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       # taz.de -- Entspannungssignale in Ostasien: Japan sucht die Mitte zwischen USA und China
       
       > Premier Shigeru Ishiba sendet Entspannungssignale nach Peking. Eine
       > Reaktion auf Biden, der die Übernahme eines US-Stahlkonzerns durch Japan
       > stoppen will.
       
   IMG Bild: Japans Premierminister Shigeru Ishiba zwischen Trump und Xi: Eine Puppenhändlerin zeigt ihre Ware
       
       Tokio taz | Mitten im zweiten Kalten Krieg versucht Japan eine schwierige
       Gratwanderung zwischen West und Ost, um sich der Logik der Blockbildung zu
       entziehen. Die Minderheitsregierung von [1][Premier Shigeru Ishiba] hat
       eine diplomatische Initiative Richtung China gestartet, ohne die neue
       Asienpolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump abzuwarten.
       
       Ziel der Annäherung an Peking ist ein Staatsbesuch von Chinas Präsident Xi
       Jinping in Japan. Der Besuch sollte ursprünglich 2020 stattfinden, wurde
       aber wegen der Pandemie auf Eis gelegt.
       
       Japans demonstrative Entspannungssignale an China dürften auch eine
       Reaktion auf die Entscheidung von US-Präsident Joe Biden sein, die
       [2][Übernahme des Stahlherstellers US Steel durch Nippon Steel] wegen
       angeblicher Gefahren für die nationale Sicherheit zu stoppen.
       
       Damit stellte Biden Japan als den wichtigsten US-Sicherheitspartner im
       Pazifik auf die gleiche Stufe wie den erklärten US-Gegner China. Das löste
       in Japan erhebliche Irritationen aus. Nippon Steel verklagte inzwischen die
       US-Regierung auf eine zweite Prüfung der Übernahme, ebenso ein unerhörter
       Vorgang unter Verbündeten.
       
       ## Ishibas Ziel: Japan Besuch von Chinas-Machthaber Xi
       
       Zunächst will die Regierung in Tokio Chinas Außenminister Wang Yi für
       Februar nach Japan einladen. Es wäre Wangs erster Besuch seit über vier
       Jahren. Im Frühjahr könnte ein Gipfeltreffen zwischen Japan, China und
       Südkorea in Tokio stattfinden. Daran würde Chinas Premier Li Qiang
       teilnehmen.
       
       Damit wäre die Basis für einen Besuch Xis gelegt. Die Planungen gehen schon
       in Details: So soll Kaiser Naruhito in seinem Palast ein Bankett für Xi
       ausrichten. Seit dessen Amtsantritt als Präsident im Jahr 2013 kam Xi
       bisher nur zur Teilnahme am G20-Gipfel in Osaka 2019 nach Japan.
       
       Die Regierung in Tokio hält einen Staatsbesuch von Xi laut der
       Finanzzeitung Nikkei für „unerlässlich“, um die Beziehungen auf einen
       besseren Weg zu bringen. Ishiba könnte zuvor selbst nach Peking fahren. „Es
       ist mir sehr wichtig, nach China zu reisen“, erklärte er im Dezember, als
       Außenminister Takeshi Iwaya über die Weihnachtstage seinen Amtskollegen
       Wang in Peking traf.
       
       Dabei gewährte Japan erstmals Zehn-Jahres-Visa für chinesische Touristen.
       Im Gegenzug verdoppelte China die Dauer der Touristenvisa für Japaner auf
       30 Tage. Am Montag fuhr eine Gruppe von zwölf Abgeordneten, darunter die
       Generalsekretäre der Regierungsparteien LDP und Komei, erstmals seit über
       sechs Jahren zu Gesprächen mit der Kommunistischen Partei nach Peking.
       
       ## Kritik: Ishibas Initiative ist ein Zeichen von Schwäche
       
       Ishibas Vorgehen stößt in seiner LDP nicht nur auf Zustimmung. Der frühere
       LDP-Politikchef Koichi Hagiuda nannte das Versprechen von erleichterten
       Visa für Chinesen „fahrlässig“, weil zuständige LDP-Politiker nicht
       konsultiert wurden. Hinter den Kulissen heißt es, Ishibas Initiative komme
       zu früh und erwecke den Eindruck von Schwäche. Trotz der Einigung im
       September habe China seinen Importstopp für japanische Meeresfrüchte, der
       wegen der Einleitung von Kühlwasser aus dem AKW Fukushima in den Pazifik
       verhängt wurde, noch nicht komplett aufgehoben.
       
       Auch beharre China auf seinem [3][Anspruch auf die japanische
       Senkaku-Inselgruppe (chinesisch: Diaoyutai)] durch die Dauerpräsenz
       bewaffneter Schiffe. Letzte Woche berichtete die Nationale Polizeiagentur,
       Japan sei seit 2019 über 200 Mal von der chinesischen Hackergruppe
       MirrorFace angegriffen worden, um Infos zur nationalen Sicherheit und
       Hochtechnologiedaten zu erbeuten.
       
       Ein anderes Negativbeispiel ist die Verhaftung von 17 in china lebenden
       japanischen Managern seit dem Spionageabwehrgesetz von 2015.
       
       13 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR Martin Fritz
       
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