# taz.de -- Haushalte mit Kindern: Strom aus, Wohnung weg
> Wie viele Kinder sind von Energiesperren und Zwangsräumungen betroffen?
> Das wollte die Linke von der Bundesregierung wissen. Aber die weiß es
> nicht.
IMG Bild: Wie viele Kinder oder Jugendliche von Zwangsräumungen betroffen sind, weil die Energiekosten nicht mehr bezahlbar sind, ist unklar
Berlin taz | Wenn Strom oder Gas abgestellt oder eine Wohnung geräumt wird,
ist das für Betroffene dramatisch – insbesondere wenn auch Minderjährige im
Haushalt leben. Die [1][Bundestagsabgeordnete und Spitzenkandidatin Heidi
Reichinnek (Linke)] wollte deshalb von der Bundesregierung wissen, wie
viele Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in den letzten beiden Jahren
von solchen Maßnahmen betroffen waren. Die Antwort lautet in beiden Fällen:
Die Regierung weiß es nicht.
In Bezug auf die Energiesperren verweist die Bundesregierung in ihrer
Antwort auf den jährlichen [2][Monitoringbericht der Bundesnetzagentur und
des Bundeskartellamts]. Laut diesem wurden im Jahr 2023 von den
Netzbetreibern 204.441 Stromsperren durchgeführt, das sind etwa 4.065
weniger als im Vorjahr (2022: 208.506). Die Zahl der Gassperren ist 2023
hingegen um 5.072 auf 28.059 gestiegen (2022: 22.987). Erhoben werden die
Daten von Lieferanten und Netzbetreibern. „Genauere Informationen zu
einzelnen Gruppen in den Haushalten, wie beispielsweise die Anzahl der
Kinder und Jugendlichen, liegen diesen grundsätzlich nicht vor“, heißt es
in der Antwort der Bundesregierung. Daher könne die Bundesnetzagentur diese
auch nicht abfragen.
Nichtsdestotrotz: Dass Kinder betroffen sind, ist wahrscheinlich. In der
Verbraucherzentrale Berlin kann man sich zum Beispiel zum Thema
Energieschulden beraten lassen. Nicht alle Hilfesuchenden sind zwingend von
einer Energiesperre bedroht oder betroffen. „2024 waren 56 Prozent der
Ratsuchenden Singlehaushalte und 27 Prozent Haushalte mit Kindern“, teilt
die Berliner Verbraucherzentrale der taz mit. Von den Haushalten mit
Kindern seien 48 Prozent Alleinerziehende.
Eine schlechte Datenlage gibt es auch beim Thema Zwangsräumungen. 2023
wurden laut einer Statistik des Bundesjustizministeriums, die der taz
vorliegt, 32.669 Zwangsräumungen durchgeführt. Es wird nicht durchgängig
zwischen Wohnraum und Gewerberaum unterschieden, aber es zeichnet sich
deutlich ab, dass es sich beim Großteil um Wohnraum handelt. Ob Kinder
betroffen sind, wird nicht erfasst und ist laut Bundesregierung „weiterhin
nicht vorgesehen“.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, an die sich Menschen bei
Wohnungsverlust wenden können, hat zwar keine Erhebungen zu Kindern und
Jugendlichen bei Zwangsräumungen. Eine Sprecherin kann der taz aber
bestätigen, dass „Familien (und damit Kinder) immer häufiger von
Wohnungsverlust betroffen sind“. Dieser Trend verfestige sich.
„Dass auch [3][Familien mit Kinder zwangsgeräumt] oder ihnen Strom und Gas
gesperrt werden, ist Fakt“, kritisiert Linkenabgeordnete Reichinnek. Beides
sei „absolut nicht hinnehmbar“. Dass die Regierung diese Daten nicht
erhebe, zeige, „dass dieses Problem verschleiert werden soll“.
14 Jan 2025
## LINKS
DIR [1] /Linkspartei-nominiert-Spitzenduo/!6045444
DIR [2] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Monitoringberichte/start.html
DIR [3] /Familie-Adam-soll-raus/!6058535/
## AUTOREN
DIR Jasmin Kalarickal
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