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       # taz.de -- Merz und die AfD: Alles auf die rechte Karte
       
       > CDU-Chef Merz soll auf Gesprächsangebote von SPD und Grünen nicht
       > reagiert haben. Die AfD macht sich derweil für ihren Auftritt bereit.
       
   IMG Bild: „All in“: Friedrich Merz und Alexander Dobrindt am 28. Januar vor der Presse im Deutschen Bundestag
       
       Berlin taz | Massiv kritisierte Katharina Dröge, Fraktionschefin der
       Grünen[1][, die Pläne der Union], in dieser Woche Abstimmungen mit Hilfe
       der AfD zu gewinnen. CDU/CSU könnten von einer Mehrheit für ihre
       Initiativen ausgehen, „wenn die Nazis zustimmen“. Das sei ein eklatanter
       Bruch mit dem, was die demokratischen Fraktionen über Jahre vereinbart und
       praktiziert hätten.
       
       [2][Friedrich Merz] habe diese Absprache nach dem Bruch der Ampel-Koalition
       eigentlich noch mal bestätigt. Aber: „Ich muss feststellen, dass Friedrich
       Merz dieses Wort bricht“, sagte Dröge. „Was sollen wir der Union eigentlich
       noch glauben, wenn das Wort des CDU-Parteivorsitzenden nicht einmal zwei
       Monate gilt?“
       
       Trotz des demonstrativen Misstrauens will Dröge, so wie andere
       Spitzen-Grüne auch, eine mögliche schwarz-grüne Koalition unter der Führung
       von Merz aber nicht ausschließen. Selbst für Verhandlungen über die
       Vorschläge, die die Union zur Abstimmung stellt, zeigt sie sich offen: Die
       Grünen hätten das Gespräch gesucht, dies sei aber „bislang nicht erwidert“
       worden.
       
       Fraglich ist allerdings, wohin neue Verhandlungen überhaupt führen könnten.
       Die Grünen lehnen die Vorschläge auch inhaltlich ab. Sie seien rechtswidrig
       und hätten gravierende Folgen für die europäische Einigkeit, die Wirtschaft
       und den Alltag der Menschen in den Grenzregionen, so Droege.
       
       ## Deutschland auf der Rutschbahn
       
       Untätigkeit nach der Messer-Attacke von Aschaffenburg wollen sich die
       Grünen aber auch nicht vorwerfen lassen. Zusammen mit der SPD wollen sie in
       dieser Woche drei Gesetzentwürfe im Bundestag diskutieren lassen: die Teile
       des sogenannten Sicherheitspakets der Ampel, die im Bundesrat an der Union
       gescheitert sind, das Bundespolizeigesetz und die nationale Umsetzung der
       europäischen Asylreform GEAS. Auch diese sieht Verschärfungen vor, wenn
       auch europäisch geeint.
       
       Innerhalb von Grünen- und SPD-Fraktion ist sie eigentlich umstritten, auch,
       weil der Gesetzentwurf der Bundesregierung strenger ist, als es die
       europäischen Vorgaben verlangen. Nach der Debatte diese Woche im
       Bundestagsplenum landet der Gesetzentwurf aber zunächst in den Ausschüssen.
       Zu einer Abstimmung noch vor der Wahl käme es nur, falls sich außer der SPD
       auch andere Fraktionen anschließen. Danach sieht es bislang nicht aus.
       
       Ein Kompromiss mit der Union scheint also nicht mehr möglich. Auch
       SPD-Fraktionschef Ralf Mützenich erklärte am Dienstag, er habe bislang
       keine Gelegenheit gehabt, mit Merz zu sprechen, die Union habe Gespräche
       verweigert. Mützenich warnte: „Jeder Versuch, mit der AfD im Bundestag
       abzustimmen, wird unser Land auf eine Rutschbahn bringen.“ Zugleich äußerte
       er Zweifel an der Eignung von Merz als Kanzler. „Ich habe mich auf seine
       Integrität und Berechenbarkeit verlassen. Wenn man das nicht hat, kann man
       auch ein Land nicht führen.“
       
       Die Union will am Mittwoch nach der Regierungserklärung des Kanzlers zwei
       Entschließungsanträge zur Migrations- und Sicherheitspolitik einbringen.
       Für beide wolle man auch gleich eine namentliche Abstimmung beantragen, wie
       der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, am
       Dienstag sagte. Entschließungsanträge sind keine Gesetze, sondern Appelle
       an die Bundesregierung. Am Freitag will die Union zudem [3][ihr
       „Zustrombegrenzungsgesetz“ zur Abstimmung] stellen.
       
       ## Die AfD zuckt nicht einmal
       
       Frei sagte am Dienstag noch einmal, dass sich die Union von einer
       Zustimmung der AfD nicht abschrecken lasse. „Das ist kein Tabubruch“, sagte
       er. „Wir arbeiten nicht mit der AfD zusammen.“
       
       Die AfD-Fraktion betonte unterdessen, dass sie dem Gesetzesvorschlag
       definitiv zustimmen wolle, Gleiches gilt wohl für die Anträge. Die Union
       hat in den Fünf-Punkte-Antrag zwar Passagen eingefügt, die der AfD
       „Fremdenfeindlichkeit“, „Populismus“ und „Verschwörungstheorien“ vorwerfen.
       Doch das schreckt nicht ab. Die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch
       sagte der taz: „Die können da dreimal reinschreiben, die AfD ist doof, das
       stört uns nicht.“
       
       Tatsächlich tritt die AfD nach dem Merz-Manöver noch breitbeiniger auf als
       zuvor. Der parlamentarische Geschäftsführer Bernd Baumann sagte bei einer
       Pressekonferenz: „Das ist die spannendste Sitzungswoche, seitdem die AfD im
       Bundestag ist.“ Er forderte Merz auf, jetzt durchzuziehen und die Anträge
       für die AfD zustimmungsfähig aufzusetzen.
       
       Würde das Zustrombegrenzungsgesetz von Bundestag und Bundesrat
       verabschiedet, wäre es für die Bundesregierung zwar bindend. Dass der
       Bundesrat mehrheitlich zustimmt, ist aber wegen fehlender Stimmen von SPD
       und Grünen wenig wahrscheinlich.
       
       ## Brandbrief der SPD-Länderchefs
       
       In einem Brief vom Montag, der der taz vorliegt, appellieren die sieben
       Ministerpräsident:innen der SPD-geführten Länder zudem an die
       Regierungschef:innen von CDU, CSU und Grünen, ihren Einfluss geltend
       zu machen, „dass der Konsens der Demokratinnen und Demokraten in dieser
       Woche auch im Bundestag gewahrt bleibt“. Die Brandmauer zwischen
       demokratischen und undemokratischen Parteien dürfe nicht ins Wanken
       geraten.
       
       Das sei leider auf kommunaler Ebene längst passiert, schreiben sie. „Weder
       auf Landes- noch auf Bundesebene darf sich diese Entwicklung fortsetzen.
       […] Die Verantwortlichen im Bund und in den Ländern stehen allesamt in der
       Pflicht, keinen Zweifel an der gemeinsamen Haltung gegenüber Radikalen
       aufkommen zu lassen.“ Stattdessen müssten gemeinsame Lösungen entwickelt
       werden, um Verbrechen wie in Magdeburg und Aschaffenburg künftig zu
       verhindern.
       
       28 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /CDU-Plan-zu-Migration/!6062101
   DIR [2] /Die-CDU-und-die-Brandmauer/!6064743
   DIR [3] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw42-de-zustrombegrenzungsgesetz-1023788
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
   DIR Gareth Joswig
   DIR Anna Lehmann
   DIR Tobias Schulze
       
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