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       # taz.de -- Maaßen-Partei vor Bundestagswahl: Wenn Werte wertlos werden
       
       > Die Werteunion verfehlt in Niedersachsen die Zulassung zur
       > Bundestagswahl. Die Polizei ermittelt wegen mutmaßlich gefälschter
       > Unterschriften.
       
   IMG Bild: Keine Profis in Sachen Demokratie: Steffen Grüner, Vorsitzender der Werteunion (l.), und Jozef Rakicky (Ex-Afd, jetzt WU)
       
       Osnabrück taz | Der Landesverband Niedersachsen der [1][Werteunion (WU)]
       liebt große Worte. Auf seiner Website erklärt er, sich „für die Bewahrung
       und Förderung unserer gemeinsamen Werte und Grundsätze“ einzusetzen. Auch
       „Verantwortung“ wird dabei großgeschrieben.
       
       Doch diese Wortwahl erscheint rückblickend fragwürdig. Am 24. Januar wies
       der Landeswahlausschuss in Hannover die Bundestagswahl-Landesliste der
       niedersächsischen WU zurück, weil das Zulassungsquorum von 2.000
       Unterstützungsunterschriften nicht erreicht wurde. In diesem Zusammenhang
       kam ein Vorfall ans Licht, der nun die Polizei beschäftigt: Es besteht der
       Verdacht, dass Unterschriften aus Osnabrück – dem Wohnort von Steffen
       Grüner, dem Vorsitzenden der WU Niedersachsen – gefälscht sind.
       
       Unterstützungsunterschriften erfolgen auf amtlichen Formblättern. Sie
       werden der Gemeinde vorgelegt, in der die UnterzeichnerInnen zum Zeitpunkt
       der Unterschrift wohnen. Das dortige Wahlbüro prüft Name, Geburtsdatum,
       Staatsangehörigkeit, Meldeadresse und Wahlberechtigung, etwaige
       Unterzeichnungen für andere Parteien, dazu die Eigenhändigkeit der
       Unterschrift.
       
       In Osnabrück gab es Probleme. Bei der Überprüfung seien „erhebliche
       Auffälligkeiten“ festgestellt worden, schreibt Arne Köhler, Sprecher der
       Stadt Osnabrück, auf Anfrage der taz. „Von den ca. 300 zur Prüfung
       vorgelegten Unterschriften musste der Großteil für ungültig erklärt
       werden.“ In anderen Prüffällen liege die Ungültigkeitsquote nur zwischen 5
       und 15 Prozent.
       
       Grüne sprechen von „Armutszeugnis“
       
       Der Niedersächsische Landeswahlleiter Markus Steinmetz schreibt der taz,
       die Stadt Osnabrück habe ihn über den Verdacht auf Straftaten im
       Zusammenhang mit den eingereichten Formblättern für die Landesliste der
       Werteunion informiert. Er habe dem Vorschlag der Stadt, die fraglichen
       Formblätter der Polizei für Ermittlungen auszuhändigen, „ausdrücklich
       zugestimmt“.
       
       Steinmetz betont, dass das Ermittlungsverfahren „unbedingt notwendig“ sei.
       Die Allgemeinheit habe schließlich ein berechtigtes Interesse an
       ordnungsgemäßen Wahlen und vertraue auf eine korrekte Wahlvorbereitung und
       -durchführung. Nicht zuletzt sei der gesamte Wahlvorgang ein Ausgangspunkt
       der parlamentarischen Demokratie.
       
       „Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, ist das nicht nur ein schlimmer Verstoß
       gegen demokratische Spielregeln“, sagt Volker Bajus,
       Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Osnabrücker Stadtrat und
       parlamentarischer Geschäftsführer im Landtag. Unterschriftenfälschung sei
       eine Straftat. „In der Migrationsdebatte schwadroniert die Werteunion von
       geordneten Verfahren und geltendem Recht. Da ist es schon peinlich, wenn
       man selber an rechtsstaatlichen Standards scheitert.“
       
       Für die „Rechtsaußenpartei Werteunion“ sei es ein Armutszeugnis, dass sie
       in Niedersachsen den demokratischen Mindeststandards nicht gerecht werde
       und die erforderliche Mindestzahl an Unterschriften klar verpasst habe. Nur
       magere 395 konnte sie vorlegen.
       
       Besonders mit dem [2][WU-Landesvorsitzenden Steffen Grüner] geht Bajus hart
       ins Gericht. Auf Grüners Konto gehen rechte Botschaften in sozialen Medien,
       zudem hat sein „Bund Osnabrücker Bürger“ im Stadtrat mehrfach für
       Schlagzeilen gesorgt – unter anderem durch interne Überwürfnisse und
       polarisierende Wahlkampf-Schlammschlachten. Bajus sagt: „Angesichts der
       Erfahrungen, die Osnabrück mit Herrn Grüner und dem Bund Osnabrücker Bürger
       gemacht hat, überrascht die Meldung wenig.“
       
       ## Die Partei schweigt zu den Vorwürfen
       
       Grüner selbst, von der taz um Kommentierung gebeten, schweigt. Die
       Bundes-Werteunion schweigt ebenfalls.
       
       Welche Konsequenzen der Vorfall für die Werteunion in Bezug auf andere,
       kommende Wahlen in Niedersachsen haben wird, lässt sich heute noch nicht
       sagen. „Um das beurteilen zu können, sind die strafrechtlichen Ermittlungen
       abzuwarten“, schreibt Landeswahlleiter Steinmetz. Vor allem müsse geklärt
       werden, inwieweit die Unregelmäßigkeiten der Partei selbst zuzurechnen
       seien.
       
       Man habe bei der Unterschriftenaktion „wertvolle Lektionen und Erfahrungen“
       sammeln können, schreibt Grüner auf der Website seines Landesverbands. Auch
       diese Wortwahl scheint rückblickend in etwas anderem Licht, als es wohl vom
       Verfasser intendiert war.
       
       28 Jan 2025
       
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