# taz.de -- Politikwissenschaftler über Hamburg-Wahl: „Grün-Schwarz kann ich mir kaum vorstellen“
> Der Hamburger Wahlkampf ist eröffnet. Doch das ganz große Streitthema hat
> sich noch nicht herauskristallisiert, sagt der Politologe Kai-Uwe
> Schnapp.
IMG Bild: Alle drei wollen Bürgermeister werden – oder bleiben: Katharina Fegebank (Grüne), Peter Tschentscher (SPD), Dennis Thering (CDU)
taz: Droht der Hamburger Wahlkampf um die Bürgerschaft angesichts des
parallelen Bundestagswahlkampfes unterzugehen?
Kai-Uwe Schnapp: Das erscheint mir nicht sonderlich wahrscheinlich. Dagegen
spricht, dass die hiesigen Akteure gut aufgestellt sind, um ihre
unterschiedlichen Positionen deutlich zu machen. Und die Hamburger
Wähler*innen haben einen ausgeprägten regionalen und gar lokalen
Wahrnehmungsfokus.
taz: Nun finden Bundestags- und Bürgerschaftswahl nicht am selben Tag statt
– ist das gut oder schlecht für bestimmte Parteien?
Schnapp: Zunächst ist das eine schlechte Nachricht für die Wahlbeteiligung
bei der Bürgerschaftswahl. Die wird sicher niedriger sein, als hätte die
Hamburg-Wahl zeitgleich mit der Bundestagswahl stattgefunden: Da werden
sich manche schon in der Woche nach der Bundestagswahl fragen, ob sie denn
am Sonntag unbedingt nochmal ins Wahllokal gehen müssen.
taz: Das heißt, die Parteien müssen vor allem ihre Stammwähler*innen
gut mobilisieren.
Schnapp: Genau darum geht es. Mein Eindruck bei der vergangenen
Hamburg-Wahl war, dass das den beiden regierenden Parteien gut gelungen
war: Die Grünen konnten ihr meist gut gebildetes, wohlhabendes Milieu
mobilisieren ebenso wie die SPD ihre Stammwähler*innen.
taz: Ist schon abzusehen, ob die Hamburg-Wahl eher über die thematischen
oder eher über die personellen Angebote der Parteien entschieden wird?
Schnapp: Wir haben insgesamt den Trend zu immer stärker personalisierten
Wahlen, bei denen die Parteien und ihre Inhalte in den Hintergrund rücken.
Aber im Vergleich spielen in Deutschland die Inhalte noch immer eine große
Rolle. Die Parteien stellen auch ihr Spitzenpersonal vor allem danach auf,
ob sie die Themen der Partei am glaubwürdigsten vertreten. Und das zeigt
sich jetzt auch für Hamburg: Peter Tschentscher (SPD) wirkt auf viele
sympathisch, ist aber nicht der klassische Landesvater mit großer
öffentlicher Wirksamkeit, und Dennis Thering (CDU) ist auch nicht der große
Charismatiker. Katharina Fegebank (Grüne) ist am ehesten noch
charismatisch, aber ob das Einfluss auf die Wahlentscheidung hat, ist
fraglich.
taz: Welches Thema ist das zentrale vor dieser Wahl?
Schnapp: Es gibt derzeit nicht das eine große Mega-Thema, das über der
Stadt leuchtet. Man sieht, dass über Verkehr diskutiert wird. Die CDU
versucht das vor allem über das Schlagwort der Stauhauptstadt
voranzutreiben. Wie berechtigt das ist, ist zwar fraglich, zeigt aber: Die
CDU möchte mehr Politik für das Auto machen, während unter Rot-Grün in den
vergangenen Jahren viel für den Fahrrad- und Fußverkehr passiert ist. Dann
spielt die Sicherheit noch eine Rolle, die sich vor allem über die
Situation an der Drogenberatungsstelle „Drob Inn“ am Hauptbahnhof
entzündet. Und während die Schulpolitik weiter kein Thema in der Stadt ist,
wird es im Generellen darum gehen, wie die städtische Klimapolitik
fortgesetzt wird.
taz: Vermutlich wird sich die SPD nach der Wahl den Koalitionspartner
aussuchen können. Spricht etwas dafür, dass sich die SPD dann für die CDU
statt für die Grünen entscheidet?
Schnapp: Aus meiner Sicht spricht derzeit nichts dafür, alle Äußerungen der
Beteiligten gehen in diese Richtung. Und die CDU ist programmatisch weiter
entfernt von SPD als es die Grünen von der SPD sind. Zudem: Rot-Grün hat ja
in den vergangenen zehn Jahren weitgehend geräuschlos regiert – dieser
Eindruck dürfte sich zuletzt nochmal verstärkt haben angesichts der
zerbrochenen Ampel-Koalition in Berlin.
taz: Mal angenommen, es wäre nach der Wahl rechnerisch machbar: Halten Sie
eine Koalition von Grünen und CDU für tragbar?
Schnapp: Angesichts der Umfragen ist das ohnehin sehr unwahrscheinlich.
Aber auch so kann ich mir das kaum vorstellen: Die Hamburger CDU versucht
seit einiger Zeit, eine sehr konservative Partei zu sein. Wo da die
Schnittmengen mit den Grünen liegen sollen, ist nicht ersichtlich. Und auch
bei den Grünen ist die Lust, einen Wechsel vorzunehmen, nicht zu verspüren.
13 Jan 2025
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DIR André Zuschlag
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