# taz.de -- Format im Deutschlandfunk „und jetzt?!“: Überstrapazierte Lebendigkeit
> Live dabei sein, wie Leute Probleme wälzen – das bietet ein neues Konzept
> des Deutschlandfunks. Und manchmal ist das tatsächlich großes Radio.
IMG Bild: Beim Featureformat „und jetzt?!“ stehen Alltagssorgen im fokus
Lebensratgeber galten lange als schmuddelig. Lektüre für gelangweilte
Hausfrauen und Menschen ohne Freunde. Das Private ist politisch – einst ein
Slogan der Protestkultur – ist heute Mainstream. Das Gespräch über
Alltagssorgen gehört zum guten Ton gesellschaftlicher Gespräche, ist
Dauervermarktungsthema von Influencern und Magazinen.
„Das Leben ist ein Dauer-Struggle. Wir werden krank, verlassen, gekündigt,
gemobbt …“ sagt nun auch der Deutschlandfunk und bewirbt damit sein neues
[1][Featureformat „und jetzt?!“] Es verspricht: „echte Konflikte, in real
time“ zu lösen.
Das Konzept besteht darin, dass eine Protagonistin ihr Problem ausbreitet
und das mit verschiedenen Leuten diskutiert. Aber nicht in einer
geschlossenen Studiosituation, sondern als eine Art Livereportage. In der
ersten Staffel geht es um beengte Wohnverhältnisse, Verlassenwerden und
Erben.
So hören wir beispielsweise Joyce Ruth Orélie Thumb von Neuburg dabei zu,
wie sie mit ihrem Vater zu dem Wald fährt, den sie zusammen mit einigen
Immobilien und Ländern einst erben soll.
## Heftig erzwungen
Sie will den Vater davon überzeugen, sein Erbe jetzt schon zu verteilen,
allerdings nicht an seine Kinder, sondern an die Gesellschaft.
Manches Mittel, um den Live-Moment lebendiger zu gestalten – wie die
ständigen Sprachnachrichten von Joyce an ihre Freundin – sind heftig
erzwungen und überstrapaziert.
Von der Staffel hingegen übers Verlassenwerden mit der Schriftstellerin
[2][Anke Stelling] und der Regisseurin [3][Lola Randl] ist kein Loskommen.
Die Aufgewühltheit der verlassenen Schriftstellerin, ihre Empörung darüber,
sich immer anhören zu müssen, dass sie endlich nach vorne blicken soll,
ihre Versuche, mit der Dating-App zurechtzukommen und die überraschenden
Wege, die die Regisseurin im Verlauf der Gespräche einschlägt – sie beginnt
einen Flirt mit einem Bestatter – sind bei allem Schmerz großes Radio.
„und jetzt?!“, Staffel 1, Deutschlandfunk
10 Jan 2025
## LINKS
DIR [1] https://www.hoerspielundfeature.de/themenseite-und-jetzt-staffel-1-100.html
DIR [2] /Baugruppe-im-Streamtheater/!5743957
DIR [3] /Neuer-Roman-von-Lola-Randl/!5851056
## AUTOREN
DIR Doris Akrap
## TAGS
DIR Radio
DIR Alltag
DIR Wald
DIR Radio
DIR SWR
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Die Zukunft des Radiofeatures: Geht’s noch ins Ohr?
Lange war das Radiofeature der verdiente Star der Medienwelt. Doch dann kam
der Podcast. Wie das Genre die Digitalisierung trotzdem überstehen kann:
DIR Radio-Dokusoap „Kids – Berlin Kreuzberg“: Wütend, laut, nachdenklich
SWR und Deutschlandradio haben die Dokusoap „Kids“ produziert. Mit ihren
Genre-Genossen von RTL 2 hat sie zum Glück nichts gemein.
DIR Radio-Feature über Somalia: "Ich bin ein attraktives Ziel"
Mit einem Radiofeature versucht die Journalistin Bettina Rühl den Alltag in
Somalia zu erfassen. Sie hat dafür mit Intellektuellen, Unternehmern und
Terroristen gesprochen.