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       # taz.de -- Russland und die Bundestagswahl: Russische Häme für Deutschland
       
       > Russland blickt gelangweilt auf die anstehende Wahl in Deutschland. Putin
       > und seine Anhänger halten das Land ohnehin seit Langem für „unsouverän“.
       
   IMG Bild: Russland blickt mit wenig Interesse auf die anstehende Bundestagswahl
       
       Moskau taz | Es ist immer wieder die gleiche Geschichte, die [1][Wladimir
       Putin], fast schon belustigt, bei seinen Auftritten erzählt. Die Geschichte
       vom Geburtstag des deutschen Ex-Kanzlers Gerhard Schröder, „[2][meines
       Freundes Gerhard]“. Eines Tages sei er dort eingeladen gewesen, schöne
       Worte auf den Gastgeber, Toasts, feierliche Atmosphäre.
       
       „Und dann sprachen doch dort alle Englisch! Glückwünsche auf Englisch!
       Selbst die Mädchen vom Chor in Hannover haben auf Englisch gesungen!“ Putin
       macht eine Pause. Nur ein russischer Kosakenchor habe „aus Respekt vor der
       deutschen Nation“ auf Deutsch gesungen. Jawohl!
       
       „Souveränität ist eine wichtige Sache“, wiederholt der russische Präsident
       nach dieser Erzählung, zuletzt bei seiner groß inszenierten
       [3][Pressekonferenz im Dezember.] „Souveränität muss im Innern, im Herzen
       verankert sein.“ „Das deutsche Volk“ aber sei des „Gefühls von Heimat und
       Souveränität“ beraubt worden. Das sei die Wurzel aller Probleme, die
       Deutschland in diesen Tagen erlebe. Keine Souveränität im Herzen heiße auch
       keine wirtschaftliche Souveränität, auch keine politische.
       
       ## Herumreiten auf der „Souveränität“
       
       In diesem Duktus blickt das offizielle Russland auch auf die anstehende
       Bundestagswahl: mit wenig Interesse. Es hält das Land für schwach – und
       eben unsouverän. Entschieden werde ohnehin in den USA. Die Deutschen seien
       schlicht Befehlsempfänger.
       
       Wenige Monate vor seinem Auftritt im Dezember hatte Putin vor jungen
       Wissenschaftler*innen bereits Ähnliches von sich gegeben: „Manchen aus
       der deutschen Regierung fehlt die Professionalität, um qualitativ
       hochwertige Entscheidungen zu treffen. Ich will da keine Namen nennen, aber
       die ganze Welt lacht über sie.“
       
       Das Herumreiten auf der „Souveränität“ zeigt Zweierlei: Es ist Putins
       eigene Kränkung, vom geliebten Deutschland, von dem er in der Vergangenheit
       fast schon mit Wärme und stets voller Sehnsucht sprach, nach dem Überfall
       in die Ukraine quasi aufgegeben worden zu sein. Es ist auch die
       Überzeugung, in Deutschland werde nichts selbst entschieden. Deshalb die
       Reden Putins, über Deutschland lache die Welt. Deshalb auch die Aussagen
       des russischen Außenministers Sergei Lawrow, der deutschen Regierung sei
       jegliches Schamgefühl verloren gegangen.
       
       ## Deutschland als Marionette der USA
       
       Deutschland müsse Russland ewig dankbar sein, es sei schließlich Moskau
       gewesen, das zur deutschen Wiedervereinigung beigetragen habe. Die
       Deutschen aber seien nicht dankbar, stattdessen haben sie – zusammen mit
       Frankreich – die territoriale Unversehrtheit der Ukraine zerstört. Die
       Ukraine habe schließlich das Minsker Abkommen nicht befolgt, als dessen
       Garant sich auch Deutschland präsentiert habe.
       
       Deutschland spiele damit nun keine Rolle mehr bei der „Regulierung der
       Ukraine-Frage“, sagte Lawrow bei seiner Pressekonferenz vor wenigen Tagen.
       Olaf Scholz wiederhole ohnehin immer dasselbe, selbst im vertraulichen
       Gespräch mit Putin, klagte Lawrow fast: Russland müsse die Ukraine
       verlassen. „Kein Wort über die eigentlichen Ursachen der Krise“, sagte der
       74-Jährige.
       
       Russlands Staatsmacht sieht Deutschland als konfrontative und unbewegliche
       Marionette der USA. In den russischen Medien kommt die anstehende Wahl in
       Deutschland kaum vor. Und wenn, dann ist sie negativ konnotiert: „Ganz
       schlechte Prognosen“, schreibt der kremlloyale Politologe Sergei Markow:
       „Wahrscheinlich wird der künftige Bundeskanzler Merz heißen. Und er ist
       bekanntlich für größere Waffenlieferungen an die Ukraine.“
       
       23 Jan 2025
       
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