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       # taz.de -- Ferngesteuerte EU-Kommission: Ursula im hannoverschen Homeoffice
       
       > Die Präsidentin der EU-Kommission führt die Geschäfte krankheitsbedingt
       > von Hannover aus. Regeln für eine Vertretung gibt es nicht. Das hat
       > Gründe.
       
   IMG Bild: Ursula von der Leyen: Führt die EU-Geschäfte derzeit aus Hannover
       
       Brüssel taz | Die EU hat zu Jahresbeginn eine heimliche neue Hauptstadt
       bekommen: Hannover. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von
       der Leyen, leite die Arbeit der EU-Behörde von ihrer niedersächsischen
       Heimat in Hannover aus, erklärte ihre Chefsprecherin am Montag in Brüssel.
       Da von der Leyen wegen einer Lungenentzündung ans Bett gefesselt sei, habe
       sie sich für diese ungewöhnliche Führungsmethode entschieden.
       
       [1][Die deutsche CDU-Politikerin kümmere sich nicht nur um ihre 26
       Kommissarinnen und Kommissare], hieß es. Sie habe es sich auch nicht nehmen
       lassen, mit Italiens postfaschistischer Regierungschefin Giorgia Meloni zu
       telefonieren, bevor diese am vergangenen Wochenende zu einer Privataudienz
       zum künftigen US-Präsidenten Donald Trump in die USA geflogen war. Auch
       sonst habe von der Leyen alles im Griff.
       
       Zwar musste die wöchentliche Kommissionssitzung am kommenden Mittwoch
       abgesagt werden. Auch die Reise der Brüsseler Behörde zur Eröffnungsfeier
       des neuen polnischen EU-Vorsitzes in Danzig wurde verschoben. Die
       Kommission sei jedoch voll arbeitsfähig. Die sechs „exekutiven“
       Vizepräsidenten müssten nicht für von der Leyen einspringen, betonte ihre
       Sprecherin.
       
       Oder dürfen sie nicht? Schon bei der Aufstellung der neuen EU-Behörde im
       vergangenen Herbst war im EU-Parlament [2][die Kritik laut geworden, dass
       die Kommission auf von der Leyen und ihren mächtigen Kabinettschef Björn
       Seibert zugeschnitten sei]. Die Ressorts seien bewusst so ausgelegt worden,
       dass sie sich überschneiden und die Chefin das letzte Wort behält.
       
       ## Einen draufgelegt
       
       Zuletzt hatte die scheidende EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly sogar noch
       einen draufgelegt. Die Brüsseler Behörde werde von ungewählten Beamten und
       „mächtigen Consigliere“ in von der Leyens Kabinett beherrscht, kritisierte
       die Irin. Mit „Consigliere“ können sowohl normale Berater als auch Mafioso
       gemeint sein. Mit den Strippenziehern in der EU-Kommission sei sie nie warm
       geworden, betonte O’Reilly.
       
       Ein weiteres Problem ist, dass es keine klaren Regeln für die Vertretung an
       der Kommissionsspitze gibt. Falls von der Leyen komplett ausfallen sollte,
       ist nicht einmal ihre Nachfolge geregelt. Zwar gilt die Spanierin Teresa
       Ribera als Primus inter Pares bei den geschäftsführenden Vizepräsidenten.
       Doch die Sozialistin ist umstritten, die in Brüssel tonangebende
       konservative Europäische Volkspartei will ihre Macht beschneiden.
       
       Dies gilt auch als Grund dafür, dass sie nicht einmal vorübergehend die
       Geschäfte übernehmen soll. Dabei gäbe es genug zu tun. So muss sich Brüssel
       auf die Machtübernahme von Trump am 20. Januar vorbereiten, um mögliche
       Alleingänge in der Ukrainepolitik, aber auch die angedrohten Strafzölle auf
       deutsche und europäische Waren parieren zu können. Einzelne Telefonate, wie
       sie von der Leyen führt, dürften da nicht ausreichen.
       
       Zudem geht es an die Umsetzung des Arbeitsprogramms der Kommission. Von der
       Leyen und ihr Team hatten versprochen, bis Mitte März zu liefern. Nun läuft
       die Zeit davon. Nur ein Termin kann offenbar problemlos warten: An diesem
       Montag sollte von der Leyen vor einem belgischen Gericht erscheinen, um
       sich zu Vorwürfen im Zusammenhang mit der Beschaffung von
       Corona-Impfstoffen („Pfizergate“)zu äußern. Das Verfahren schleppt sich
       schon seit Monaten dahin – nun wurde der unangenehme Termin wegen Krankheit
       auf unbestimmte Zeit verschoben.
       
       6 Jan 2025
       
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