URI: 
       # taz.de -- Fracking und Flüssiggas: Gas, eine nötige Übergangsenergie
       
       > Ja, Erdgas ist fossil und klimaschädlich. Aber für die
       > Versorgungssicherheit von Wirtschaft und Privathaushalten bleibt es erst
       > einmal nötig.
       
   IMG Bild: Mit flüssigem Erdgas beladenes Tankschiff am schwimmenden LNG-Terminal in Wilhelmshaven
       
       Glücklicherweise unterscheidet sich die aktuelle Situation deutlich von der
       vor drei Jahren. Damals fielen russische Truppen in die Ukraine ein – und
       viele Leute befürchteten, die hiesigen Heizungen könnten im Winter kalt
       bleiben. Nun ereignet sich ein weiterer Schritt der Abkoppelung von
       Energielieferungen aus Russland, [1][denn die Ukraine hat die Durchleitung
       von russischem Erdgas nach Österreich und der Slowakei gestoppt]. Doch kaum
       jemand regt sich darüber auf. Das liegt auch an der Existenz der
       umstrittenen deutschen Flüssiggasterminals, die helfen, die Versorgung der
       Nachbarländer sicherzustellen.
       
       Denn so muss Energieversorgung aussehen: sicher, bezahlbar und ökologisch.
       Alle drei Punkte sind wichtig, wer den letzten erreichen will, muss darauf
       achten, dass nicht unterwegs die Unterstützung verloren geht. Nicht genug
       Strom oder Heizwärme, dunkle und kalte Wohnungen, Preise, die durch die
       Decke gehen? Nicht mal die Angst davor sollte man den Leuten zumuten. In
       den Augen der Mehrheit darf die Transformation zur Klimaneutralität das
       etablierte Lebensmodell nicht infrage stellen.
       
       Wer diesen Dreisprung vergeigt, wird sich nicht lange in politischer
       Verantwortung und einer Bundesregierung halten. Die Grünen und ihr
       Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck mussten das erfahren. 2022
       haben sie die auf den russischen Angriff folgende Energiekrise zwar
       gemeistert, dann aber in den Augen vieler beim Gebäudeenergiegesetz
       überzogen. Die Vorwürfe („zu teuer“, „Ideologie“) von links, aus der Mitte
       und von rechts muss man nicht teilen, dennoch haben sie die Umweltpartei
       massiv Zustimmung gekostet. Als linke Ökologen mag man sich das anders
       wünschen, aber so ist die Realität.
       
       Die erneuerbaren Energien auszubauen ist richtig. Doch das lässt sich
       hierzulande nicht komplett bis 2030 bewerkstelligen, wie es konsequente
       Umweltschützer:innen verlangen. Selbst das geplante Ende des fossilen
       Energiesystems 2045 kommt ja quasi schon übermorgen, in nur 20 Jahren. Bis
       dahin brauchen wir einen verlässlichen, bezahlbaren Mix, der auch einen –
       abnehmenden – Anteil fossiler Energie beinhaltet.
       
       ## Die berühmten Dunkelflauten
       
       Darauf kann man nicht verzichten, weil das System erneuerbarer Energien
       alleine derzeit keine Versorgungssicherheit gewährleistet: In den berühmten
       Dunkelflauten liefern Wind- und Solarkraftwerke fast nichts;
       Reservekraftwerke müssen ran, vornehmlich mit Gas betriebene.
       
       Alles hat seinen Preis, ein gesellschaftlicher Kompromiss zum Übergang ins
       Zeitalter erneuerbarer Energien ebenfalls. Makellose Lösungen existieren
       selten. Auch das Zukunftsgas grüner Wasserstoff erfordert eine Industrie,
       die Schäden verursacht. Die Energiewende braucht Windräder und Leitungen,
       die teilweise die Landschaft verschandeln und entwerten. Wer für
       Elektrobatterien und Solarparks schwärmt, muss die Ausbeutung von
       Ressourcen hier und anderswo akzeptieren.
       
       Importhäfen für flüssiges Erdgas gehören ebenso zu den Schattenseiten.
       Dennoch wickeln sie eine Größenordnung von 10 Prozent der Gasimporte nach
       Deutschland ab. [2][Und die drei Flüssiggasterminals (LNG) in
       Wilhelmshaven, Brunsbüttel und auf Rügen spielen eine gewisse Rolle für die
       Versorgung] anderer europäischer Staaten, augenblicklich Österreichs und
       der Slowakei. In einer solchen, potenziell gefährlichen Lage vermitteln sie
       die Sicherheit, dass es ausreichende Möglichkeiten gibt, schnell große
       Gasmengen zu beschaffen und zu transportieren.
       
       ## LNG-Terminals sind richtig
       
       Damit üben sie eine beruhigende psychologisch-ökonomische Wirkung aus und
       tragen zur Dämpfung der Preise auf dem internationalen Gasmarkt bei – was
       gut ist für Privathaushalte und Unternehmen. So zeigt sich in der jetzigen
       Situation, dass die Bundesregierung richtig entschied, als sie diese
       zusätzliche Gasinfrastruktur aufbaute und teilweise staatlich finanzierte.
       
       Ob die Anlagen jedoch im kompletten geplanten Umfang überhaupt nötig sind,
       ist nicht ausgemacht. Weitere LNG-Import-Installationen sind in
       Vorbereitung. Das New Climate Institute und das Deutsche Institut für
       Wirtschaftsforschung (DIW) haben vorgerechnet, dass dieser Ausbau
       erhebliche Überkapazitäten schüfe. Wenn die Anlagen erst stehen, könnten
       sie als Rechtfertigung dienen, die fossile Gaswirtschaft weiter am Laufen
       zu halten. Zudem verursachen sie möglicherweise zu hohe Kosten für den
       Staat und ökologische Schäden in der Umgebung. Dass LNG zudem mit der
       umweltgefährdenden Frackingtechnik gewonnen wird, ist bekannt.
       
       Seine Nutzung sollte man deshalb auf das nötige Maß beschränken. Ein
       gewisser Sicherheitspuffer kann übergangsweise freilich helfen, die
       Versorgung zu gewährleisten.
       
       4 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutschland-unabhaengiger-von-Russland/!6056585
   DIR [2] /Chlor-Einsatz-in-LNG-Terminal-erlaubt/!6058004
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
   DIR Energiekrise 
   DIR LNG
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR LNG
   DIR Berlin
   DIR Klima
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Energiekrise 
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Energiekrise 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Umweltverbände fordern Ansage von Merz: Kein Flüssiggas aus Russland mehr
       
       Der deutsche Staatskonzern Sefe importiert LNG aus Russland.
       Umweltorganisationen fordern, dass der neue Kanzler Friedrich Merz etwas
       dagegen unternimmt.
       
   DIR Berlin-Brandenburg: Wohnungsverband gegen Rückabwicklung des Heizungsgesetzes
       
       Das Gebäudeenergiegesetz sollte den Austausch von Öl- und Gasheizungen
       beschleunigen. Die Wohnungswirtschaft warnt vor Rückabwicklung durch die
       CDU.
       
   DIR Wasserstoff: Hoffnungsträger der Energiewende
       
       Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Aber wo sollen die
       gigantischen Mengen herkommen, die Deutschland nutzen will? Und in welcher
       Form?
       
   DIR Vor Trumps zweiter Präsidentschaft: US-Banken verlassen internationale Klimaschutz-Allianz
       
       Große US-Banken treten aus einer von den UN unterstützten Klimavereinigung
       aus. Offenbar wollen sie Streit mit der künftigen Regierung vermeiden.
       
   DIR Russische Gaslieferungen nach Europa: Kein russisches Gas mehr durch die Ukraine
       
       Seit Beginn des Jahres fließt kein Gas aus Russland mehr durch die Ukraine.
       Damit verliert Gazprom Einnahmen in Milliardenhöhe. Welche Konsequenzen
       drohen Europa?
       
   DIR Deutschland unabhängiger von Russland: Gas-Transit über die Ukraine ist Geschichte
       
       Russisches Gas kommt nun nicht mehr über das angegriffene Land nach
       Mitteleuropa. Österreich und die Slowakei waren die letzten Abnehmer.
       
   DIR Noch ein Flüssiggas-Terminal: Ab 2027 Erdgas aus Stade
       
       Drei Flüssigerdgas-Terminals an Land sollen in Deutschland in Betrieb
       gehen. Der Bau des ersten in Stade hat begonnen. Umweltverbände
       protestieren.
       
   DIR Umweltverbände warnen vor Klimaeffekt: Klage gegen LNG-Terminal
       
       BUND und DUH wollen ein festes Terminal für Flüssiggas in Stade verhindern.
       Sie bezweifeln, dass die Anlage sicher und zukunftsfähig ist.