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       # taz.de -- Untergetauchte Autonome: Ungern nach Ungarn
       
       > Maja T. wurde entgegen einem richterlichen Beschluss nach Ungarn
       > abgeschoben. Neun weitere AntifaschistInnen sind nun untergetaucht.
       
   IMG Bild: Demo gegen die Auslieferung von Antifaschist*innen nach Ungarn und in Solidarität mit Maja T. in Bremen im Juli 2024
       
       Sie ist weg. Die Tochter von Barbara W. und Walter W. ist seit fast zwei
       Jahren untergetaucht. Bei dem rechtsextremen Aufmarsch „Tag der Ehre“ im
       Februar 2023 soll sie mit weiteren AntifaschistInnen an
       Auseinandersetzungen mit Rechtsextremen beteiligt gewesen sein, die zu
       Körperverletzungen führten. Danach tauchte die 24-Jährige unter. Ihre
       Familie befürchtet, dass die deutschen Behörden sie nach einer Festnahme
       nach Ungarn ausliefern würden. „Wir können gut verstehen, dass sie sich der
       Inhaftierung entziehen wollte“, sagte ihre Mutter, Barbara W., der taz.
       
       Die Eltern werfen der Staatsanwaltschaft vor, ein „falsches Bild“
       aufzubauen, eine „politisch motivierte Fantasie“ von einer
       Untergrundgruppe. Die Eltern der Tochter, der in Ungarn bis zu 24 Jahre
       Haft drohen, werden selbst beobachtet, berichteten sie im
       [1][taz-Interview]. „Wir gehen davon aus, dass unseren E-Mails weiter
       gelesen und Handys abgehört werden“, so die Eltern. Mit der Tochter werden
       weitere acht Linksautonome gesucht. Vater Walter W. sagt, dass die
       Abschiebung vom Maja T. und Berichte über die Haftbedingungen in Ungarn
       ihre Bedenken bestärkt hätten.
       
       In der Nacht vom 27. Juni auf den 28. Juni 2024 hatte die Polizei in Berlin
       die nichtbinäre Person Maja T. nach Budapest abgeschoben. Das
       Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schrieb noch an dem Beschluss, der die
       Auslieferung verbieten sollte. Der Verteidiger von Maja T, Sven Richwin,
       hatte dem Landeskriminalamt telefonisch mitgeteilt, dass ein Eilantrag beim
       BVerfG vorläge. Eine aufschiebende Wirkung der Abschiebung wollte die
       Generalstaatsanwaltschaft Berlin aber nicht erkennen. Das BVerfG selbst
       teilte am Morgen mit, dass mit der Auslieferung zu warten sei.
       
       Um 10.55 Uhr erklärte das Gericht, dass „die Übergabe des Antragsstellers
       an die ungarischen Behörden“ bis zur „Entscheidung über die noch zu
       erhebende Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Wochen,
       einstweilen untersagt“ werde. Um 2 Uhr morgens hatte die Polizei Maja T. in
       der Zelle aber schon geweckt und mit einem Helikopter um 7.38 Uhr zur
       österreichischen Grenze transportiert, von wo Maja T. nach Ungarn gebracht
       wurde. Eine Missachtung des Gerichts, sagte Richwin der taz. Der
       Verteidiger legte eine Verfassungsbeschwerde vor.
       
       ## Haftbedingungen von Maja T.
       
       Seit über einem halben Jahr ist Maja T. nun in Ungarn in Haft. Der Vater
       veröffentlichte Briefe seines Kindes, die lange Isolationsbedingungen,
       gezielte Erniedrigungen und anhaltende Herabwürdigungen beschreiben. Ohne
       Begründung werde die Zelle 24 Stunden videoüberwacht, fast täglich müsse
       sich die nichtbinäre Maja T. komplett entkleiden, außerhalb der Zelle
       Handschellen tragen, Hofgänge würden verwehrt. Durch die hygienischen
       Bedingungen habe Maja T. körperliche Folgen erlitten, so der Vater. Für ihn
       sind die Maßnahmen eine Folter, auch um ein Geständnis zu erpressen.
       
       Diese Haftbedingungen waren zu erwarten, sagt Anwalt Richwin. „Alle
       Befürchtungen sind wahr geworden. Die Unterbringung in der U-Haft ist
       schlimmer als in der normalen Haft.“ Die Argumentation der deutschen
       Behörden, dass eine Haftstrafe nach einer möglichen Verurteilung in
       Deutschland verbüßt werden könne, lenke davon ab, dass Maja T. ohne
       rechtskräftiges Urteil auf unbestimmte Zeit in U-Haft bleiben könnte. Die
       Abschiebung löste auch über den Kreis der Betroffenen hinaus eine
       juristische Debatte um die geltenden Rechtsregelungen aus.
       
       Am Donnerstag findet eine Veranstaltung zu dem „Budapest-Komplex“ an der
       Uni Hamburg statt. Diskutieren werden neben Anwalt Richwin auch Cuno
       Tarfusser, ehemaliger Richter und stellvertretender Präsident des
       Internationalen Strafgerichtshofs sowie Martin Heger, Professor für
       Strafrecht an der HU Berlin und die Ungarn-Expertin Sugárka Sielaff.
       [2][Die Veranstaltung wird übertragen].
       
       9 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Eltern-untergetauchter-Linksautonomer/!5992851
   DIR [2] https://www.instagram.com/familyfriendshamburg/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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