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       # taz.de -- Regisseur über Salpeter-Abbau in Chile: „Natürlich war das Ausbeutung“
       
       > Robert Krieg hat mit „Weißes Gold“ einen Dokumentarfilm über seine
       > Hamburger Vorfahren gemacht. Die haben sich an Naturvorkommen in Chile
       > bereichert.
       
   IMG Bild: Der Salpeterabbau in Chile hat verwüstete Landschaften hinterlassen: Szene aus dem Dokumentarfilm „Weißes Gold“
       
       taz: Herr Krieg, in „Weißes Gold“ verarbeiteten Sie Ihre eigene
       Familiengeschichte. Ihre Vorfahren Herman Fölsch und Henry Sloman waren
       Hamburger Kaufleute, die in Chile ihr Vermögen [1][mit Salpeter gemacht
       haben.] Ist dies der Film, den Sie immer machen wollten? 
       
       Robert Krieg: Schon als Kind hat mich interessiert, was meine Vorfahren in
       Chile getrieben haben.Und im Hintergrund schwebte mir immer vor, nach Chile
       fahren und [2][mich da auf ihre Spuren zu begeben].
       
       taz: Was haben Sie bei Ihren Recherchen über ihren Urgroßvater Herman
       Fölsch erfahren? 
       
       Krieg: Er war damals schon das, was man heute einen Start-up-Unternehmer
       nennt. Er ist im Jahr 1866 mit 21 Jahren nach Südamerika gegangen und hat
       dann als 27-Jähriger zusammen mit seinem Freund Frederico Martin sein
       eigenes Unternehmen zur Gewinnung von Chilesalpeter gegründet.
       
       taz: Haben die beiden auch Knochen der Einwohner gesammelt? 
       
       Krieg: Nein, aber der Zeitgeist hat natürlich das Gedankengut der beiden
       beeinflusst. Und natürlich hat mich auch das Thema Extraktivismus
       interessiert – also die Frage, ob meine Familie sich [3][an den
       Naturvorkommen in Chile bereichert hat]. Und dies ist ein Fakt, denn damals
       war es üblich, dass man Rohstoffe ausgebeutet und nach Europa gebracht hat.
       Und Salpeter war als Naturdünger für die aufkommende Agarindustrie und als
       Bestandteil von Schießpulver in Deutschland sehr wichtig.
       
       taz: Sie haben auf Ihrer Filmreise nach Chile noch Menschen getroffen, die
       im frühen 20. Jahrhundert in den Salpeterminen beschäftigt waren, und
       darunter ist ein Mann besonders eindrucksvoll, an dessen Gesicht man
       ablesen kann, dass er sein Leben lang sehr hart gearbeitet hat. Und er
       sagt, dass er schon als Kind in die Mine gegangen ist. 
       
       Krieg: Ja, Kinderarbeit war damals üblich. Aber auf Fotos sieht man auch
       den Stolz der Kinder, zur Arbeiterschaft zu gehören. Natürlich war das
       Ausbeutung. Das wird schon dadurch deutlich, dass die Bezahlung zum großen
       Teil durch eigene Münzen der Minen stattfand. Die blieben dann im
       Kreislauf, weil man damit nur Sachen in den Läden der Minen kaufen konnte.
       
       taz: Ist „Weißes Gold“ auch stilistisch in ihrer Filmografie etwas
       Besonderes? 
       
       Krieg: Ja, weil ich hier die Form des Reiseessays gewählt habe und selber
       durch den Film führe. Das habe ich bei meinen anderen Filmen nie gemacht.
       
       taz: Macht man bei den Dreharbeiten zu einem Reisefilm nicht auch
       Entdeckungen, mit denen man vorher nie gerechnet hat? 
       
       Krieg: Ja, so ist es gewesen. So sind wir bei der letzten Salpetermine, die
       noch in Betrieb war, in einem kleinen Lokal auf eine riesige Sammlung von
       historischen Fotos und Dokumenten gestoßen. Die Wüste ist dort so trocken,
       dass die Dinge nicht vergammeln. Da gab es sogar noch Schecks, die vor über
       100 Jahren von meinem Vorfahren Henry Sloman unterzeichnet wurden. Und auf
       solche Funde sind wir auf Schritt und Tritt gestoßen.
       
       18 Jan 2025
       
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