URI: 
       # taz.de -- Handball-WM in Endphase: Das China des Handballs
       
       > Üben die Dänen eine langweilig werdende Dominanz auch bei dieser WM aus?
       > Bislang rauschen sie ungefährdet durchs Turnier zum vierten Titel in
       > Folge.
       
   IMG Bild: Rot-weiße Wand feiert dynamische Dänen
       
       Wie wertvoll ist ein Drama ohne Drama? In all die preisenden Worte [1][über
       die dänische Handballnationalmannschaft] mischt sich gerade Kritik. Kritik
       an der Dominanz eines Teams, das in bisher sechs Weltmeisterschaftsspielen
       kein einziges Mal in Bedrängnis geriet.
       
       Auf dem Weg zum vierten WM-Titel hintereinander erinnerte die dänische
       Wochenzeitung [2][Weekendavisen] an die eintönige Hegemonie der Chinesen im
       Tischtennis und der Amerikaner im Basketball und dachte schon über Quoten
       und Regeländerungen nach: Dänemark im Handball nur zu sechst? Eine Art
       Handicap, um Spiele gegen Algerien, Italien oder Tunesien spannend zu
       gestalten? „Spitzensport lebt vom Spannungsunterschied zwischen der
       Möglichkeit einer Sensation und dem Eintreten des Erwartbaren“, schreibt
       das Blatt aus Kopenhagen. „Wenn das Ergebnis vorher feststeht, wird alles
       gleichgültig.“
       
       Tatsächlich gab es einige Aussagen im Laufe dieser WM in Dänemark,
       Norwegen und Kroatien, die aufhorchen ließen. Geradezu entschuldigend hob
       der dänische Trainer Nikolaj Jacobsen die eigentlich ganz gute Leistung
       der Algerier nach dem 47:22-Sieg seines Teams hervor und erklärte den
       Unterschied mit der „extremen Stärke“ der Dänen an diesem Abend. Als die
       dänischen Fans vor dem Spiel gegen Außenseiter Italien dessen Hymne
       mitklatschten und italienische Treffer bejubelten, damit das Spektakel vor
       15.000 Menschen in der Jyske Bank Boxen im jütländischen Nirgendwo nicht
       zu einseitig würde, wirkte das spöttisch – auch wenn es wohl nicht so
       gemeint war.
       
       Der Handball bezieht seinen Reiz aus der Spannung zum Nägelkauen, die sich
       häufig in den letzten Minuten ausbreitet – wenn jahrelange Fans ständig zum
       Kühlschrank gehen oder mehrfach die Toilette aufsuchen, weil der Thrill sie
       killt. Der Handball bezieht seinen Reiz weniger aus einem zauberhaften
       Kempa-Trick, einem rasanten Gegenstoß oder der elften Torwartparade nach
       zehn Minuten gegen hoffnungslos unterlegene Kontrahenten, wie sie diese
       Weltmesse nicht nur für Dänemark vorsah. In fast allen Gruppen gab es
       Qualitätsunterschiede, die nicht mal eine Handicap-Regel großartig
       verkleinert hätte.
       
       ## Nie waren sie besser
       
       Den dänischen Spielern ist kein Vorwurf zu machen. Sie sind dabei, ihren
       swingenden Stil zu perfektionieren. Er lebt von der Freiheit des
       Individuums, was natürlich gut zu Skandinavien passt. Schablonen gibt es
       kaum. „Ich habe nie besseren Angriffshandball gesehen“, sagte Altstar Lars
       Krogh Jeppesen nach dem 40:30 gegen Deutschland am Dienstag verblüfft.
       
       Da geht alles schnell, jeder bewegt sich in freie Räume, täuscht, fintiert
       – und trifft. Für seine strenge Personalauswahl – er wechselt fast nie,
       lässt seine Vielspieler auch gegen Algerien beinahe durchspielen – hat
       Nikolaj Jacobsen eine Erklärung: Jeder gemeinsam gespielte Angriff gebe
       mehr Sicherheit, aus dieser Sicherheit in den Abläufen und Laufwegen, im
       blinden Verständnis folge, dass die Partien insgesamt weniger anstrengend
       würden, weil das aufreibende Eins-gegen-Eins, das ewige Kämpfen, Ringen,
       Fallen, umgangen werde. Auch eine Form, um der handballtypischen
       Dauerbelastung zu entkommen.
       
       Die dänische Dominanz scheint im kleinen Königreich niemanden zu stören.
       Die Einschaltzahlen sind astronomisch hoch. Selbst das Testspiel gegen
       Bahrain wurde live übertragen. Handball ist beim Bäcker, im Laden, an der
       Tankstelle Tagesthema. Neben Grönland. Gewinnen wird nie langweilig,
       gleichgültig, wie hoch.
       
       Mal sehen, wie es für die dänische Handballnationalmannschaft an diesem
       [3][Mittwoch im Viertelfinale in Oslo] weitergeht. Der Gegner heißt
       Portugal oder Brasilien. Aus Sicht der dänischen Fans nur eine
       Durchgangsstation auf dem Weg ins Finale gegen Lieblingsgegner Frankreich.
       Der hat eine ähnliche Selbstverständlichkeit in seinem Tun und die Dänen
       oft distanziert. Könnte spannend werden.
       
       26 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Handball-WM-der-Maenner/!6059839
   DIR [2] https://www.weekendavisen.dk/
   DIR [3] /Begrenzte-Handball-WM/!6059525
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Heike
       
       ## TAGS
       
   DIR Handball-WM
   DIR Handball
   DIR Dänemark
   DIR Offensive
   DIR Handball
   DIR Handball
   DIR Handball-WM
   DIR Handball-WM
   DIR Handball-WM
   DIR Handball-WM
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Champions League im Handball: Mensch mit Größe
       
       Mathias Gidsel von den Füchsen Berlin gilt als weltbester Handballer. Im
       Finalturnier der Champions League schwächelt er und Magdeburg triumphiert.
       
   DIR Handballer Renars Uščins: Trainers Liebling
       
       Trotz WM-Aus war 2024 sein Jahr: Renars Uščins wurde zum „Handballer des
       Jahres“ gewählt und bleibt der TSV Hannover-Burgdorf treu.
       
   DIR DHB-Aus bei der Handball-WM: Lange Gesichter
       
       Das Überraschungsteam aus Portugal verwehrt Deutschland den Einzug ins
       WM-Halbfinale. Dabei standen die Vorzeichen so günstig wie nie.
       
   DIR Begrenzte Handball-WM: Welthandball in Europa zu Hause
       
       Die WM zeigt, wie eurozentristisch diese Sportart noch ist. Allein
       Deutschland wird innerhalb von 14 Jahren 7 Mal Gastgeber von Großturnieren
       sein.
       
   DIR Handball-WM der Männer: Die sehr guten Dänen
       
       Bislang spielt Co-Gastgeber und Titelverteidiger Dänemark stark auf. Es
       liegt an der Mischung von alten und neuen Stars. Und an viel guter Laune.
       
   DIR Team Deutschland vor der Handball-WM: Eine gewisse Reife
       
       Fünf Jahre ist Alfreð Gíslason schon Handball-Bundestrainer. Seine Arbeit
       ist so solide, dass Team Deutschland als Mitfavorit in die Handball-WM
       geht.