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       # taz.de -- Kollektives Zusammenarbeiten: Warum Menschen ohne Kommunikation aufgeschmissen sind
       
       > Ob Mensch oder Ameise, in Gruppen können sie Großes leisten. Nur im Wie
       > unterscheiden sie sich – und in manchen Aufgaben sind Ameisen sogar
       > überlegen.
       
   IMG Bild: Teamarbeit: Ameisen helfen sich Nahrung zu transportieren
       
       Berlin taz | Verschiedene Tierarten können als Kollektiv komplexe kognitive
       Aufgaben lösen. Diese Fähigkeit aber vergleichend zu untersuchen ist gar
       nicht so einfach, weil Arten meist vor ganz unterschiedlichen Problemen
       stehen. Da ist es gut, dass Ameisen und Menschen jenseits der
       offensichtlichen Unterschiede in Körpergröße und Sozialverhalten eine
       nischige Gemeinsamkeit haben: Beide sind besonders gut darin, [1][große
       Objekte durch komplexe Landschaften zu navigieren].
       
       Diese Fähigkeit macht sich eine [2][aktuelle Studie aus dem renommierten
       US-amerikanischen Journal PNAS]zunutze, um zu untersuchen, wie
       [3][eusoziale Ameisen] im Vergleich zum Menschen komplexe kognitive
       Prozesse als Individuum und als Kollektiv lösen.
       
       ## Die Studie
       
       Im Experiment sollten beide Arten ein sogenanntes „Piano mover“-Problem
       lösen. Dabei handelt es sich um ein geometrisches Rätsel, bei dem ein
       langer, kantiger, T-ähnlicher Gegenstand durch zwei enge Schlitze geführt
       werden soll. Um das Rätel zu lösen, müssen ausgeklügelte Manöver gefunden
       werden, den Gegenstand in unterschiedlichen Winkeln durch den Raum zu
       führen.
       
       Dem einzelnen Menschen gelingt das Manövrieren im Gegensatz zur einzelnen
       Ameise dabei sehr gut – wobei in Sachen Effizienz wohlbemerkt die besten
       Ameisen die schlechtesten Menschen übertreffen. Arbeiten Ameisen und
       Menschen hingegen in Kollektiven zusammen, sieht es anders aus. Als
       hochkomplexer Superorganismus erzielen die Sechsbeiner in größeren Gruppen
       zunehmend effizientere Leistungen und qualitativ bessere Lösungen.
       
       Die Forschenden konnten bei den Ameisen erst im Kollektiv typisch
       menschliche Verhaltensmerkmale wie Erinnerungsvermögen, das systematische
       Absuchen des Geländes und gerichtete Manöver beobachten. Das gelingt durch
       ihre hohe Uniformität: Weil sich alle Ameisen erst mal ähnlich verhalten,
       können sie in größeren Zusammenschlüssen umso effizienter Kräfte
       koordinieren und agieren wie ein gemeinsames Gehirn.
       
       Im Gegensatz dazu nahm die Leistung von größeren Menschengruppen ab.
       Insbesondere dann, als das Forschungsteam einigen Gruppen verbot,
       miteinander über Sprache oder Mimik zu kommunizieren. Ohne die Möglichkeit,
       Manöver abzusprechen und Lösungswege miteinander auszuhandeln, wählten die
       Menschen den intuitiv naheliegenden, wenn auch kontraproduktiven Weg: Sie
       versuchten den Gegenstand geradewegs durch die Löcher zu bewegen.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Menschen müssen sich austauschen, um durch Argumentieren und logisches
       Denken komplexe Probleme zu lösen. Nur so gelingt es bei der nächsten
       Gruppenarbeit, sich zu einem kollektiven Supergehirn zusammenzuschalten.
       Denn es reicht leider nicht aus, wenn alle so handeln, wie sie selbst
       glauben, dass es für die Gruppe das Beste sei – aber es niemandem erzählen.
       
       12 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kinder-fragen-die-taz-antwortet/!5839889
   DIR [2] https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2414274121
   DIR [3] /Bernstein-aus-der-Kreidezeit/!5864475
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nathan Pulver
       
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