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       # taz.de -- Baudenkmal in der Hafencity: Hamburgs Oper soll Neubau weichen
       
       > Der Milliardär Klaus-Michael Kühne will ein Opernhaus an einem neuen
       > Standort stiften. Dem heutigen Bau fehle es an Strahlkraft.
       
   IMG Bild: Die Hamburger Staatsoper muss umziehen – fragt sich bloß, wohin
       
       Hamburg taz | Hamburgs Staatsoper kommt mit Understatement daher – leicht
       und transparent, so wie viele Bauten aus der unmittelbaren Nachkriegszeit.
       Doch aus Sicht des Milliardärs Klaus-Michael Kühne ist sie nicht mehr gut
       genug für seine Heimatstadt, die mit so glanzvollen Bauten wie der
       Elbphilharmonie aufwarten kann. [1][Kühne, Eigentümer des
       Logistikunternehmens Kühne und Nagel, hat angeboten, 300 Millionen Euro für
       einen Neubau] zu stiften. Die Verhandlungen mit dem Senat laufen. Fragt
       sich, ob ein Neubau [2][in der Hafencity] Sinn ergäbe und was dann aus dem
       Altbau würde.
       
       Im Gegensatz zu dem angedachten Neubau auf ehemaligem Hafengebiet steht das
       alte Opernhaus mitten in der Stadt, unweit des Gänsemarktes, an dem 1678
       das erste privat betriebene Opernhaus Deutschlands gegründet wurde. Georg
       Philipp Telemann wirkte hier als Stadtmusikdirektor, Georg Friedrich Händel
       als Geiger und Cembalist. 1827 bezog das Theater einen Neubau am heutigen
       Standort. Im ersten Stock des Foyers erinnert eine Büste daran, dass der
       Komponist Gustav Mahler hier in 1890er Jahren Chefdirigent war.
       
       ## Tradition und Denkmalschutz
       
       Viel Tradition also – und dazu noch ein Gebäudekomplex, der unter
       Denkmalschutz steht. Das Zuschauerhaus fiel 1943 einem Bombenangriff zum
       Opfer. 1955 nach Plänen des Architekten Gerhard Weber neu erbaut, gilt es
       dem Hamburger [3][Denkmalrat] als „ein herausragendes Beispiel für einen
       Kulturbau im Stil einer repräsentativ aufgewerteten Nachkriegsmoderne“, der
       zudem das Stadtbild präge.
       
       Die Fassade besteht aus Kalkstein und zur Hauptstraße hin im Wesentlichen
       aus hohen, golden eingefassten Fenstern. Der Bau kommt ohne Vorplatz aus;
       stattdessen führt ein Arkadengang direkt am gläsernen Foyer vorbei: Oper
       zum Anfassen.
       
       Der Neubau ist an das ebenfalls denkmalgschützte Bühnenhaus von 1926
       angeflanscht. Dahinter liegt ein Erweiterungsbau von 2005. Dieser
       Gebäudeteil liegt quer zur Kleinen Theaterstraße. Der Name ist Programm:
       Wegen der beengten Verhältnisse liefert die Oper ihre Kulissen mit
       speziellen Lastern an. Das Material von Fremdproduktionen kann nicht direkt
       angeliefert, sondern muss im Fundus im Hamburger Osten umgeladen werden.
       
       An der Nahtstelle zwischen Alt-und Erweiterungsbau gibt es ein schmales
       hohes Tor, durch das früher die Kulissen ins Bühnenhaus geschoben wurden.
       Der Eingang daneben führt in einen Gang unter der Bühne – eine
       Hauptschlagader für den Betrieb. Während der Aufführungen drängeln sich
       hier die Chorsänger, Orchestermusiker, Komparsen und Solisten.
       
       Der Neubau verschafft der [4][Hamburger Oper] eine besondere Konstellation,
       quasi drei Bühnen hintereinander: die Hauptbühne, dahinter der Aufbauraum,
       wo ein paar blaue Wände auf ihren Einsatz warten, und dahinter – notfalls
       durch einen eigenen eisernen Vorhang abgeschottet – eine Probebühne. Das
       ermöglicht auch mal eine große Tiefe, dafür ist die Bühne an sich
       vergleichsweise klein und links und rechts kaum Platz.
       
       Der Blick von der Bühne zeigt ein Meer roter Sitze und an Seiten vier
       Stockwerke hoch Logen, die wie Sortierboxen in den Zuschauerraum ragen –
       gute Sicht allenthalben.
       
       ## Alles ist in die Jahre gekommen
       
       Versteckt am Rande der Bühne steht eine Art verschrammelter Sekretär – das
       Inspizientenpult. Von hier aus wird der künstlerische und technische Ablauf
       der Aufführung koordiniert. Das Pult ist genauso in die Jahre gekommen wie
       der Großteil der Technik vor und hinter der Bühne. Und das ist eine Menge:
       Beleuchtung, Beschallung, Hebebühnen und Podeste.
       
       „Mindestens 30 Jahre alt“, sagt Christian Voß, der Technische Direktor der
       Staatsoper. Das macht es schon schwierig, Ersatz für elektrische Bauteile
       zu finden. Voß und seine Kollegen suchen sie auf Ebay. Es gibt große
       Anlagen, die nicht mal eben ausgetauscht werden können. Um die beiden
       Podien zu ersetzen, die das Orchester aus seinem Graben heben, soll das
       Haus 2027 zwei Monate lang geschlossen werden. Die normale Spielzeitpause
       von sechs Wochen reicht hierfür nicht. Eine Sanierung im laufenden Betrieb
       ist auch deswegen schwierig, weil das Publikumsgebäude asbestbelastet ist.
       
       Über kurz oder lang werde eine Generalsanierung fällig, sagt Voß. „Aber was
       machen wir in der Zeit, während wir sanieren?“ Eine Ausweichspielstätte für
       ein Opernhaus zu finden sei schwierig, über Jahre zu schließen keine
       Option. Ein Neubau hingegen böte die Möglichkeit, Raumangebot, Technik und
       Arbeitsbedingungen dem heutigen Standard anzupassen.
       
       Mit Blick auf Kühnes Angebot sprach Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda
       kürzlich von einer „großartigen mäzenatischen Geste, die wir auch gerne
       annehmen würden“. Es sei aber noch zu prüfen, ob die angebotene Summe auch
       ausreiche. Für eine alternative Nutzung des alten Theaterbaus gebe es
       „Ideen“.
       
       12 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hamburg-und-die-Kuehne-Oper/!6052265
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   DIR [3] /Anna-Joss-ueber-Denkmalschutz/!5696431
   DIR [4] https://www.staatsoper-hamburg.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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