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       # taz.de -- Merz bricht Tabu: Die Abrissbirne der Demokratie
       
       > Die AfD lacht sich ins Fäustchen. Mit seiner Steilvorlage macht
       > CDU-Kanzlerkandidat Merz die autoritär-nationalradikale Partei
       > salonfähig.
       
   IMG Bild: Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU und Kanzlerkandidat der Union, organisiert sich seine Mehrheit mit der AfD
       
       Vor allem die verstörende Gleichzeitigkeit macht sprachlos. Um 12 Uhr
       gedachte der Bundestag der Opfer des Holocausts anlässlich des 80.
       Jahrestages der Befreiung von [1][Auschwitz]. Und um 14 Uhr dann begann der
       CDU-Chef Friedrich Merz mit der Demontage der Brandmauer. Er beharrte
       darauf, auch Stimmen der extremen Rechten für seine populistischen
       Migrationsanträge und rechtlich fragwürdige Gesetzesvorhaben zur
       Abschottung in Kauf zu nehmen und wiederholte: „Eine richtige Entscheidung
       wird nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmen.“
       
       Nur ist die Entscheidung erstens falsch und zweitens ist es keine Frage
       politischer Details, sondern eine grundsätzliche Frage unseres
       demokratischen Systems, ob man seine Mehrheiten mit einer extrem rechten
       Partei organisiert. Merz greift mit seinem impulsiven Handeln und seiner
       Zockerei um Bundestagsmehrheiten frontal den demokratischen Konsens der
       Bundesrepublik nach 1945 an – während die Union gleichzeitig „Nie wieder“
       auf Twitter postet. Es ist eine Schande.
       
       Ein Gewinner des Merz-Manövers jedenfalls steht fest: Die
       autoritär-nationalradikale AfD. Die kann ihr Glück momentan kaum fassen.
       Ihr bester Wahlkämpfer heißt: Friedrich Merz. Ohne Not hat der Unions-Chef
       seine Versprechen gebrochen, auf „Zufallsmehrheiten“ mit der AfD zu
       verzichten. Dieser für Deutschland nach 1945 beispiellose Tabubruch war
       ganz allein die politische Entscheidung der Union – Merz hohe Stirn wird so
       zur Abrissbirne der Demokratie. Österreich lässt grüßen.
       
       Die extrem rechte Partei freut sich darüber, dass ihre Stimmen unverhofft
       endlich etwas zählen. Im [2][Bundestagsplenum] applaudierten die
       AfD-Abgeordneten als einzige über den mit ihren Stimmen angenommenen
       CDU-Beschluss. Hinter den Kulissen feixen sie über die strategische
       Sackgasse, in die Merz sich manövriert hat, weil er ihr Kernthema zum
       Wahlkampfmittelpunkt gemacht hat. Ihr Ziel bleibt langfristig die
       „Zerstörung der CDU“, wie sie vielfach gesagt hat.
       
       Durch bodenlose Asylverschärfung und geplante Abschaffung von
       Menschenrechten in einem völlig entkoppelten Panikdiskurs über Migration
       gibt die Union mit ihrem Radikalkurs der AfD recht und ermutigt ihre
       Wähler*innen geradezu. All das geschieht, während die AfD radikaler als
       je zuvor auftritt und [3][Alice Weidel offen völkische
       Vertreibungsfantasien propagiert]. Der Tabubruch ist dabei nur die
       Ouvertüre für Freitag, wenn die Union – unterstützt von FDP und BSW – ein
       rechtswidriges Gesetz durchbringen will. Umso wichtiger wird es jetzt, laut
       Widerspruch zu artikulieren und auf die Straße zu gehen.
       
       29 Jan 2025
       
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