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       # taz.de -- Was Geld vernichtet: Oligarchie bewirkt Zoonosen
       
       > US-Präsident Trump will Grönland – wegen der Bodenschätze. Doch die
       > Arktis erwärmt sich schneller als gedacht – das setzt gefährliche
       > Mikroben frei.
       
   IMG Bild: Donald Trump Jr. am 7. Januar zu Besuch in Grönland
       
       Politische Kommentatoren haben dieser Tage die Qual der Wahl. Das Menü der
       Woche: am Montag Grönland, am Dienstag Meta, am Mittwoch Oligarchie. Am
       Donnerstag Rassismus, am Freitag Schweinekotelett. Über die
       Oligarchisierung des Kapitalismus ist einiges geschrieben worden, ohne dass
       ausreichend betont worden wäre, wie sehr plutokratische Strukturen vom
       Ausschalten demokratischer Kontrolle profitieren. Deshalb der [1][Kotau von
       Meta-Chef Mark Zuckerberg] vor US-Präsident Donald Trump.
       
       Was erhofft er sich als Gegenleistung für seine Unterwerfung? Vieles: 2019
       behauptete Zuckerberg, das Kartellrecht bedrohe sein Unternehmen
       „existenziell“. Im [2][Podcast von Joe Rogan] erklärte Zuckerberg außerdem,
       die Regierung müsse Meta vor ausländischen Regierungen schützen, die das
       Internet zu regulieren trachteten. Etwa die Europäische Union, deren
       Kommission mehrere Verfahren gegen Meta führt, unter anderem wegen
       möglicher Verstöße beim Schutz Minderjähriger, der Verbreitung von
       Desinformation und irreführender Werbung und mangelhafter Mechanismen zur
       Kennzeichnung illegaler Inhalte.
       
       Zudem hat Meta sein KI-Modell mit illegal heruntergeladenen,
       urheberrechtlich geschützten Werken trainiert und will nun die
       Legalisierung dieser Urheberrechtsverletzungen durchsetzen. Zu guter Letzt
       hätte der US-Kongress beinahe den „Kids Online Safety Act“ verabschiedet,
       was die Lobbyarbeit von Meta verhindern konnte.
       
       Alle Versuche, die destruktiven Auswirkungen der sozialen Medien zu
       mindern, sollen im Keim erstickt werden. Es kann nicht oft genug wiederholt
       werden: Wer über viel Macht verfügt, hat nur ein existenzielles Anliegen:
       den Einfluss anderer Herrschaftszentren zu minimieren, an erster Stelle das
       Rechtssystem und die Einflüsse einer um Pluralismus bemühten
       Zivilgesellschaft. Wir befinden uns in einem klassischen Dilemma. Die
       Probleme werden durch die sozialen Medien potenziert, eine manipulierte
       Öffentlichkeit erschwert eine demokratische Lösung, was die Probleme
       wiederum verschärft.
       
       ## Kinofilm über Melania Trump
       
       Derweil pfeift auch [3][Amazon-Gründer Jeff Bezos] auf Anstand und Würde.
       Unmittelbar nach einem Abendessen mit Trump sicherte sich Amazon die
       Lizenzrechte an einem Dokumentarfilmprojekt über Melania Trump, für
       erstaunliche 40 Millionen Dollar. Hochwertige Dokumentationen werden in der
       Regel für 2 Millionen Dollar produziert. Das Projekt, bei dem Melania Trump
       als „executive producer“ auftritt, besteht aus einem Kinofilm und einer
       Serie (zwei bis drei Folgen für Prime Video) über das außergewöhnlich
       interessante Leben eines Ex-Models samt „beispiellosem Blick hinter die
       Kulissen“.
       
       Kaum haben wir den Kopf geschüttelt, krakeelt der Milliardär Elon Musk auf
       X: „This is crazy.“ Womit er grundsätzlich recht hat, im konkreten Fall
       jedoch danebenliegt. Ein Schöffengericht in Wien hat kürzlich einen
       Jugendlichen vom Vorwurf der Vergewaltigung einer Minderjährigen
       freigesprochen. Die strittige Tat geschah in einem Parkhaus. Der
       Oralverkehr sei laut Angeklagtem einvernehmlich gewesen, laut dem jungen
       Mädchen unter Zwang. Ein schwieriger Justizfall mit unklarer Beweislage.
       
       Man muss sich schon wundern, dass Musk Zeit hat, sich mit österreichischen
       Lokalnachrichten zu beschäftigen – bis man erfährt, dass der Angeklagte ein
       syrischer Flüchtling ist. Offenbar lässt Musk seine Handlanger mit
       Schleppnetzen das Internet nach faulen Fischen durchsuchen, nach Fällen,
       bei denen muslimische Männer „weiße Frauen“ missbrauchen. Deswegen hat er
       den über zehn Jahre alten „Grooming Gangs“-Skandal ans Tageslicht gezerrt,
       ein schockierender Fall des organisierten Missbrauchs von jungen Mädchen in
       britischen Städten, überwiegend begangen von Männern pakistanischer
       Herkunft.
       
       2014 erschien ein Regierungsbericht über die Verbrechen, worauf eine
       Untersuchung eingeleitet wurde, die nach sieben Jahren zwanzig Empfehlungen
       aussprach, von denen die vorherige konservative Regierung keine einzige
       umsetzte. Wie sehr Musk solche Fälle durch eine rassistische Brille
       betrachtet, zeigt seine Aussage, die AfD könne keine faschistischen Züge
       aufweisen, weil die Lebenspartnerin von AfD-Chefin Alice Weidel aus Sri
       Lanka stamme. Wenn wir wiederum den Blick auf Musks Herkunft richten,
       springt ins Auge, dass er seine gesamte Kindheit und Jugend in einem System
       des institutionalisierten Rassismus verbrachte – der Apartheid.
       
       ## Kaum beachteter Fachartikel
       
       So etwas lässt sich nur schwer abschütteln. Neben all diesen Botschaften
       aus oligarchischen Raumschiffen brachte Trump Grönland ins geostrategische
       Spiel – angeblich wegen nationaler Sicherheitsinteressen, tatsächlich aber
       wegen der Bodenschätze, die bald schon profitabel ausgebeutet werden
       können. Die [4][Arktis erwärmt sich] momentan viermal schneller als der
       globale Durchschnitt, was nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern auch
       gesundheitliche Risiken birgt. Durch das Auftauen des Permafrosts werden
       Mikroben freigesetzt, die neue Krankheiten auslösen könnten.
       
       Trotz der berechtigten Sorgen um Oligarchie und Remilitarisierung auf der
       ganzen Welt steht ein noch größeres Menetekel an der Wand: die Gefahr eines
       weiteren ökologischen Desasters. Wie ein [5][kaum beachteter Fachartikel]
       ausführt, werden bei der Schmelze tausende uralte Mikroorganismen
       freigesetzt, deren Auswirkungen auf Menschen und Tiere unerforscht sind.
       Die größte Gefahr gehe demnach nicht von bekannten Viren wie Pocken oder
       Anthrax aus, sondern von der Vielfalt und Komplexität der Mikroben, die auf
       unbekannte Weise neue Zoonosen verursachen könnten.
       
       Durch Schifffahrt (Schiffe transportieren jährlich Milliarden Tonnen
       Ballastwasser), Tiermigration und menschliche Mobilität verbreiten sich
       solche Mikroben global. Der Rohstoffabbau würde neue Schnittstellen
       zwischen isolierten Ökosystemen schaffen und die Verbreitung von
       Krankheitserregern begünstigen. Ein deprimierendes Ende der Woche.
       
       29 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR [3] /Trump-Musk-und-die-Tech-Milliardaere/!6057399
   DIR [4] /Klimawandel-Leugnung-und-Wissenschaft/!6062777
   DIR [5] https://thebulletin.org/2024/11/a-rising-danger-in-the-arctic-microbes-unleashed-by-climate-change/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ilija Trojanow
       
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