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       # taz.de -- Diskussion um Reform: Die Schuldenbremse wackelt deutlich
       
       > Mittlerweile spricht sich selbst eine Ratingagentur für eine Reform der
       > Schuldenregeln aus. Auch Kanzlerkandidat Merz schließt das nicht mehr
       > aus.
       
   IMG Bild: Wenn der Staat Schulden spart, spart er auch an notwendiger Infrastruktur wie die A45-Brücke bei Lüdenscheid
       
       Berlin taz | Eine [1][Reform der Schuldenbremse] wird immer
       wahrscheinlicher. Mit der Scope-Groupe spricht sich nun auch eine
       Ratingagentur dafür aus. Eine Änderung der Regeln, „die mehr
       wachstumsfördernde öffentliche Investitionen ermöglichen würde“, wäre
       „sicherlich positiv“, sagte Scope-Direktor Eiko Sievert am Dienstag der
       Nachrichtenagentur Reuters. Auch in Gesellschaft und Politik mehren sich
       die Stimmen, die dies für sinnvoll halten.
       
       Die Scope-Groupe wurde 2002 in Berlin gegründet und begann 2012, Staaten
       und Unternehmen auf Kreditwürdigkeit zu prüfen. Sie sollte eine europäische
       Antwort auf die drei großen US-Anbieter Standard & Poor’s, Moody’s und
       Fitch sein. Dass sich mit Scope nun eine Ratingagentur für eine Lockerung
       der Schuldenregeln ausspricht, ist beachtlich. Schließlich achten die
       Agenturen bei ihren Bonitätsprüfungen normalerweise darauf, dass die
       Schuldenlast möglichst gering ist.
       
       Doch mit einer Staatsverschuldung von 63 Prozent der Wirtschaftsleistung
       ist diese in Deutschland schon relativ niedrig. So weist zum Beispiel
       Spanien eine Schuldenquote von 103 Prozent auf. Gleichzeitig verzeichnete
       das südeuropäische Land aber nach IWF-Schätzungen 2024 mit 2,9 Prozent das
       zweithöchste Wirtschaftswachstum der Eurozone, [2][während die deutsche
       Wirtschaft das zweite Jahr in Folge schrumpfte].
       
       „Wenn Deutschland den allmählichen Rückgang seiner Wettbewerbsfähigkeit
       aufhalten will, dann sollte sich die nächste deutsche Regierung auf eine
       deutliche Steigerung der Investitionen konzentrieren“, sagte deshalb
       Scope-Direktor Sievert. Er bläst damit ins selbe Horn wie zuletzt etwa der
       Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) oder die Bundesbank.
       
       ## 600 Milliarden Euro Investitionsstau
       
       „Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse. In den letzten Jahrzehnten
       wurde in Deutschland viel zu wenig investiert“, sagte DGB-Vorstandsmitglied
       Stefan Körzell am Dienstag und bekräftigte, dass derzeit ein zusätzlicher
       öffentlicher Investitionsbedarf von mindestens 600 Milliarden Euro bestehe.
       
       Auch Bundesbank-Chef Joachim Nagel spricht sich für eine Reform der
       Schuldenbremse aus: „Ich denke, wir sollten nicht nur leichte Änderungen
       vornehmen“, sagte Deutschlands oberster Währungshüter am Rande des
       Weltwirtschaftsforums in Davos. „Ich denke, wir müssen das ganze Konzept
       ändern.“ Angesichts von „tektonischen Veränderungen“ in der Welt seien
       konventionelle Maßnahmen nicht mehr genug.
       
       Auch in der Politik gibt es Bewegung. Während Linke, Grüne und SPD für eine
       Reform werben, sind nur noch FDP und AfD strikt dagegen. Selbst in der
       Union, die in ihrem Wahlprogramm schrieb, dass sie „an der Schuldenbremse
       des Grundgesetzes“ festhalte, mehren sich die Zeichen, dass sie
       grundsätzlich für eine Reform bereit ist: So sagte
       [3][Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz] der Heilbronner
       Stimme-Mediengruppe: „Wir können über die Schuldenbremse diskutieren. Das
       will ich gar nicht ausschließen.“
       
       Damit würde sich Merz dem Willen der Mehrheit anpassen. Laut einer
       aktuellen Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der Deutschen Gesellschaft
       für Auswärtige Politik sprechen sich 55 Prozent für eine Reform oder gar
       Abschaffung der Schuldenbremse aus, damit mehr Investitionen finanziert
       werden können. Besonders wichtig sind den Menschen Investitionen in
       Bildung, Verkehr und Gesundheit. (mit Agenturen)
       
       28 Jan 2025
       
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