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       # taz.de -- USA sprechen von Völkermord in Sudan: Genozidvorwurf gegen den Anführer der RSF-Miliz
       
       > Angehörige der aufständischen RSF-Miliz in Sudan „haben Genozid
       > begangen“, erklärt Antony Blinken. Die USA verhängen Sanktionen gegen
       > RSF-nahe Firmen.
       
   IMG Bild: Eine für Papa, eine für Mama … Kleinkind mit Gewehrpatronen in Khartum, Mai 2023
       
       Kampala taz | Erstmals deklariert die US-Regierung den Konflikt in Sudan
       als „Völkermord“. In seiner [1][Presseerklärung] vom Dienstag spricht
       US-Außenminister Anthony Blinken nicht nur von „Kriegsverbrechen“, die
       beide Kriegsparteien Sudans begehen. Er wirft auch [2][der
       paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces)], die einen Großteil der
       Region Darfur kontrolliert, „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und
       „ethnische Säuberungen“ vor und folgert: „Ich komme jetzt zum Schluss, dass
       Angehörige der RSF und alliierter Milizen in Sudan Genozid begangen haben.“
       
       Sie „ermorden systematisch Männer und Jungen – sogar Kleinkinder – auf
       ethnischer Basis und vergewaltigen gezielt Frauen und Mädchen bestimmter
       ethnischer Gruppen und verüben andere Formen brutaler sexueller Gewalt“,
       rechtfertigt der Außenminister die Einstufung.
       
       Ausdrücklich betont Blinken allerdings, dass die neuen Sanktionen gegen die
       RSF „keine Unterstützung oder Bevorzugung“ der regulären sudanesischen
       Armee (SAF) darstellen. „Beide Kriegsparteien tragen die Verantwortung für
       die Gewalt und das Leid in Sudan und verfügen nicht über die Legitimität,
       ein zukünftiges friedliches Sudan zu regieren“, heißt es.
       
       Erst im Dezember hatte [3][der UN-Menschenrechtsrat] von gezielten
       Bombardierungen ziviler Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern,
       Wohnvierteln und Märkten, von gewaltsamen Entführungen und systematischen
       Plünderungen von Privathäusern in Darfur berichtet. Vergewaltigungen und
       Zwangsarbeit seien an der Tagesordnung.
       
       Vertreter*innen des humanitären UN-Koordinierungsbüros OCHA berichteten
       am Montag [4][dem UN-Sicherheitsrat] in New York von einer
       menschengemachten Hungerkatastrophe, die in fünf Vertriebenenlagern in
       Sudan grassiert. Mittlerweile sind über elf Millionen Sudanesen im eigenen
       Land vertrieben, über drei Millionen suchen in den umliegenden Ländern
       Schutz.
       
       Die für internationale Sanktionen zuständige Behörde im
       US-Finanzministerium Ofac (Office of Foreign Assets Control) [5][erließ am
       Dienstag entsprechend Sanktionen] gegen RSF-Anführer Mohammad Hamdan Daglo
       Mousa, der unter seinem Kriegsnamen Hametti bekannt ist. Das bedeutet, dass
       er nicht mehr in die USA einreisen darf und seine Konten und Anlagen in den
       USA eingefroren werden.
       
       ## Seit 20 Jahren in Darfur aktiv
       
       Hametti gilt seit Jahrzehnten als brutaler Kriegsherr. Er stammt selbst aus
       Darfur. Zu Zeiten des Darfurkrieges vor 20 Jahren stieg er zum Anführer der
       arabischen Reitermilizen Janjaweed (übersetzt: Teufel auf Pferden) auf, die
       von seinem Onkel gegründet worden war. Diese Milizen wurden vom damaligen
       Diktator Omar al-Bashir angeheuert, um die nichtarabischsprachige
       Bevölkerung Darfurs unter Kontrolle zu bekommen, sie begingen grausame
       Übergriffe auf Zivilisten.
       
       Bereits damals stand die Frage im Raum, ob die Übergriffe als Völkermord
       bezeichnet werden können. 2009 und 2010 erließ der Internationale
       Strafgerichtshof (IStGH) gegen al-Bashir, der Sudan bis 2019 regiert hatte,
       [6][Haftbefehl unter anderem wegen Völkermords] in Darfur. 2004 war
       Blinkens Vorgänger Colin Powell der erste US-Minister gewesen, der den
       Darfurkonflikt als Völkermord bezeichnete. Nun trifft es Bashirs damaligen
       Verbündeten Hametti.
       
       ## Goldgeschäfte mit den Vereinigten Arabischen Emiraten
       
       Neben Hametti sanktioniert die US-Finanzbehörde sieben Firmen, die mit der
       RSF Geschäfte machen und in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)
       registriert sind. Darunter sind einige im internationalen Goldhandel tätig,
       andere verkaufen Waffen und Munition.
       
       Die RSF kontrolliert im Süden und Westen Darfurs Goldminen. Deren Ausbeute
       wird nach Dubai ausgeflogen und dort werden Waffen eingekauft. Die
       Geschäftsführer der meisten der sieben Firmen sind bereits als
       Einzelpersonen sanktioniert. Die VAE-Regierung verneinte in der
       Vergangenheit vehement, der RSF Waffen zu liefern.
       
       Noch dazu gelten die VAE als Verbündete der USA und Israel im Gazakrieg.
       Die Übergriffe des israelischen Militärs in Gaza haben die USA bislang
       nicht als Völkermord bezeichnet. Im Dezember wies Blinkens Vize Vedant
       Patel alle Anschuldigungen zurück, Israel begehe einen Genozid an den
       Palästinensern. Die Vorwürfe seien „unbegründet“, so Patel.
       
       8 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.state.gov/genocide-determination-in-sudan-and-imposing-accountability-measures/
   DIR [2] /Krieg-in-Darfur/!6026950
   DIR [3] https://www.ohchr.org/en/hr-bodies/hrc/ffm-sudan/index
   DIR [4] https://news.un.org/en/story/2025/01/1158756
   DIR [5] https://www.federalregister.gov/documents/2023/05/05/2023-09826/imposing-sanctions-on-certain-persons-destabilizing-sudan-and-undermining-the-goal-of-a-democratic
   DIR [6] https://www.hrw.org/news/2010/07/13/sudan-icc-warrant-al-bashir-genocide
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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