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       # taz.de -- Die Wahrheit: König der braunen Insel
       
       > Korruption geht auch in Irland. Einer der Könige der Korruption kungelt
       > jetzt aktiv bei der Regierungsbildung mit.
       
       Die Grüne Insel ist eigentlich eine Insel der braunen Umschläge, wo
       Bestechlichkeit zum Berufsbild eines Politikers gehört. Der größte Schurke
       sorgt jetzt dafür, dass die Opportunisten in Irland an der Macht bleiben.
       
       Den beiden Parteien Fine Gael und Fianna Fáil fehlte nach den Wahlen im
       November ein einziger Sitz zur absoluten Mehrheit. So handelten sie mit der
       Regional Independent Group (RIG, auf Deutsch „manipulieren“) einen Deal
       aus, damit die Regierung am Mittwoch vom Parlament gewählt werden kann.
       Verhandlungsführer der sieben Landeier war Michael Lowry, der selbst für
       irische Verhältnisse außergewöhnlich korrupt ist. „Es war ein langer und
       mühsamer Prozess“, sagte Lowry.
       
       Damit meinte er freilich nicht das Tribunal, das seit 1997 tagte und 2011
       einen Bericht vorlegte, in dem Lowry „zweifelsfrei als Steuerhinterzieher“
       identifiziert wurde. Ihm wurde bescheinigt, dass er einen „zynischen
       Amtsmissbrauch“ begangen habe, dass sein Verhalten „in einem
       atemberaubenden Ausmaß zutiefst korrupt“ sowie „schändlich“ und
       „hinterlistig“ war und dass er die Regierung, das Parlament und die
       Wählerschaft nach Strich und Faden belogen habe.
       
       Lowry ist ehemaliger Vorsitzender von Fine Gael und war von 1994 bis 1996
       Minister für Kommunikation. In dieser Funktion schusterte er dem
       Geschäftsmann Denis O’Brien eine der lukrativsten staatlichen
       Mobilfunklizenzen zu, die jemals vergeben wurden. O’Brien wurde daraufhin
       zu einem der reichsten Männer Irlands. Er zeigte sich Lowry gegenüber sehr
       dankbar.
       
       ## Fein dies, fein das
       
       Das war selbst für seine Partei, die gewiss nicht zimperlich ist, zu viel:
       Sie warf ihn hinaus und verlangte von ihm, seinen Parlamentssitz
       aufzugeben. Das forderte auch Fianna-Fáil-Chef Micheál Martin, der am
       Mittwoch Premierminister wird. Lowry solle seine Position gefälligst
       überdenken, sagte er damals. Dabei war das nur die Spitze eines Eisbergs,
       die Liste seiner Gaunereien ist lang.
       
       Vergessen und vergeben. Sowohl Martin, als auch der Noch-Premierminister
       Simon Harris von Fine Gael erklärten, dass sie trotz alledem gerne mit
       Lowry zusammenarbeiten wollen. Schließlich sei er „demokratisch gewählt“
       worden und habe seitdem die Regierung unterstützt – natürlich nicht ohne
       Gegenleistungen. Er erpresste Lottogelder, ein Krankenhaus, ein Schwimmbad
       und vieles mehr für seinen Wahlkreis. Deshalb wird er auch als Parteiloser
       stets wiedergewählt, denn seine Wähler profitieren von seiner Korruption.
       
       In die Gespräche über die Bildung der nächsten Regierung platzte
       vorvergangenen Donnerstag die Nachricht, dass die Polizei nun endlich das
       Dossier des Tribunals an die Staatsanwaltschaft übergeben hat. Auch das
       wird Lowry überstehen, obwohl er vermutlich noch nie ein ehrliches Geschäft
       getätigt hat. Genau das qualifiziert ihn zum Königsmacher auf der braunen
       Insel.
       
       20 Jan 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
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