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       # taz.de -- Europäische Verteidigungspolitik: Zahnlose Tiger in Brüssel
       
       > EU-Verteidigunspolitiker:innen in Kommission und Parlament werben für
       > eine Aufrüstung Europas. Finanziell stehen sie jedoch mit leeren Händen
       > da.
       
   IMG Bild: aha: nicht as long as it takes, sondern as much as is needed
       
       Brüssel taz | Nach einem Verteidigungskommissar bekommt die EU nun auch
       einen parlamentarischen Verteidigungsausschuss. Dies hat das
       Europaparlament am Mittwoch in Straßburg beschlossen. Geführt wird der
       Ausschuss wie erwartet von der deutschen FDP-Politikerin Marie-Agnes
       Strack-Zimmermann. Sie wird allerdings nicht so mächtig sein wie zuvor im
       Bundestag.
       
       Im Gegensatz zu Deutschland hat die EU keine Armee. Brüssel hat auch keine
       eigenen Kompetenzen in der Verteidigungspolitik; zuständig sind die
       Mitgliedstaaten. Insbesondere das Europaparlament spielt in der Außen- und
       Sicherheitspolitik nur eine Nebenrolle; die Beschlüsse der Abgeordneten
       sind nicht bindend.
       
       ## Viele Forderungen, wenig Geld
       
       Dies will Strack-Zimmermann nun ändern. Als politischen Hebel nutzt sie den
       Krieg in der Ukraine: „Parlament und Ausschuss werden die Ukraine
       vollumfänglich unterstützen – nicht as long as it takes, sondern as much as
       is needed“, erklärte sie. Doch damit geht die resolute Liberale weit über
       die aktuelle Beschlusslage hinaus. In Brüssel kann sie nicht einmal über
       Waffenlieferungen mitentscheiden – das ist ebenfalls Sache der EU-Staaten.
       
       Auch [1][dem neuen Verteidigungskommissar Andrius Kubilius] sind die Hände
       gebunden. Angesichts der komplizierten Gemengelage will sich Kubilius auf
       Rüstungsbeschaffung und Raumfahrt konzentrieren. Bisher ist aber nicht
       klar, ob er dafür über ein vernünftiges Budget verfügen wird. Nötig wären
       500 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren, rechnet Kubilius vor. Im
       EU-Budget sind gerade einmal 1,5 Milliarden Euro für den neuen
       Rüstungsfonds EDIP vorgesehen – und selbst dieses Geld ist heftig
       umstritten.
       
       ## Aufrüstung durch Eurobonds?
       
       Der konservative Litauer hat sich 100 Tage Zeit gegeben, um ein Weißbuch
       zur Schaffung einer „echten Europäischen Verteidigungsunion“ vorzulegen,
       wie er bei seiner parlamentarischen Anhörung erklärte. Strack-Zimmermann
       will ihn dabei mit eigenen Forderungen unterstützen. „Wir wollen auch
       haushälterisch Druck ausüben“, sagte sie.
       
       Eine derzeit viel diskutierte Möglichkeit wäre, Eurobonds aufzulegen – also
       neue europäische Schuldtitel, mit denen die Aufrüstung der EU finanziert
       werden könnte. Allerdings sind ausgerechnet Strack-Zimmermanns eigene
       Parteifreunde dagegen. Neue EU-Schulden seien mit ihm nicht zu machen,
       betont [2][Ex-Finanzminister Christian Lindner]. Auch Bundeskanzler Olaf
       Scholz kann sich dafür nicht begeistern. Die neuen
       EU-Verteidigungspolitiker verlangen viel – doch sie stehen mit leeren
       Händen da.
       
       18 Dec 2024
       
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