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       # taz.de -- Naomi Beckwith wird documenta 16 leiten: Kurz vor knapp neue Kuratorin in Kassel
       
       > Nach Debatten über Kunstfreiheit und dem Rücktritt der Findungskomission:
       > US-amerikanische Kuratorin Naomi Beckwith wird documenta 16 leiten.
       
   IMG Bild: Naomi Beckwith wird die künstlerische Leiterin der Weltkunstausstellung documenta 16
       
       Naomi Beckwith ist die neue künstlerische Leitung der documenta 16. Die
       48-jährige Chicagoerin wird sich in den nächsten Jahren einer sensiblen
       Öffentlichkeit stellen müssen. Denn als die derzeitige Chefkuratorin am
       Guggenheim Museum in New York diesen Mittwoch bei einer gut gefüllten
       Pressekonferenz und per Livestream als neue Documenta-Kuratorin in Kassel
       angekündigt wurde, waren bei der internationalen Kunstschau zwei
       zermürbende Jahre vorausgegangen. „Die documenta stand noch vor einem Jahr
       in ihrer schwersten Krise“, leitet der Kasseler Oberbürgermeister Sven
       Schoeller (Grüne) die Pressekonferenz ein.
       
       Ausgelöst wurde die Krise zunächst durch antisemitische Bildwerke, die
       Beckwiths Vorgänger, [1][das Kuratorenkollektiv] ruangrupa, auf der
       documenta 15 zugelassen hatte. Das eigentlich Zermürbende aber führte tief
       in den Kulturbetrieb. Denn wie konnten sich solche Feindseligkeiten darin
       so festsetzen, wieso hat sie keiner vorher sehen wollen? Die
       Documenta-Geschäftsführerin musste bald ihren Posten räumen, ruangrupa aber
       mied bis zum Ende der 100-Tage-Ausstellung in Kassel eine öffentliche
       Auseinandersetzung.
       
       Die muss Beckwith jetzt umso mehr suchen. „Es darf keine Hinderung eines
       Austauschs geben“, sagt sie, und scheint sich von der Vorstellung, zu ihrer
       künftigen documenta vor Publikum Stellung beziehen zu müssen, nicht in
       ihrer künstlerischen Freiheit eingeschränkt zu fühlen. Das hatte man
       befürchtet letztes Jahr, in den teils hitzig geführten Debatten um eine
       Umstrukturierung der Kunstschau, die infolge der [2][antisemitischen
       Verfehlungen] auf der documenta 15 nun den Spagat zwischen Kontrolle und
       Kunstfreiheit vollführen muss.
       
       ## Die Disruptionen seit dem 7. Oktober
       
       Eigentlich nahm die Documenta-Debatte schon die Disruptionen vorweg, die
       seit dem 7. Oktober 2023 den Kulturbetrieb erfassten. Infolge eines
       [3][Antisemitismusstreits] trat im November 2023 die Findungskommission für
       die documenta 16 geschlossen zurück, jenes Kuratorium, das – unabhängig von
       der Politik – eine neue künstlerische Leitung ernennen sollte. Kurzfristig
       sprang in diesem Sommer mit Yilmaz Dziewior, Sergio Edelsztein, N’Goné
       Fall, Gridthiya Gaweewong, Mami Kataoka, und Yasmil Raymond ein
       internationales Exptertenteam ein. Das wählte nun in einem mehrstufigen
       Verfahren Naomi Beckwith aus. Lauter Applaus schallt durch den Raum, als
       ihr Name fällt.
       
       Das wurde alles zeitlich ganz schön knapp. Wird denn die riesige Kunstschau
       mit nur zwei Jahren Vorbereitungszeit überhaupt 2027 stattfinden können?
       „Ja“, verkündete der jetzige Documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann
       gleich zu Beginn der Pressekonferenz. Das wird sportlich.
       
       18 Dec 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Sophie Jung
       
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