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       # taz.de -- TV-Krimi „Nix für Angsthasen“: Wer braucht Münster-„Tatorte“, wenn es „München Mord“ gibt?
       
       > Nach über zehn Jahren schaut unsere Autorin auch „München Mord“. Die
       > Serie rutscht ins Absurde, ohne zu nerven und überzeugt: vom Dialog bis
       > zum Schnitt.
       
   IMG Bild: „Nix für Angsthasen“: Die Kommissar:innen Harald Neuhauser, Ludwig Schaller und Angelika Flierl
       
       Die Sache ist die: Wenn man traditionell streng programmiert ist auf die
       Sonntagabendkrimis für diese wöchtenlichen Rezensionen, also [1][„Tatort“],
       [2][„Polizeiruf 110“], die üblichen Verdächtigen, fallen andere – speziell
       jene am Wochenende – halt gerne mal hinten runter.
       
       [3][Die Krimireihe „München Mord“ im ZDF] zum Beispiel. Und das, obwohl die
       Serie nun schon in Folge 10 der 2. Staffel angekommen ist. Bisher noch nie
       gesehen, ehrlich gesagt, aber mei. Um den ignoranten Eindruck
       zurechtzurücken: Die Serie läuft zwar wirklich – huch! – seit dem Jahr
       2014, aber eben nur zwei Episoden im Jahr. Kann also passieren. Der
       Lackmustest in solchen Fällen: Funktioniert eine Folge auch so, ganz ohne
       Vorkenntnisse?
       
       Diese hier absolut. Und zwar auf ganzer Linie.
       
       Nicht nur, weil’s in „Nix für Angsthasen“ um einen herrlich rätselhaften
       Fall geht. Auf den ersten Blick sieht alles aus wie Herzinfarkt. Dazu
       stellt sich peu à peu heraus, dass das Opfer Christoph Bojanski ein
       Doppelleben führte. Mindestens. Zwischen Versicherungsbüro,
       Briefkastenadresse mitten im Wald, mehreren Phobien und Frauen. Vor Jahren
       hat er einen Kiosküberfall vereitelt, der Verbrecher wurde verurteilt, nun
       ist er frisch entlassen, tags darauf ist Bojanski tot.
       
       Drum also: wirklich nur ein Herzinfarkt?
       
       Könnte drum auch nur an der Episode liegen, aber: Der Tonfall der „München
       Mord“-Truppe ist von Anfang an klar erkennbar besonders. Immer leicht ins
       Absurde rutschend, ohne dass es irgendwie nervt, dazu eine stabil nüchterne
       Komik, von den Dialogen über die Kameraeinstellungen bis zum Schnitt.
       
       Vermutlich gelingt diese Wiedererkennbarkeit vor allem dank des
       hervorragenden Spiels von Hochkarätern wie Bernadette Heerwagen als
       Angelika „Fräulln“ Flierl, Marcus Mittermaier als Harald Neuhauser,
       Alexander Held als Ludwig Schaller, also das Ermittlungsteam.
       
       Ein gutes Indiz, dass solche Provinzkrimiserien wirklich taugen, neben
       jenen Hauptrollen, sind diejenigen, die die Nebenfiguren spielen. Dieses
       Mal etwa Eli Wasserscheid (Wanda Goldwasser im Franken-„Tatort“), Sebastian
       Bezzel (Ex-Konstanz-„Tatort“, jetzt Franz Eberhofer in den
       Rita-Falk-Verfilmungen, „Rehgulasch Rendezvous“ von 2023 läuft übrigens
       hierzu parallel im BR). Und allein in der vorigen Folge – ja, ich habe
       gleich nebenher mal weitergeschaut, so sympathisch gut ist die Chose –
       waren Thomas Schmauser, Christian Erdmann, Sina Wilke mit dabei, kennen Sie
       alle, wenn Sie sie sehen, häufig auch in „Tatorten“ und anderen bekannten
       Krimis besetzt, sie spielen super, allesamt.
       
       Buch und Regie hat Matthias Kiefersauer übernommen, in den vorigen Episoden
       wie in der aktuellen, die Kontinuität funktioniert. Übrigens wie in jener
       anderen ZDF-Provinzkrimiserie, die am anderen Ende der Republik spielt, auf
       Sylt: [4][„Nord Nord Mord“, auch so ein glänzender Geheimtipp].
       
       Aber wie soll man nicht schachmatt vor einem TV-Krimi liegen, wenn die
       Oberkommissarin mit der lässigsten Selbstverständlichkeit sagt, sie sei ja
       eben aus Trudering, „der gefährlichste Stadtteil Münchens. Trudering ist
       das Gegenteil von Angst“. Und ihre Band heißt „Fleischplanet“.
       
       Wer braucht schon Münster-„Tatorte“, wenn es „München Mord“ gibt, Leute.
       
       17 Jan 2025
       
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