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       # taz.de -- Tasoulas will Staatspräsident werden: Eine Personalie spaltet Hellas
       
       > Das Athener Parlament wird den 65-jährigen Juristen wohl zu Griechenlands
       > neuem Staatspräsidenten wählen. Tasoulas ist glühender Antikommunist.
       
   IMG Bild: Vor dem Höhepunkt seiner politischen Karriere? Kostas Tasoulas, hier 2019 im Athener Parlament
       
       Zuerst Bürgermeister, später Vize-Verteidigungsminister, hernach
       Kulturminister, bis zuletzt Parlamentspräsident, bald Staatspräsident:
       Kostas Tasoulas, 65, steht zweifelsohne vor dem Höhepunkt seiner
       Politkarriere. Das Athener Parlament wird den 65-jährigen Juristen aller
       Voraussicht nach zu Griechenlands neuem Staatspräsidenten wählen. Die
       Prozeduren dafür beginnen am Samstag. Athener Analysten gehen davon aus,
       dass Tasoulas gegen seine Mitbewerber den Sack zumacht im vierten Wahlgang,
       der wohl am 12. Februar stattfindet. Dann ist für seine Wahl nur noch eine
       einfache Stimmenmehrheit in der ehrwürdigen Boule der Hellenen vonnöten.
       
       Dass Tasoulas nicht schon früher eine breite Mehrheit auf sich vereint hat,
       liegt nicht nur an seiner oftmals parteiischen Debattenführung, die er als
       Parlamentspräsident bis zuletzt an den Tag legte. Seine am 15. Januar
       bekannt gegebene Nominierung durch den konservativen Premier Kyriakos
       Mitsotakis spaltet Hellas. Sie reißt alte Wunden zwischen der Linken und
       der Rechten auf, die aus dem Griechischen Bürgerkrieg von 1946 bis 1949
       rühren.
       
       Tasoulas ist ein glühender Antikommunist. In der allein in Athen
       regierenden konservativen Nea Dimokratia (ND) ist er dem nationalistischen
       Flügel zuzurechnen. Hohe Wellen schlug der Rechtsaußen Tasoulas, für die ND
       erstmals 2000 ins Athener Parlament einziehend, in einer Parlamentsrede, in
       der er den damaligen Premier Alexis Tsipras von der radikallinken Syriza
       scharf angriff.
       
       Tasoulas geißelte Tsipras dafür, dass er Nikos Belogiannis’ gedenke.
       Belogiannis wiederum ist eine Galionsfigur für Griechenlands Linke. Er
       kämpfte während der deutschen Besatzung gegen die Nazis und im Griechischen
       Bürgerkrieg bis zu deren Niederlage für die kommunistische Demokratische
       Armee.
       
       Jahrzehnte später polterte Tasoulas bloß: „Belogiannis’ Anhänger beteuern,
       er habe für die Demokratie gekämpft. Ich verneine das! Die Etablierung
       einer kommunistischen Diktatur stellt keine demokratische Tat dar.“ Die
       Syriza-Parteizeitung Avgi bezeichnete Tasoulas’ Ausraster als
       „antikommunistisches Crescendo“.
       
       Im April 2022 wiederum wurde bei einer live übertragenen Rede des
       ukrainischen Präsidenten Selenskyj das Statement eines [1][Kämpfers des
       ukrainischen Regiments Asow], das eine rechtsextreme Gründungsvergangenheit
       hat, im Athener Parlament eingeblendet – ohne dass Parlamentspräsident
       Tasoulas darauf reagierte. Mehrere Athener Abgeordnete verließen aus
       Protest das Plenum. „Nazis wieder im Parlament“, titelte die linke Zeitung
       Efsyn.
       
       ## Ein Staatschef sollte einen
       
       Dass ND-Chef Mitsotakis seinen willfährigen Parteifreund Tasoulas ins
       Rennen um das Amt des Staatsoberhaupts schickt, widerspricht den hiesigen
       Gepflogenheiten. Sie sehen vor, dass der Regierungschef dafür einen
       Kandidaten aus dem anderen politischen Lager vorschlägt. Der Staatschef
       soll einen, nicht spalten.
       
       Mitsotakis entschied sich für Spaltpilz Tasoulas. Der ND-Chef will mit der
       heiklen Personalie die erstarkende Ultrarechte rechts von der ND in Schach
       halten. Kritiker monieren, Mitsotakis instrumentalisiere die
       Präsidentenwahl dafür.
       
       Fest steht: Am 16. Januar, dem letzten Tag seiner Amtszeit als
       Parlamentspräsident, unterschrieb Tasoulas Zuschüsse über eine Million Euro
       für die orthodoxe Kirche im nordwestgriechischen Ioannina, an das dortige
       Stadtheater, den dortigen Kulturverein sowie den Bau eines dortigen
       Militärmuseums. Tasoulas’ Wahlkreis liegt in Ioannina. Klientelismus pur.
       
       24 Jan 2025
       
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   DIR Ferry Batzoglou
       
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