wie vor zehn Jahren in Syrien Rebellengruppen vernichtet –
       rückt in immer weitere Ferne.
       
       In Niger starben in den zwölf Monaten nach dem Militärputsch von Juli 2023,
       der prorussische Generäle an die Macht brachte, 1.500 Menschen bei
       Angriffen bewaffneter islamistischer Gruppen beziehungsweise Kämpfen
       zwischen ihnen und der Armee. In den zwölf Monaten davor waren es 650
       gewesen.
       
       ## Der Krieg wird immer blutiger
       
       Zunehmende Todeszahlen verzeichnen auch Mali und Burkina Faso. Mitte
       September überfielen islamistische Kämpfer militärische Einrichtungen,
       sogar [4][mitten in Malis Hauptstadt Bamako].
       
       In Burkina Faso wird der Krieg zwischen der von russischen Beratern
       unterstützten Armee und der zu al-Qaida gezählten islamistischen JNIM
       (Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime) im Norden des
       Landes immer blutiger: [5][Bis zu 600 Menschen] sollen Ende August im Ort
       Barsalogho massakriert worden sein, als JNIM mit Sturmgewehren das Feuer
       auf Menschen eröffnete, die Schützengräben aushoben.
       
       Die Behörden sprachen von toten Zivilisten, JNIM von toten Paramilitärs.
       Lokale Gruppen sagten, die Armee habe die Bevölkerung gezwungen,
       Verteidigungslinien auszuheben, mit tödlichem Ergebnis.
       
       In Niger hat es in der vergangenen Woche ebenfalls eine Reihe von Massakern
       gegeben. Bewaffnete [6][überfielen am vergangenen Dienstag den Wochenmarkt
       der Stadt Téra] nahe der Grenze zu Burkina Faso und töteten mindestens 90
       Soldaten und 50 Zivilisten – der blutigste Angriff in Niger seit sechs
       Monaten. Weitere Tote in derselben Region gab es an den beiden Folgetagen.
       
       ## Ökonomische Lebensader angegriffen
       
       Durch diese Gegend verläuft die wichtigste Straßenverbindung von Nigers
       Hauptstadt Niamey nach Burkina Faso, von wo aus es weitergeht nach Togo und
       seinem Atlantikhafen Lomé. Es ist eine ökonomische Lebensader. Die neue
       Angriffswelle wird dem „Islamischen Staat der Großen Sahara“ (ISGS)
       zugeschrieben, der sich mit JNIM in mörderischer Konkurrenz befindet.
       Zugleich kommen die Angriffe damit Nigers Hauptstadt Niamey ungemütlich
       nahe.
       
       Zunehmend nehmen die Islamisten auch die Russen selbst ins Visier. Ende
       Juli [7][starben mehrere Dutzend russische Kämpfer] beim vergeblichen
       Versuch, den Ort Tinzaouaten an Malis Grenze zu Algerien von
       Tuareg-Rebellen zu erobern – die höchsten Opferzahlen seit Beginn der
       russischen Militärintervention. In der Folge riet Russland seinen Bürgern
       von Reisen nach Mali und Niger ab. Eine Woche später präsentierte JNIM in
       Niger zwei russische Geiseln.
       
       Was bedeutet die Anlehnung dieser Länder an Moskau nun, da Russland Syriens
       Assad-Regime widerstandslos fallen gelassen hat? „Bamako, Niamey und Ouaga
       sind nicht Damaskus“, [8][schrieb ein nationalistischer malischer
       Kommentator] am Freitag auf X – eher appellativ – in Bezug auf die
       Hauptstädte von Mali, Niger und Burkina Faso. „Wir beten.“
       
       15 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/LiptakoGourma3/status/1862504774572056998
   DIR [2] https://x.com/TheLibyaUpdate/status/1861744156323860498
   DIR [3] https://koulouba.ml/le-president-de-la-transition-le-general-darmee-assimi-goita-recoit-en-audience-monsieur-alexandre-novak-vice-premier-ministre-de-la-federation-de-russie/
   DIR [4] /Kampf-gegen-Islamisten/!6038779
   DIR [5] https://edition.cnn.com/2024/10/04/africa/burkina-faso-massacre-600-dead-french-intel-intl/index.html
   DIR [6] https://www.rfi.fr/fr/afrique/20241211-niger-lourd-bilan-attaque-jihadiste-la-plus-meurtri%C3%A8re-dans-le-pays-depuis-six-mois
   DIR [7] /Rebellen-in-Mali/!6023796
   DIR [8] https://x.com/Miniankakeh/status/1867526912824029677
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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