# taz.de -- Vorratsdatenspeicherung unter Rot-Grün: Koalition weiß nicht genau, ob sie Daten will
> Die Regierung verkündet, dass sie eine Speicherpflicht für IP-Adressen
> will. Grüne dementieren aber einen neuen Kurs bei der
> Vorratsdatenspeicherung.
IMG Bild: Welcher User steckt dahinter? Ermittlungsbehörden wünschen sich schon lange mehr Befugnisse im Netz
Berlin taz | Sollte es nach der Bundestagswahl zur Großen Koalition kommen,
wird die Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen wohl Wirklichkeit: Die
Union hat aus der Opposition heraus schon einen Gesetzentwurf vorgelegt,
der Internetanbieter verpflichten würde, Benutzerdaten für drei Monate zu
speichern. Ermittlungsbehörden könnten dadurch Tatverdächtige im Netz
leichter identifizieren. Aus der SPD gibt es zwar Widerspruch im Detail,
aber wenig grundsätzliche Ablehnung. [1][Innenministerin Nancy Faeser
wünscht sich schon lange] eine entsprechende Regelung.
Möglicherweise geht es nun aber sogar noch schneller. Mit der FDP haben die
einen Kritiker*innen die Koalition verlassen. Und bei den Grünen könnte
es überraschenderweise Bewegung geben. Danach klingt zumindest eine
Äußerung von Regierungssprecherin Christiane Hoffmann vom Montag.
Es brauche „die rechtssichere Speicherpflicht von IP-Adressen“, schrieb sie
in einer Mitteilung an die Mitglieder der Bundespressekonferenz. Die
Speicherung von IP-Adressen sei im Kampf gegen Kriminalität und Terror von
entscheidender Bedeutung. „Die Bundesregierung wäre bereit, diese
einzuführen. Wenn sich hierfür neue Mehrheiten im Bundestag finden lassen,
kämen wir im Kampf gegen Terrorismus einen essentiellen Schritt weiter.“
[2][Fachmedien wie das Portal heise.de folgerten verständlicherweise]: Die
Regierung will die Vorratsdatenspeicherung.
Zwei Tage später ist aber unklar, was Hoffmann tatsächlich sagen wollte –
und ob grüne Regierungsmitglieder wirklich auf den SPD-Kurs eingeschwenkt
sind. „Unsere Position ist unverändert“, [3][schrieb die grüne
Umweltministerin Steffi Lemke auf der Plattform Bluesky]. Ihr seien auf
Kabinettsebene keine anders lautenden Beschlüsse bekannt. Eine Anfrage der
taz an das Bundespresseamt, ob es in der Regierung eine Einigung gab, blieb
an Neujahr bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Widerspruch kommt auch aus der Fraktion der Grünen im Bundestag, die einer
entsprechenden Gesetzesänderung ebenfalls zustimmen müsste. „Unsere
Position ist unverändert“, sagte der Rechtspolitiker Helge Limburg im
Gespräch mit der taz. „Wir sind offen dafür, die Möglichkeiten der
Sicherheitsbehörden zu erweitern – zum Beispiel mit dem
Quick-Freeze-Verfahren. Aber eine anlasslose und massenhafte Speicherung
mit ausufernden Fristen lehnen wir weiterhin ab.“
Einen Gesetzesvorschlag zum genannten Quick-Freeze-Verfahren [4][hatte das
Justizministerium noch unter Marco Buschmann (FDP) erarbeitet]. Es geht
dabei nicht nur um IP-Adressen, sondern um vielfältige
Telekommunikationsdaten. Die Anbieter wären aber nicht verpflichtet, die
Daten anlasslos von all ihren Nutzer*innen aufzubewahren. Erst auf einen
richterlichen Beschluss hin müssten sie Informationen speichern, die für
konkrete Ermittlungen relevant sind. Durch das Kabinett hat es der Entwurf
vor dem Regierungsbruch aber nicht mehr geschafft.
1 Jan 2025
## LINKS
DIR [1] /EuGH-Urteil-zu-Vorratsdatenspeicherung/!6008093
DIR [2] https://www.heise.de/news/Nach-Magdeburg-Bundesregierung-will-Vorratsdatenspeicherung-10222129.html
DIR [3] https://bsky.app/profile/steffi-lemke.de/post/3lelr3rmu6c2b
DIR [4] /Quick-Freeze/!6040210
## AUTOREN
DIR Tobias Schulze
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