# taz.de -- Interner Streit beim Hamburger BSW: Wagenknecht-Partei will Kritiker rauswerfen
> BSW-Vorstand beantragt Ausschluss von Dejan Lazić und Norbert Weber und
> lässt Mitgliedsrechte ruhen. Parteienrechtler zweifelt das Vorgehen an.
IMG Bild: Norbert Weber (l) und Dejan Lazic stehen vor der Gründungsversammlung vom BSW Hamburg im Bürgersaal Wandsbek
Hamburg taz | Es wird nicht langweilig im Streit um innere Demokratie beim
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Am Donnerstag wurde bekannt, dass der
Bundesvorstand in Berlin bereits am 2. Januar den Ausschluss der beiden
Parteirebellen [1][Dejan Lazić und Norbert Weber] beantragte. Der Antrag
wurde am 6. Januar just bei jenem BSW-Landesschiedsgericht in Hamburg
gestellt, das der Bundesvorstand, [2][wie berichtet], wegen rechtlicher
Unsicherheiten am 11. Januar noch mal wählen will.
In dem Beschluss wirft der Vorstand Lazić und Weber „satzungswidriges und
parteischädigendes Verhalten“ vor. Unter anderem hätten sie Vereinigungen
gegründet, von denen sie sagten, es wären Verbände des BSW und in deren
Namen sie rechtserhebliche Handlungen wie die Anmeldung eines Kandidaten
zur Bundestagswahl vorgenommen hätten.
Der Streit geht um die Frage, ob die Partei von oben „top down“ oder von
unten nach oben aufgebaut wird. Lazić und Weber streiten dafür, dass nicht
nur der Bundesvorstand, sondern auch die Gliederungen vor Ort Mitglieder
aufnehmen dürfen und gründeten tatsächlich am 15. Dezember, als die
angekündigte Gründungsversammlung wegen Raumproblemen [3][kurzfristig
abgesagt] wurde, in von ihnen organisierten Räumen einen [4][Hamburger
Landesverband].
Zudem fochten sie die Art und Weise an, wie der BSW-Bundesvorstand eine
Woche [5][später, am 21. Dezember], den offiziellen Landesverband wählen
ließ. Immerhin beschloss daraufhin der Bundesvorstand für den 11. Januar
besagte Neuwahl der Gremien.
## Ausschluss vom Parteitag
Doch nun dürfen Lazić und Weber am Parteitag für diese Wiederholungswahl
nicht teilnehmen und auch nicht am Bundesparteitag tags drauf. Denn weil
ein Ausschlussverfahren länger dauere, ruhten deren Mitgliederrechte „ab
sofort“. Einzig bei der für Samstagnachmittag geplanten Kandidatenkür für
den Bundestag dürfen die Rebellen dabei sein, weil es rechtlich nicht
anders geht.
Wie aus Parteikreisen zu hören ist, wird die Bundestagsabgeordnete Zaklin
Nastic auf Platz 1 und ihr Mitarbeiter Konstantin Eulenburg auf Platz 2
kommen.
Ein Sprecher des BSW sagt zum Ausschluss, das Agieren der beiden sei aus
Sicht des Bundesvorstands „nicht als – absolut wünschenswerte –
konstruktive Kritik zu werten, sondern als Versuch, das BSW durch Anträge
und Klagen zu blockieren, zu diskreditieren und zu schädigen“. Um die
Partei vor solchem Verhalten zu schützen, solle sie langsam wachsen.
Dejan Lazić indes sagt, er habe mit diesem Schritt nicht gerechnet. „Wir
wollten bei dem Landesparteitag am Samstag versöhnend auftreten und
konstruktive Lösungsvorschläge einbringen, um die Partei wieder
zusammenzuführen“. Doch mit dem Ausschluss werde dieser Versuch „im Keim
erstickt“.
Weber spricht von einen Maulkorb und sagt: „Wir geben uns nicht
geschlagen.“ Die beiden wollen gegen den Ausschluss und Ordnungsmaßnahmen
vorgehen und ein Eilrechtsschutzverfahren vor dem Berliner Zivilgericht
anstrengen. Denn der Bundesvorstand habe ihnen kein Gehör geschenkt. Auch
nannte ihnen der Vorstand als Beschwerdemöglichkeit nur jenes
Landesschiedsgericht, das am 11. Januar erst neu gewählt wird.
Der Parteienrechtler Martin Morlok stimmt den beiden in diesen Punkten zu.
„Das Parteienrecht sagt, dass es ein faires Verfahren bei Ordnungsmaßnahmen
geben muss. Ein faires Verfahren liegt sicherlich nicht vor, wenn man die
Betroffenen nicht anhört.“
Es sei auch nicht zumutbar, die beiden an ein Schiedsgericht zu verweisen,
das die Partei selbst als nicht rechtssicher gewählt einschätzt. „Ich würde
den Betroffenen raten, dass man sofort zu einem staatlichen Gericht geht,
damit eine einstweilige Verfügung erlassen wird, dass die Ordnungsmaßnahmen
vorerst außer Kraft gesetzt werden.“
Tatsächlich gibt es inzwischen ein Knäuel an juristischen
Auseinandersetzungen. So klagt offenbar der Vorstand des am 15. Dezember
von den Rebellen gegründeten Verbandes darauf, dass der Bundesvorstand ihn
beim Bundeswahlleiter anmeldet. Da der BSW versäumt habe, die Gründung
anzufechten, müsse er das tun.
Zudem wollen Lazić und Weber zur Not erzwingen, dass das
Bundesschiedsgericht des BSW über die Anfechtung der Landesverbandsgründung
vom 21. Dezember entscheidet, und im Fall einer Ablehnung vor Gericht
gehen. Sollte die Anfechtung durchkommen, stünde [6][in Hamburg zur
Bürgerschaftswahl] eine Partei auf dem Stimmzettel, die bei ihrer
Listenaufstellung keinen Landesverband hatte.
„Das wäre ein schwerwiegender Anfechtungsgrund für die Bürgerschaftswahl“,
sagt Lazić. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) sagte, sie habe an
der sorgfältigen Prüfung durch den Landeswahlleiter „keinen Zweifel“.
9 Jan 2025
## LINKS
DIR [1] /BSW-beknatscht-sich-in-Hamburg/!6055064
DIR [2] /Wegen-moeglicher-Formfehler/!6060604
DIR [3] /Wagenknecht-Buendnis-im-Norden/!6054162
DIR [4] /Partei-Querelen-in-Hamburg/!6054318
DIR [5] /Landesverband-gegruendet--schon-wieder/!6058135
DIR [6] /Buendnis-Sahra-Wagenknecht-in-Hamburg/!6059379
## AUTOREN
DIR Kaija Kutter
## TAGS
DIR Wahl in Hamburg 2025
DIR BSW
DIR Hamburg
DIR Sahra Wagenknecht
DIR Social-Auswahl
DIR Hamburg
DIR BSW
DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
DIR BSW
DIR BSW
DIR BSW
DIR Wahl in Hamburg 2025
DIR Wahl in Hamburg 2025
DIR BSW
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Schmerzlich schlecht: Hamburger BSW schottet sich weiter ab
Trotz der Klatsche Hamburg-Wahl hält der Vorstand des BSW an der Macht
fest, kritisiert der Ex-Vorsitzende Jochen Brack. Kurswechsel? Nicht in
Sicht.
DIR Nächstes Zerwürfnis beim Hamburger BSW: Ein Rücktritt und mehrere Schuldzuweisungen
Landeschef Jochen Brack tritt ab und wirft dem Co-Chef Eulenburg vor, er
habe ihn im Wahlkampf nicht unterstützt. Der verweist auf fehlendes Budget.
DIR Streit im Hamburger BSW: Partei-Rebellen haben erst mal verloren
Landeswahlleiter streicht Liste der BSW-Rebellen. Offizielle Liste mit
Žaklin Nastić darf antreten. Hausverbote bei Kandidaten-Kür seien
unerheblich.
DIR Zulassung zur Bundestagswahl: BSW-Rebellen ziehen Kandidatin aus dem Hut
In Hamburg gibt es zwei BSW-Listen, der Wahlausschuss muss entscheiden,
welche zugelassen wird. Für die „Rebellen“ tritt Publizistin Ulrike Guérot
an.
DIR Bundesparteitag des BSW: Erst der Anfang
Das BSW liegt in Umfragen unter 5 Prozent. Dennoch glaubt die Partei, in
den Bundestag einziehen zu können. Wagenknecht wird Kanzlerkandidatin.
DIR Verwirrung bei Kandidatenkür in Hamburg: BSW setzt auf Dieter-Bohlen-Effekt
Der Hamburger Landesverband des Bündnis Sahra Wagenknecht kürt am
Wochenende die Kandidaten für die Bundestagswahl, nicht ohne Show für die
Presse.
DIR BSW und Parteienrecht: „Ein autoritäres Projekt“
Parteienrechtlerin Sophie Schönberger hat sich das „Bündnis Sahra
Wagenknecht“ genauer angesehen. Sie kritisiert die Parteistrukturen, vor
allem die zentralisierte Mitgliederaufnahme.
DIR Wegen möglicher Formfehler: BSW wiederholt Wahlen im Hamburger Landesverband
Der Hamburger BSW-Landesverband wählt alle Gremien neu, um
„Rechtssicherheit“ zu schaffen. Stellt das die Kandidatur zur
Bürgerschaftswahl infrage?
DIR Landesverband gegründet – schon wieder: Ein BSW ist Hamburg nicht genug
Nun gibt es auch einen abgesegneten Landesverband des Bündnis Sarah
Wagenknecht in Hamburg. Für die Hamburg-Wahl wurden fast nur Männer
aufgestellt.
DIR BSW beknatscht sich in Hamburg: Aufruhr in der Kaderpartei
Fast harmonisch verläuft eine BSW-Veranstaltung am Donnerstag in Hamburg.
Doch es brodelt: Zwei Hamburger Mitglieder wollen gegen die Parteisatzung
klagen.