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       # taz.de -- Senegals Linksregierung stellt Pläne vor: Für ein „souveränes“ Senegal
       
       > Senegals Premierminister Ousmane Sonko will das Land für die nächsten 25
       > Jahre umkrempeln. Zu seinen Baustellen gehören auch die Außenbeziehungen.
       
   IMG Bild: „Bruch von nie dagewesener Tiefe und Tragweite“: Ousmane Sonko (in Weiß) kurz vor Redebeginn in Senegals Parlament, 27. Dezember
       
       Accra taz | Es war eine mit Spannung erwartete Rede. Nach mehreren
       Verschiebungen trat Senegals Premierminister [1][Ousmane Sonko] schließlich
       am vergangenen Freitag vor das Parlament, um seine Regierungserklärung zu
       halten. In einem traditionellen weißen Boubou gekleidet, verkündete der
       Politiker sein „Programm des Bruchs“, um den auf 25 Jahre angelegten
       Masterplan der Regierungspartei Pastef umzusetzen, der dem
       westafrikanischen Land eine völlig neue politische Ausrichtung geben soll.
       
       [2][Pastef (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und
       Brüderlichkeit)] hatte im März mit ihrem Spitzenkandidaten Bassirou Diomaye
       Faye die [3][Präsidentschaftswahlen] in Senegal mit knapp 55 Prozent
       [4][gewonnen], vor allem mit den Stimmen der städtischen Jugend, die unter
       Arbeitslosigkeit und Korruption leidet.
       
       Parteigründer Sonko, der wegen Verurteilungen vor Gericht nicht selbst als
       Präsident kandidieren durfte, wurde Premierminister, aber konnte mangels
       Parlamentsmehrheit wenig gestalten. Bei [5][vorgezogenen Parlamentswahlen]
       im November siegte Pastef erneut mit knapp 55 Prozent der Stimmen und hält
       nun mit 130 von 165 Sitzen eine komfortable absolute Mehrheit. Nun kann
       Sonko durchregieren.
       
       „Es ist zwingend notwendig, einen Bruch von nie dagewesener einer Tiefe und
       Tragweite zu vollziehen, seit unserer Erlangung der Unabhängigkeit“,
       leitete Sonko seine Regierungserklärung bedeutungsschwer ein.
       
       ## Abrechnung mit der alten Regierung
       
       Dabei begann der Regierungschef mit einer schonungslosen Abrechnung. Die
       Prüfung der öffentlichen Finanzen hatte ergeben, dass das Haushaltsdefizit
       und die Staatsverschuldung unter der ehemaligen Regierung zu niedrig
       angesetzt waren. Die Offenlegung der neuen Zahlen hatte zur Aussetzung der
       Finanzhilfen durch den IWF und der Weltbank geführt. Entsprechend kündigte
       Sonko tiefgreifende Wirtschafts- und Steuerreformen an.
       
       So sollen zwar Steuern gesenkt werden, aber die Zahl der Steuerzahler
       erhöht werden und gegen Steuerhinterziehung vorgegangen werden. Auch sollen
       bilaterale Abkommen neu verhandelt werden, „wenn diese für uns ungünstig
       sind“, so Sonko. Ziel sei ein souveränes Senegal mit einer blühenden
       Wirtschaft. Aufschwung verspricht sich das Land vor allem durch die
       Förderung der Gasvorkommen vor Senegals Küste. Diese soll 2025 beginnen.
       
       Des Weiteren kündigte Sonko eine Überarbeitung des Amnestiegesetzes an.
       Dieses war am 6. März 2024 unter Ex-Präsident Macky Sall verabschiedet
       worden. Das Gesetz hatte es ermöglicht, Hunderte Personen freizulassen –
       darunter auch Ousmane Sonko und Bassirou Diomaye Faye, womit dieser
       Präsident werden konnte.
       
       Doch deckt es auch Verbrechen und Vergehen ab, die zwischen 2021 und 2024
       begangen wurden. Darunter die gewaltsame Niederschlagung von Protesten vor
       den Präsidentschaftswahlen 2024. In den kommenden Wochen soll ein
       Gesetzesentwurf vorgelegt werden, um die Vorfälle aufzuklären, kündigte
       Sonko an. „Es geht hier nicht um eine Hexenjagd, und schon gar nicht um
       Rache. Es geht einfach um Gerechtigkeit“, erklärte er.
       
       ## Frankreich wird es schwerer haben
       
       Zudem bestätigte Sonko die Aussage von Präsident Faye, französische
       Militärstützpunkte im Land schließen zu wollen, ging jedoch nicht weiter
       auf die Details ein. Stattdessen bekräftigte er Senegals Absicht, die
       Zusammenarbeit mit anderen afrikanischen Ländern vertiefen zu wollen.
       
       Auch kündigte er das „Prinzip der Gegenseitigkeit“ bei der Erteilung von
       Visa an, ließ den Zeithorizont jedoch offen. „Gegenseitigkeit“ heißt, dass
       es beispielsweise für Franzosen in Zukunft genauso schwer wird, nach
       Senegal zu reisen, wie jetzt schon für Senegalesen nach Frankreich.
       
       In Bezug auf [6][die illegale Migration] per Boot, die vor der Küste
       Senegals immer wieder zu Toten führt, kündigte Sonko an, Partnerschaften
       für legale Migration fördern zu wollen. Gleichzeitig will die Regierung die
       Küste stärker kontrollieren, um Menschen davon abzuhalten, den gefährlichen
       Seeweg nach Europa anzutreten.
       
       Mit seiner Grundsatzrede hat Premierminister Ousmane Sonko nicht nur die
       Richtung für die kommenden Jahre vorgegeben. Es ist eine Vision einer
       anderen Politik, die auf Wandel, Gerechtigkeit und wirtschaftlicher
       Souveränität basiert. Das wichtigste Versprechen dabei: Die Verpflichtung
       zu Wahrheit, Transparenz und einer Regierung, „die dient, anstatt sich zu
       bedienen“.
       
       29 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ousmane_Sonko
   DIR [2] https://pastef.org/
   DIR [3] /Praesidentschaftswahl-in-Senegal/!5999966
   DIR [4] /Machtwechsel-nach-Wahl-in-Senegal/!5997744
   DIR [5] /Parlamentswahlen-in-Senegal/!6047191
   DIR [6] /Flucht-und-Bleiben-in-Afrika/!6045563
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Helena Kreiensiek
       
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