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       # taz.de -- Neue Schengenländer: Spätes Ende einer Diskriminierung
       
       > Für Rumänien und Bulgarien herrscht endlich Reisefreiheit ohne
       > Grenzkontrollen. Schuld an der Hängepartie war die ÖVP Österreichs – aus
       > innenpolitischen Gründen.
       
   IMG Bild: Grenze zwischen Rumänien und Griechenland: Ab sofort freie Fahrt
       
       Rumänien und Bulgarien, willkommen bei Schengen! Das twitterte Roberta
       Metsola zwei Minuten nach Mitternacht am Neujahrstag. Die Präsidentin des
       Europäischen Parlaments begrüßte, dass die beiden EU-Länder nun auch
       endlich in die Zone ohne Binnengrenzkontrollen aufgenommen werden. Nun
       sprach sich schon im Juli 2023 das EU-Parlament mit großer Mehrheit für die
       möglichst rasche Aufnahme Rumäniens und Bulgariens aus. Die Schengen-Zone
       sei eine der „spürbarsten Errungenschaften der europäischen Integration“,
       wie es im Abstimmungstext hieß. Es sei inakzeptabel, dass die Bürger mit
       teils tagelangen Wartezeiten, wirtschaftlichen Verlusten und unnötigen
       Abgasen an der Grenze diskriminiert würden.
       
       Dass der Beitritt erst jetzt stattfinden konnte, lag an Österreich. Zwei
       Jahre lang hatte Wien blockiert. Das Veto im EU-Ministerrat, damals noch
       gemeinsam mit den Niederlanden, kam Ende 2022 überraschend. Als Grund
       nannte Wien Sorgen vor unzureichendem Außengrenzschutz und verstärkter
       „illegaler Migration“ von Drittstaatsbürgern.
       
       Zahlreiche Experten zweifelten diese Argumentation an. Nicht ohne Grund
       bescheinigte die Europäische Kommission schon 2011 beiden Staaten, alle
       Kriterien zu erfüllen – eben auch funktionierende Kontrollen an den
       Außengrenzen. Leidtragende waren etwa die mehr als drei Millionen Rumänen
       und eine Million Bulgaren, die im EU-Ausland leben. Boykottaufrufe gegen
       österreichische Firmen, eine einberufene Botschafterin in Bukarest, Kritik
       aus halb Europa waren die Folge.
       
       Der wahre Grund war ein anderer: Die Landtagswahl in Niederösterreich, dem
       für die ÖVP wichtigsten Bundesland. Die Partei hatte dort mit großen
       Verlusten zu rechnen und versuchte, die FPÖ rechts außen zu überholen –
       daher das Veto. Die Strategie ging nicht auf, die ÖVP verlor massiv.
       
       ## Kurswechsel der ÖVP
       
       Im [1][Dezember nun hat die ÖVP, kurz vor Ausscheiden der von ihr
       angeführten Bundesregierung, ihr Nein aufgehoben]. Die Zahl illegaler
       Einwanderer in Österreich sei zurückgegangen, argumentierte
       ÖVP-Innenminister Karner. Wichtiger wohl: Die Partei hat damit nichts mehr
       zu gewinnen oder zu verlieren. Die Nationalratswahl vom Herbst hat sie
       ohnehin schon verloren.
       
       [2][Anders ist das für die Bürger Rumäniens und Bulgariens, die nun endlich
       aufatmen können]. In den vergangenen Jahren hatten sich viele als Europäer
       zweiter Klasse gefühlt. Das beförderte die politische Instabilität in
       Bukarest und Sofia. Das sachlich nicht gerechtfertigte Veto hat zum Zulauf
       für Populisten und Russlandfreunde gewiss beigetragen. Die
       Schengen-Aufnahme kommt daher keinen Tag zu früh.
       
       1 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Bayer
       
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