# taz.de -- AfD-Klage gegen Stadtobere in Hannover: Nicht neutral betrachtet
> Die AfD verklagt den Oberbürgermeister und seine Dezernentenriege vor dem
> Verwaltungsgericht, weil sie nicht brav da sitzen und nicken.
IMG Bild: Eigentlich ist der AfD natürlich gar nichts passiert, aber die klagt halt trotzdem gern
Neutralität ist ein schwieriges Ding. Niemand weiß so hundertprozentig, wie
sie aussehen soll – langweilig vermutlich, farblos oder beige, ein bisschen
unscharf oder irgendwie egal.
Neutralität ist das, was die AfD seit geraumer Zeit [1][immer mal wieder
für sich einfordert], von Amtsträgern vor allen Dingen. In dieser Woche
musste sich das Verwaltungsgericht Hannover mal wieder mit zwei solcher
[2][Neutralitätsklagen der AfD] befassen.
In der ersten Klage ging es um den Ersten Stadtrat Axel von der Ohe (SPD),
der [3][eine AfD-Anfrage zu beantworten hatte.] In dieser ging es – wir
sprechen hier vom Jahr 2022 – grob zusammengefasst darum, ob man jetzt
endlich mal diese ganzen kriminellen Syrer und Afghanen abschieben würde,
um Platz für ukrainische Frauen und Kinder zu schaffen.
Von der Ohe leitete seine Antwort (die übrigens wenig überraschend „Nein“
lautete) mit einer persönlichen Vorbemerkung ein, in der er das [4][hinter
dieser Anfrage liegende Menschenbild] zurückwies und sagte, die wäre besser
überhaupt nicht gestellt worden.
## Den Ratssaal zu verlassen war nicht ok
Das – fand das Verwaltungsgericht – ist zwar eine Wertung, aber keine, die
so unsachlich, ungebührlich, schmähend oder beleidigend wäre, dass man sie
zu beanstanden hätte.
„Jetzt kommen Sie mir doch nicht schon wieder mit dieser rassistischen
Kackscheiße“, hätte er also nicht sagen dürfen. Aber so drückt sich der
Mann ja öffentlich nie aus, der will auch einmal Bürgermeister werden,
munkelt man.
Beim zweiten Fall [5][ging es um die Ratssitzung am 22. Dezember 2022.] Als
der AfD-Fraktionsvorsitzende Jens Keller in seiner Haushaltsrede begann,
von „kulturfremden Sozialtouristen“ zu schwadronieren, verließen
Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne), etliche Dezernenten und einige
Ratsmitglieder den Saal.
Da ahnte man im Rathaus sehr wohl, dass man damit vielleicht gegen die
Spielregeln verstößt. Jedenfalls versuchte man es mit so Ausreden wie: Es
gäbe ja keine durchgehende Anwesenheitspflicht und andere müssten ja auch
mal telefonieren oder aufs Klo oder an die frische Luft.
Das ließ das Gericht nicht durchgehen. Der OB und seine Dezernent*innen
hätten [6][„den Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung verlassen“,
befand die Kammer.]
## Nutzlose Klage als PR-Gag
Und wies die Klage der AfD trotzdem ab. Die hätte nämlich sofort
protestieren können – und mit einem Antrag zur Geschäftsordnung darauf
hinwirken können, dass die Abwesenden zurückgepfiffen werden. Hat sie aber
nicht. Warum nicht? Weil man lieber Verwaltungsgerichte mit sinnlosen
Klagen verstopft, die sonst vielleicht Asylklagen abarbeiten würden.
Neutral betrachtet ist der AfD natürlich in beiden Fällen gar nichts
passiert: Ihr Rederecht wurde nicht beschnitten, ihre Anfrage ordnungsgemäß
beantwortet – ob nun mehr oder weniger neutral, ändert im Ergebnis null.
Aber so eine Klage ist immer ein hübscher PR-Gag, denn egal wie sie
ausgeht, man kann sich anschließend den eigenen Anhängern gegenüber mal
wieder als große Märtyrerin aufspielen.
Das ist halt wichtig für Menschen, bei denen das Gefühl, immer
benachteiligt zu werden, genauso zur emotionalen Grundausstattung gehört
wie das andauernde Empört- und Beleidigtsein. Na gut, hier bitte schön, man
gönnt euch ja sonst nix.
24 Jan 2025
## LINKS
DIR [1] /Streit-um-Neutralitaetsgebot/!6026988
DIR [2] /Politik-auf-dem-Schulhof/!6011574
DIR [3] https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/0863-2022F1
DIR [4] /AfD-an-Berliner-Schulen/!6012185
DIR [5] https://www.youtube.com/watch?v=qSRwZqaBDoY&list=PLMLXjnz7KuV7xcj3RAowXfqOA6rRSIdhA&index=19
DIR [6] https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/klagen-der-afd-fraktion-gegen-den-oberburgermeister-der-stadt-hannover-abgewiesen-238906.html
## AUTOREN
DIR Nadine Conti
## TAGS
DIR Schwerpunkt Rassismus
DIR Schwerpunkt AfD
DIR Hannover
DIR Parlament
DIR Kolumne Provinzhauptstadt
DIR Andy Grote
DIR Kolumne Provinzhauptstadt
DIR Kolumne Der rechte Rand
DIR Kolumne Provinzhauptstadt
DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
DIR Kolumne Provinzhauptstadt
DIR Kolumne Provinzhauptstadt
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Klage der Hamburger AfD: Innensenator muss nicht neutral sein
Andy Grote (SPD) durfte in einer Parlamentsdebatte politische Kritik an der
AfD üben. Das Neutralitätsgebot gelte dort nicht, entscheidet das Gericht.
DIR Angriffe auf medizinisches Personal: Härter, immer härter ahnden
Niedersachsens Gesundheitsminister fordert härtere Strafen für Angriffe auf
medizinisches Personal. Das ist verständlich, aber nutzlos.
DIR AfDler will rechte Gewerkschaft gründen: Der rechte Personalrat
Jens Keller ist AfD-Stadtrat in Hannover, Personalrat und Ver.di-Mitglied.
Nun will er Ver.di verlassen und eine AfD-nahe Gewerkschaft gründen.
DIR Babyboomer in die Grundschulen: Der alte weiße Mann in seiner schönsten Form
Ein Bildungssoziologe setzt auf fitte Babyboomer als Helfer an
Grundschulen. Würde das nicht gleich ein Dutzend Probleme lösen? Ein
Träumchen.
DIR SPD-Wahlkampfauftakt in Hannover: Der Generalsekretär vorm Edeka
Die SPD im Wahlkampf: Die Niedersachsen-Connection rearrangiert sich, von
den Frauen redet keiner und Matthias Miersch bequatscht Samstagseinkäufer.
DIR Reaktionen auf den Anschlag: Der Hinterbänkler und das Anschlagsopfer
In Braunschweig macht ein CDU-Ratsherr auf X blöde Witze über
Anschlagsopfer. Jetzt will man ihn loswerden.
DIR SPD-Skandal um „schwarze Liste“: Die hohe Kunst der guten Ausrede
In Hannover hat die SPD kritische Äußerungen von Stadtmitarbeitern
gesammelt. Und hatte dafür nicht einmal eine gute Ausrede parat.