URI: 
       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Die Stimmung ist gekippt
       
       > Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren? Wirklich? Tatsächlich ist die
       > Stimmung längst gekippt. Der Ukraine droht ein Diktatfrieden.
       
   IMG Bild: Verwundete ukrainische Soldaten kommen vom Schlachtfeld zum Sanitätsdienst, Pokrowsk, Ukraine, am 26.12.2024
       
       Tagtäglich weitere Tote, Verletzte, Verstümmelte und Traumatisierte, dazu
       fortlaufend gezielte massive russische Angriffe auf die kritische
       Infrastruktur – vorzugsweise auf Einrichtungen der Energieversorgung. Seit
       fast drei Jahren herrscht in der Ukraine das Grauen. Für viele in Europa
       ist dieser von Russland entfesselte Krieg, so zynisch es klingt, zu einer
       Art business as usual geworden, Nachrichtenwert null. Also abhaken und zur
       Tagesordnung übergehen?
       
       Auf keinen Fall. Denn wer genau hinsieht, kommt nicht umhin festzustellen,
       dass sich die Tonlage in der Ukraine merklich zu verändern beginnt. [1][Die
       Stimmung in der Bevölkerung kippt. Die Zahl der Ukrainer*innen, die ein
       Ende dieses Gemetzels] – auch um den Preis schmerzhafter territorialer
       Verluste – herbeisehnen, wächst.
       
       Immer seltener sind Stimmen zu vernehmen, die unbeirrt den Sieg beschwören
       und damit noch die letzten Kraftreserven ihrer zusehends ausgezehrten
       Landsleute zu mobilisieren versuchen. Lauter hingegen werden diejenigen,
       die offen zum „Angriff“ übergehen: auf die Regierung unter Präsident
       Wolodymyr Selenkyj und die Führung des Militärs. Das kam bislang einer Art
       Vaterlandsverrat gleich.
       
       Jüngstes Beispiel dafür ist die Debatte über eine teils in Frankreich
       ausgebildete Brigade, der die ihr angehörenden Soldaten gleich
       [2][scharenweise den Rücken kehrten, um einem Einsatz an der Front zu
       entgehen].
       
       ## Europas Unterstützung bröckelt
       
       Aus nachvollziehbaren Gründen. Denn dort ist die Lage aus ukrainischer
       Sicht gelinde gesagt desolat. Im Osten haben ukrainische Streitkräfte dem
       russischen Aggressor faktisch nichts entgegenzusetzen. Es ist keinesfalls
       unrealistisch, dass die noch teilweise völkerrechtswidrig russisch
       besetzten Gebiete perspektivisch in Gänze an Russland fallen. Ob eine neue
       Offensive in der russischen Region das Geschehen zugunsten Kyjiws
       beeinflussen kann, ist mehr als fraglich.
       
       Wie lautete doch gleich das Mantra der westlichen Verbündeten? Die Ukraine
       dürfe diesen Krieg nicht verlieren. Wirklich? Die Realität sieht leider
       anders aus. Mit [3][Donald Trump wird bald ein neuer US-Präsident im Weißen
       Haus sitzen], der außenpolitisch unberechenbarer nicht sein könnte.
       
       Auch die Unterstützung für die Ukraine in Europa bröckelt. Zu
       Putin-Freunden wie Viktor Orbán und Robert Fico dürfte sich in Bälde auch
       noch [4][Österreichs rechtslastiger FPÖ-„Volkskanzler“ Herbert Kickl]
       gesellen. Was Deutschland betrifft, so könnten weitere dringend benötigte
       Ukrainehilfen einem Njet von Noch-Kanzler Olaf Scholz zum Opfer fallen. Der
       Wahlkampf der SPD ist eben wichtiger.
       
       Aus all dem folgt: Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird sich die
       Ukraine wohl doch einem Diktatfrieden unterwerfen müssen. Was das für die
       Menschen in den russisch besetzten Gebieten bedeutet, ist bereits jetzt zu
       besichtigen und mit dem Wort Tragödie noch unzureichend beschrieben.
       Business as usual? Leider ja. Aber da sage später bitte keine/r, man habe
       das nicht wissen können.
       
       10 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krieg-in-der-Ukraine/!6057362
   DIR [2] /Krieg-in-der-Ukraine/!6057362
   DIR [3] /EU-Gipfel-zur-Ukraine-Frage/!6052856
   DIR [4] /Regierungsbildung-in-Oesterreich/!6056901
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Olaf Scholz
   DIR Wolodymyr Selenskij
   DIR Social-Auswahl
   DIR Wolodymyr Selenskij
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Nato
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: 300 nordkoreanische Soldaten getötet
       
       Die Zahl der verletzten und getöteten nordkoreanischen Soldaten in der
       Ukraine steigt. Selenskyj schlägt Gefangenenaustausch vor. Schwere Kämpfe
       im Osten.
       
   DIR Krieg in der Ukraine: Durchhalten in einem Trümmerhaufen
       
       In der ukrainischen Stadt Wowtschansk an der Front steht kein Haus mehr.
       Für die ukrainischen Soldaten steht die Stadt für das, was ganz Europa
       droht.
       
   DIR +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraine startet überraschende Offensive in Kursk
       
       Die ukrainischen Streitkräfte haben in Kursk überraschend eine neue
       Offensive gestartet. Zuletzt war das Land durch russische Vorstöße stark
       unter Druck geraten.
       
   DIR Harvard-Historiker über den Krieg: „Noch gibt es Hoffnung für die Ukraine“
       
       Harvard-Historiker Serhii Plokhy erklärt, was Donald Trumps Wahl für den
       Krieg in Osteuropa bedeutet – und welche Rolle Deutschland jetzt hat.
       
   DIR Nato-Außenministertreffen: Nato will die Ukraine militärisch stärken
       
       Nato-Chef Mark Rutte fordert in Brüssel mehr Unterstützung für Kiew. Ein
       Nato-Beitritt bleibt strittig.