URI: 
       # taz.de -- Milliardär auf fossiler Einkaufstour: Der Mann, der die Kohle mag
       
       > Daniel Křetínský macht viel Geld mit Geschäften, die zum Aufheizen des
       > Klimas führen. Jetzt will er den deutschen Energiekonzern Uniper
       > übernehmen.
       
   IMG Bild: Reich durch Geschäfte, die die Klimakrise beschleunigen: Milliardär Daniel Křetínský
       
       Berlin taz | Manchmal bekommt man ihn sogar zu sehen! Wie jeder Oligarch,
       der etwas auf sich hält, hat sich [1][auch Daniel Křetínský] einen
       Fußballklub gekauft. Es ist zwar nicht Juventus Turin, Atlético Madrid oder
       [2][Manchester City] – obwohl sich der Tscheche Křetínský solch illustre
       Vereine durchaus leisten könnte. Auf 9,7 Milliarden US-Dollar taxierte das
       Magazin Forbes zuletzt sein Vermögen. Trotzdem ist Daniel Křetínský „nur“
       Eigentümer des tschechischen Klubs Sparta Prag. Und weil er diesem
       Traditionsverein auch als Präsident vorsteht, sehen Zuschauer von
       Fußballspielen den demnächst 50-Jährigen manchmal im Stadion.
       
       Sonst aber kennt das interessierte Publikum Daniel Křetínský nur durch die
       Schlagzeilen, die er produziert. Den jüngsten zufolge plant „das Phantom
       aus Prag“ – wie die Wirtschaftszeitung Handelsblatt ihn bezeichnet –
       [3][den deutschen Kohlekonzern Uniper] zu übernehmen. Was sinnlos klingt,
       schließlich will Deutschland aus der Kohle aussteigen. Und schließlich war
       Uniper gerade pleite. Was aber Křetínský-like ist: [4][Wo immer ein
       Kohlekraftwerk abgeschaltet werden soll, investiert der tschechische
       Oligarch].
       
       Zum Beispiel in Buschhaus. Der Energiekonzern Eon wollte das Kraftwerk im
       kleinsten deutschen Braunkohlerevier nahe dem niedersächsischen Helmstedt
       vor fast zehn Jahren stilllegen, weil der Tagebau ausgekohlt war. Křetínský
       schlug zu, 3,6 Millionen Euro soll Eon für das längst abgeschriebene
       Altkraftwerk bekommen haben. Und tatsächlich rentierte sich das Geschäft:
       Zuvor hatte [5][Křetínskýs Firmenimperium bereits die Mibrag gekauft], die
       Mitteldeutsche Braunkohlen AG.
       
       Jetzt wurde in Buschhaus Kohle aus der Region Leipzig verstromt. 2016 wurde
       der reguläre Betrieb eingestellt. 2019 gelang der nächste Coup: Buschhaus
       wurde in die sogenannte „Sicherheitsbereitschaft“ überführt. Allein im
       ersten Jahr kassierte der Kraftwerksbesitzer 25 Millionen vom Steuerzahler
       – ohne dass Buschhaus dafür arbeitete.
       
       ## Bezahltes Einkaufen
       
       Seinen bislang sicherlich größten Deal in Deutschland fädelte Křetínský
       2016 ein: Er „kaufte“ Vattenfall [6][die Lausitzer Braunkohle] ab. Neben
       den Kraftwerken, den Tagebauen und den Anlagen bekam Křetínskýs
       Firmenimperium auch noch 1,7 Milliarden Euro überwiesen. Dieses Geld ist
       für die Rekultivierung der Tagebaue vorgesehen.
       
       Allerdings stieg Investor Křetínskýs [7][nicht direkt in der Lausitz ein,
       sondern über ein komplexes Firmengeflecht]. Wer Verbindung zum Oligarchen
       suchte, musste die Lausitz Energie Verwaltungs GmbH finden, eine im
       Cottbuser Handelsregister registrierte Kapitalgesellschaft, die
       haftungsbeschränkt ist – auf nur 25.000 Euro. Umweltschützer fürchten, dass
       sich Křetínskýs an dem Tag mit dem überwiesenen Geld vom Acker macht, an
       dem die Kraftwerke aufhören zu arbeiten.
       
       Reich geworden ist Křetínský mit dem Erdgasgeschäft in der Slowakei. Aber
       auch in Frankreich, Großbritannien, Italien oder Tschechien verdient der
       Oligarch mit dem Aufheizen des Planeten Milliarden. Seine Kohlekraftwerke
       mit einer Gesamtkapazität von zuletzt 12,2 Gigawatt stoßen mehr
       Treibhausgase aus als ganz Finnland. In der Europäischen Union ist
       Křetínský Firmengeflecht damit drittgrößter Klimafrevler – hinter dem
       polnischen PGE-Konzern [8][und RWE].
       
       Und jetzt sollen gut 34 Gigawatt fossile und nukleare Erzeugungskapazität
       hinzukommen, die [9][das Unternehmen Uniper] international betreibt. Der
       2016 von Eon abgespaltene Konzern war 2022 ins Trudeln geraten, weil ein
       Hauptstandbein durch den russischen Überfall auf die Ukraine wegbrach – der
       Handel mit russischem Erdgas. Damals zahlten die Steuerzahler 15 Milliarden
       Euro, die Bundesrepublik stieg als Eigentümer ein. Allerdings verpflichtete
       sich die Regierung, diese Beteiligung bis spätestens 2028 auf höchstens 25
       Prozent plus eine Aktie zu reduzieren. Woher sich Daniel Křetínský dafür
       die Milliarden organisieren kann, ist unklar: Erst im vergangenen Jahr
       hatte er sich [10][20 Prozent der Stahlsparte von Thyssenkrupp] gekauft.
       
       29 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neuer-Investor-bei-Thyssenkrupp/!6012604
   DIR [2] /Ungeliebter-Fussballer-Erling-Haaland/!6040059
   DIR [3] /Nach-Verstaatlichung-von-Energiekonzern/!6046689
   DIR [4] /Kohle-Abbau-in-der-Lausitz/!5972597
   DIR [5] /Machenschaften-mit-dem-Braunkohle-Aus/!5948699
   DIR [6] /Kohle-Abbau-in-der-Lausitz/!5972597
   DIR [7] /!5338025&s=vattenfall+kretinsky&SuchRahmen=Print/
   DIR [8] /Studie-zu-Klimaneutralitaet/!6045616
   DIR [9] /Nach-Verstaatlichung-von-Energiekonzern/!6046689
   DIR [10] /Aufruhr-bei-Stahlsparte-von-Thyssenkrupp/!6007189
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nick Reimer
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Reichtum
   DIR Fossile Rohstoffe
   DIR Lausitz
   DIR Erneuerbare Energien
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Stellenabbau
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gläubigerschutz für Lausitz-Bundesländer: Greenpeace fürchtet Drückebergerei bei Braunkohle-Tagebau
       
       Die Nachsorge für Lausitzer Tagebaue wird teuer. Greenpeace warnt davor,
       sich auf den zuständigen Konzern zu verlassen, und fordert Gläubigerschutz.
       
   DIR Rekord bei erneuerbarer Energie in EU: Erstmals mehr Strom aus Solarenergie als aus Kohle
       
       Die Energiewende kommt voran. In der EU werden mittlerweile fast drei
       Viertel des Stroms ohne den Ausstoß von Treibhausgasen erzeugt.
       
   DIR Stellenabbau bei VW und Thyssenkrupp: Das war die BRD
       
       Stahl aus dem Ruhrgebiet und der VW-Käfer symbolisieren das westdeutsche
       Wirtschaftswunder. Ist damit jetzt Schluss? Über den Kampf von
       Beschäftigten.
       
   DIR Stellenabbau bei Thyssenkrupp: Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
       
       Der größte deutsche Stahlhersteller Thyssenkrupp leidet unter der Misere
       der Autoindustrie. Tausende Stellen werden gestrichen. Was sagt die
       Politik?