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       # taz.de -- Frankreich: Emmanuel Macron ernennt neue Regierung
       
       > Frankreichs Premier François Bayrou stellt sein Kabinett vor. Unter den
       > Neuen sind viele Ehemalige. Verspricht das eine stabile Regierung?
       
   IMG Bild: Hat eine neue Regierung ernannt: Emmanuel Macron
       
       Frankreich bekommt als Weihnachtsbescherung eine Regierung. Genau so, wie
       dies der Zentrumsdemokrat François Bayrou, der am 13. Dezember von
       Präsident Emmanuel Macron als Premierminister nominiert worden war, am
       Wochenende versprochen hat. Der Tradition der Fünften Republik folgend trat
       am Montagabend also der Generalsekretär des Staatspräsidiums, Alexis
       Kohler, vor die Treppe des Elysée-Präsidentenpalasts, um wie üblich
       kommentarlos die Liste der Regierungsmitglieder zu verlesen, die auf
       Vorschlag des Premierministers ernannt wurden.
       
       Ganz neu ist diese aus den ersten Blick Regierung nicht, weil auf einigen
       Schlüsselposten auf Macrons ausdrücklichen Wunsch mehrere Bisherige der
       Regierung des gestürzten Premiers Michel Barnier bestätigt wurden. Die
       Parteichefin der Grünen, Marine Tondelier, spottete deswegen sogleich, das
       sei eine „Recycling-Regierung“.
       
       Der Konservative Bruno Retailleau bleibt Innenminister, der Macronist
       Sébastien Lecornu Verteidigungsminister, Rachida Dati behält das
       Kulturministerium. Außenminister Jean-Noël ist weiterhin Außen- und
       Europaminister, Agnès Pannier-Runacher Umweltministerin, Annie Genevard
       Landwirtschaftsminister etc. Das bisherige Rehgierungsmitglied Catherine
       Vautrin erhält statt der Raumplanung und Dezentraliserung ein erweitertes
       Arbeits-, Familien- und Gesundheitsministerium.
       
       [1][Bayrou möchte offensichtlich auf die Erfahrung setzen], denn auch unter
       den Neuzugängen fallen mehrere Ehemalige auf, namentlich zwei frühere
       Premierminister, Élisabeth Borne und Manuel Valls. Mit der Nominierung von
       Borne war in den Medien gerechnet worden, sie wird nun
       Erziehungsministerin. [2][Sie bleibt in den Reihen der Macronisten eine
       wichtige Stimme]. Dasselbe kann man auch vom früheren Innenminister Gérald
       Darmanin sagen, der Justizminister wird.
       
       Valls hingegen war unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande
       zuerst Innenminister und dann Regierungschef. Er scheiterte aber mit einem
       Versuch, in Katalonien mit der extremen Rechten seine politische Laufbahn
       fortzusetzen. Als Symbol einer politischen Öffnung kann er kaum gelten, ist
       er doch seit Langem auf Distanz zum Parti Socialiste gegangen. Ihm wird das
       weit weniger begehrte Portefeuille des Ministeriums für die Überseegebiete
       übertragen. Ein anderer Ex-Sozialist, der frühere Bürgermeister von Dijon
       und Ex-Arbeitsminister François Rebsamen, wird in Bayrous Team für die
       Dezentralisierung und Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften
       zuständig.
       
       ## Regierungserklärung am 14. Januar
       
       Ein anderer Bisheriger mit Regierungserfahrung, der konservative
       Vorsitzende der Region Nordfrankreich Xavier Bertrand, wurde dagegen
       kurzfristig wieder ausgeladen. Er teilte den Medien sichtlich empört mit,
       Bayrou habe ihm schriftlich mitgeteilt, dass er den ihm noch am Vortag
       versprochenen Posten des Justizministers nicht bekomme, weil das
       rechtspopulistische Rassemblement National (RN) ihn ablehne. Diese
       erstaunliche Begründung lässt den Schluss zu, dass Marine Le Pen, die in
       Bertrand einen politischen Feind sieht, einen starken Druck ausgeübt oder
       Bayrou sogar erpresst hatte, wie sie das vorher schon mit Barnier
       anfänglich praktiziert hatte. „Ich weigere mich, an einer Regierung
       teilzunehmen, die mit der Billigung von Madame Le Pen gebildet wurde“,
       erklärt Bertrand in einem Communiqué.
       
       Unter den neuen Gesichtern in der Regierung ist vor allem Bankier Eric
       Lombard, der neue Wirtschafts- und Finanzminister, zu erwähnen. Der
       66-Jährige war bisher Vorsitzender der öffentlichen Caisse des Dépôts. Er
       ist einer der Wenigen in diesem Kabinett, die nicht aus der Parteipolitik
       kommen und ihre Karriere in den Ministerien gemacht haben.
       
       Laut mehreren französischen Medien hatte Macron seinen Premierminister
       Bayrou nur widerwillig ernannt, weil dieser mit dem Austritt seiner Partei
       MoDem aus der Koalition der Mitte drohte. Und bei der Bildung der Regierung
       bestand Bayrou auf einer gewissen Unabhängigkeit. Es hatte mehrere Treffen
       mit Macron im Elysée gebraucht, bis die nun publizierte Liste
       veröffentlicht werden konnte. Auch die Konservativen von LR beanspruchten
       nicht nur Schlüsselpositionen, sie wollten auch, dass Bayrou ihnen
       schriftliche Garantien gab für die Respektierung von mehreren für sie
       unabdingbaren Programmpunkten wie die verschärfte Migrationspolitik.
       
       Bayrou will am 14. Januar bei seiner Regierungserklärung dies präzisieren.
       Für Mitte Februar hat er einen Entwurf für den Staatshaushalt 2025
       versprochen. Wegen der Debatte über die Ausgaben und Steuereinnahmen war
       Bayrous [3][Vorgänger Barnier zu Fall gekommen], weil die linke und rechte
       Opposition gemeinsam bei einem Votum über einen Misstrauensantrag gegen die
       Regierung stimmten. Dasselbe Schicksal könnte bald schon auch Bayrou
       ereilen, der zwar eine „neue Methode“ verheißt, aber wie Barnier keine
       regierungsfähige Mehrheit in der Nationalversammlung hat, letztlich aber
       von der Duldung durch die Rechtspopulisten des RN abhängig ist.
       
       23 Dec 2024
       
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