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       # taz.de -- Annalena Baerbock in Syrien: Unfreiwillige Misstöne
       
       > Der Besuch der Außenministerin in Damaskus war an Unbeholfenheit kaum zu
       > übertreffen. Die Europäer haben keinen Plan für die nächsten Schritte.
       
   IMG Bild: Außenministerin Baerbock während des Treffens mit Syriens Machthaber al-Schaara (mitte) und Frankreichs Außenminister Barrot
       
       Es hat seit dem Umsturz in Syrien vier Wochen gedauert, aber Annalena
       Baerbock und ihr französischer Amtskollege Jean-Noël Barrot haben nun
       [1][endlich den Weg nach Damaskus gefunden].
       
       Das meiste, was die deutsche Außenministerin dort öffentlich sagte, war
       allerdings so banal, dass man dafür nicht hätte verreisen müssen: Es gibt
       Grund zur Hoffnung und Grund zur Skepsis; es muss einen „inklusiven
       Transitionspfad“ geben, und Frauenrechte sind dafür der „Gradmesser“. Und
       natürlich darf der „innersyrische Prozess“, wie es heißt, „nicht von außen
       gestört werden“. Was einen gewissen Widerspruch zu den eigenen Forderungen
       darstellt. Aber Syrien hat momentan größere Sorgen.
       
       Denn so gut und überfällig es ist, dass die beiden größten EU-Mächte nun in
       Syrien das Gespräch mit der neuen Regierung suchten – so irritierend ist
       es, dass sie offenbar nichts im Gepäck hatten: keine konkreten Zusagen,
       keinen Plan für die eigenen nächsten Schritte.
       
       Kein Wunder, dass von diesem Besuch vor allem die Optik hängen bleibt. Der
       [2][Hilfs- und Wiederaufbaubedarf Syriens ist immens], aber das Flugzeug,
       aus dem Baerbock stieg, war in dieser Hinsicht leer. Beim Aussteigen trug
       sie eine kugelsichere Weste – als wähnte sie sich im Kriegsgebiet.
       
       ## Die Türkei und Saudi-Arabien wissen längst, was sie wollen
       
       Als sie [3][Revolutionsführer al-Scharaa] traf, streckte sie ihm die Hand
       aus, aber al-Scharaa begrüßte sie mit dem traditionellen Gruß zwischen Mann
       und Frau, also mit der Hand auf der eigenen Brust statt mit Handschlag –
       das hätte man eigentlich vorher klären können.
       
       Manche Deutsche lasen daraus ein islamistisches Bekenntnis ab und erklärten
       es zum Eklat, aber Berichten zufolge gab es beim Abschied die umgekehrte
       Szene, al-Scharaa streckte die Hand aus, Baerbock verzichtete. Der Eindruck
       der Unbeholfenheit bleibt, auf beiden Seiten.
       
       Mit Unbeholfenheit ist Syrien nicht geholfen. Irgendwann sollte Syrien
       erfahren, was die Europäer eigentlich wollen. Wissen sie es überhaupt
       selbst? Die Türkei und Saudi-Arabien wissen es längst. Da spielt die Musik
       – und zwar eine andere als die der unfreiwilligen Misstöne aus Berlin.
       
       5 Jan 2025
       
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