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       # taz.de -- Bundeskongress der Jungen Alternative: „Apolda soll nicht Geburtsort der Patriotischen Jugend sein“
       
       > In der thüringischen Stadt könnte sich die Zukunft der rechtsextremen
       > Jungen Alternative entscheiden. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis will
       > den geplanten Bundeskongress nun verhindern.
       
   IMG Bild: Welchen Weg wird die Junge Alternative gehen?
       
       Berlin taz | Der Bundeskongress der Jungen Alternative (JA) soll am ersten
       Februarwochenende in der Stadthalle Apolda stattfinden. Läuft alles wie
       geplant, wird sich dort wohl zeigen, wie die JA auf die Entscheidung ihrer
       Mutterpartei reagiert. Die AfD hatte am vergangenen Wochenende auf ihrem
       Bundesparteitag in Riesa mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen,
       [1][eine neue Nachwuchsorganisation zu gründen.]
       
       Der Bundesvorstand der AfD zielt mit der Reform vermutlich darauf ab, die
       Parteijugend vor einem möglichen Verbotsverfahren zu schützen. Denn die JA
       gilt selbst dem Verfassungsschutz seit 2023 als gesichert rechtsextrem. Auf
       eine Mäßigung der Parteijugend zielt die Reform eher nicht ab. Angesprochen
       auf die von der JA immer wieder propagierte millionenfache Abschiebung
       sagte AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel Ende vergangenen Jahres: „Ich sehe
       keine Veranlassung zur Mäßigung“.
       
       Durch die Reform erhofft sich die Partei aber mehr Kontrollmöglichkeiten
       der Jugendorganisation. Bisher hatte der Bundesvorstand wenig Zugriff auf
       die Mitglieder, die bis ins rechtsterroristische Spektrum reichen. Die JA
       ist von der AfD zwar als Parteijugend anerkannt, agiert aber formal als
       unabhängiger Verein. Durch die Gründung einer neuen Parteijugend soll diese
       näher an die AfD gebunden werden.
       
       Bisher gilt: Nur der Vorstand der JA muss Mitglied in der AfD sein.
       Diskutiert wird, ob das künftig für alle Mitglieder ab dem 16. Lebensjahr
       gelten soll. Wie die neue Parteijugend heißen soll, ist noch nicht
       festgelegt. Im letzten Jahr kursierte bereits der Name „Patriotische
       Jugend“. Die AfD zeigte sich beim Bundesparteitag in Riesa offen dafür,
       dass die Parteijugend den Namen selbst wählt. Nur ist eben noch gar nicht
       so klar, wie die JA die Pläne einer neuen Parteijugend überhaupt findet.
       [2][Dort wurde die Neuformierung bereits hitzig diskutiert.]
       
       ## Apolda – Geburtsstadt der „Jungen Patrioten“?
       
       Radikale Kader wie die Chefin der JA-Brandenburg Anna Leisten oder der
       stellvertretende Bundesvorsitzende Sven Kachelmann empfinden die Reform als
       einen Schlag gegen die eigene Parteijugend. Nach der Abstimmung in Riesa
       reagierte die Junge Alternative Schleswig-Holstein auf X damit, man habe
       der Jugend „den Dolch in den Rücken gerammt“. Inzwischen wurden die Posts
       wieder von der Plattform gelöscht. Es sind also zwei Szenarien möglich: Die
       JA könnte sich beim geplanten Bundeskongress in Apolda dafür entscheiden,
       in der neuen Jugendorganisation aufzugehen. Wahrscheinlicher ist jedoch
       eine Abspaltung von der Mutterpartei, denn für eine Auflösung der JA
       bedürfte es auf dem Bundeskongress ein Abstimmungsergebnis von 90 Prozent.
       
       So weit will es das Bündnis „Buntes Weimarer Land“ gar nicht erst kommen
       lassen. Eines der Ziele sei, dass der Bundeskongress der JA nicht in der
       Stadthalle stattfindet, sagt Max Reschke, Sprecher des Netzwerks, der taz.
       Schon 2022 tagte die Parteijugend in Apolda, damals war die örtliche
       Stadthalle noch in privater Hand. Seit dem Jahr 2023 verwaltet die Stadt
       die Räumlichkeiten. Das Bündnis „Buntes Weimarer Land“ fordert diese nun
       auf, den Mietvertrag zu kündigen, den die JA schon im November
       unterzeichnet hatte.
       
       Unterstützung bekommt das Bündnis auch aus der Politik. Gudrun Kittel,
       Kommunalpolitikerin der Linken in Apolda, möchte nicht, „dass man
       Rechtsextremen in der eigenen Stadthalle eine Bühne lässt.“ Das bringe
       nicht nur die Stadt, sondern auch die gesamte Region in Verruf. Sie wolle
       verhindern, dass „Apolda die Geburtsstadt der Patriotischen Jugend wird“,
       sagt die Politikerin, die sich dem Bündnis angeschlossen hat.
       
       Auch die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König-Preuss forderte die
       Stadt Apolda in der vergangenen Woche auf, die Vermietung der Stadthalle an
       die JA abzusagen. „Die Junge Alternative ist keine harmlose Vereinigung,
       sondern eine als Jugendorganisation getarnte, extrem rechte Struktur, in
       der sich Neonazis tummeln“, argumentiert König-Preuss und verweist auf die
       Benutzungsordnung der Stadthalle.
       
       Diese biete die Möglichkeit, Veranstaltungen zu untersagen, wenn der
       Verdacht bestehe, dass diese der Verbreitung verfassungsfeindlicher
       Propaganda dienen. Es sei auch von Gerichten darauf verwiesen worden, dass
       die JA an einem „völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff“ festhalte.
       „Trotz dieser klaren Faktenlage werden de facto einer Neonazi-Organisation
       Räume durch eine Kommune zur Verfügung gestellt“, so König-Preuss.
       
       ## Bündnis fordert Bürgermeister zu klarer Haltung auf
       
       Das Problem ist: Olaf Müller (CDU), der Bürgermeister der Stadt Apolda,
       sieht das anders – und er verweist auch auf die Benutzungsordnung. Darin
       sei geregelt, dass neben kulturellen auch nicht-kulturelle Veranstaltungen
       in der Stadthalle stattfinden können, erklärte er in der Zeitung Thüringer
       Allgemeine. Zudem hat sich die JA schon im Vorfeld juristisch abgesichert.
       Bereits im Oktober, also vor Abschluss des Mietvertrags, hatte die
       Jugendorganisation einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Weimar gestellt,
       um die Stadthalle für ihren Bundeskongress nutzen zu können. Dieser sei
       durch eine städtische Justiziarin geprüft worden, so Bürgermeister Olaf
       Müller.
       
       Eine juristische Auseinandersetzung um die Nutzung der Stadthalle mit der
       JA hält Müller für wenig erfolgsversprechend. Zudem gelte für die JA der
       Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Bundeskongress der JA unterscheide sich,
       „formell-juristisch gesehen“ nicht von anderen Parteiveranstaltungen, gibt
       Müller in der Thüringer Allgemeinen zu bedenken.
       
       Am vergangenen Mittwoch suchte das Bündnis „Buntes Weimarer Land“ das
       Gespräch mit Bürgermeister Olaf Müller. „Der Ruck nach Rechts ist in
       Angriffen und Wahlergebnissen in Apolda und der Region eine immer weiter
       steigende Gefahr“, sagt Max Reschke, Sprecher des Netzwerks der taz. Es sei
       enorm wichtig, „dass sich auch die Stadt klar gegen Rechtsextremismus
       positioniert.“
       
       Erst Anfang Januar geriet die Stadt aufgrund eines antisemitischen Vorfalls
       in die Schlagzeilen. Bisher Unbekannte legten vor dem Prager Haus einen
       Schweinekopf ab – eine Erinnerungsstätte an die Verfolgten im
       Nationalsozialismus und an jüdisches Leben in Thüringen. In Apolda hat die
       AfD bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr mit 32,6 Prozent die meisten
       Stimmen erhalten. Gefolgt von der CDU mit rund 25 Prozent.
       
       Doch auch nach dem Gespräch mit dem Bündnis „Buntes Weimarer Land“ rückt
       Bürgermeister Olaf Müller nicht von seiner Position ab: „Natürlich wissen
       wir um die missliche Situation. Durch die Benutzungsordnung der Stadthalle,
       welche vom Stadtrat beschlossen wurde, sind uns allerdings die Hände
       gebunden“, sagt Müller der taz. Natürlich begrüße er „die nun angemeldeten
       Demonstrationen, solange sie friedlich bleiben.“ Beim Bundeskongress der JA
       werde man darauf achten, ob verfassungsfeindliche Symbole erkennbar seien
       und gegebenenfalls polizeiliche Maßnahmen einleiten.
       
       Die Krux mit dem Mietvertrag 
       
       Juristisch betrachtet ist die Kündigung des Mietvertrags von städtischen
       Räumen für Parteien tatsächlich nicht einfach. So hatte beispielsweise die
       Messe Essen der AfD den Mietvertrag noch vor dem Bundesparteitag der AfD im
       Sommer 2024 gekündigt, weil die AfD eine nachträglich eingefügte Passage
       nicht akzeptieren wollte.
       
       Die Passage sah vor, die AfD zu verpflichten, verfassungsfeindliche Parolen
       auf dem Parteitag zu unterlassen. Die AfD klagte dagegen und [3][bekam vor
       dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Recht]. Das Gericht urteilte, dass die
       AfD bei der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen nicht anders als andere
       Parteien behandelt werden dürfe. Vor dem Landgericht Essen erkannte die
       Stadt zugleich an, dass sie den Mietvertrag nicht kündigen konnte. Zu
       prüfen wäre, ob ähnliches tatsächlich auch für die JA gilt.
       
       Derzeit laufen die Vorbereitungen für die geplante Demonstration des
       „Netzwerk buntes Weimarer Land“ auf Hochtouren. Das Bündnis rechnet nicht
       mit so viel Zulauf wie am vergangenen Wochenende in Riesa bei den Protesten
       gegen den Parteitag der AfD. 500 sind bislang angemeldet. „Wir wünschen uns
       natürlich, dass sich viele Menschen an diesem Wochenende auf den Weg nach
       Apolda machen“, so Reschke. Auf der Kampagnen-Plattform Campact [4][wurde
       nun auch eine Petition gestartet,] die den Bürgermeister auffordert, der JA
       den Mietvertrag zu kündigen.
       
       18 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Weidel-zur-AfD-Kanzlerkandidatin-gewaehlt/!6061592
   DIR [2] /AfD-Streit-um-die-Junge-Alternative/!6050227
   DIR [3] /AfD-Bundesparteitag-in-Essen/!6017257
   DIR [4] https://weact.campact.de/petitions/bundeskongress-der-ja-verhindern-keine-gesichert-rechtsextremen-in-unserer-stadthalle-apolda
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicolai Kary
       
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